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Herbst - Stadt

Herbst - Stadt

Titel: Herbst - Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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drehte sich zu ihm.
    »Hören Sie«, sagte sie ruhig, »ich bin vierundzwanzig Jahre alt, ich bin eine Frau und blond. Seit ich denken kann, musste ich mich mit Idioten wie Ihnen herumschlagen. Ich habe Hunderte von Ihrem Schlag gesehen, mit einer großen Klappe und Kampfsprache, aber Sie haben keinen Mumm. Wenn Sie alles sind, das übrig ist, dann verbringe ich meine Zeit lieber mit mir selbst. Lassen Sie mich jetzt bitte allein?«
    Ohne sich anmerken zu lassen, ob ihre Worte irgendeinen Effekt auf ihn hatten, grinste Holmes weiterhin selbstgefällig.
    »Bis später dann«, feixte er.
    »Beschissener Idiot«, fluchte Donna, als sie aus der Halle stürmte und den Gang zu ihrem Zimmer hinunterhastete. Sie war sich nicht einmal sicher, ob sie den Raum wieder finden würde, doch das war jetzt nicht wichtig. Sie brauchte von den anderen ein wenig Abstand, zumindest für den Moment.
    Donna verirrte sich im Studentenwohnheim. Die Gänge sahen gleich aus, die Zimmer sahen gleich aus und die Treppenhäuser sahen auch gleich aus. Sie konnte sich zwar daran erinnern, dass ihr Zimmer das dritte oder vierte nach der Treppe war, doch ob es auf dem zweiten oder dritten Stockwerk lag, wusste sie nicht mehr.
    Sie öffnete eine Tür am dritten Stock, die auf unbestimmbare Weise vertraut aussah. Es zeigte sich jedoch augenblicklich, dass es sich nicht um ihr Zimmer handelte – ein junger, orientalisch aussehender Mann saß auf dem Bett und starrte ins Leere.
    »Entschuldigung«, murmelte sie instinktiv. »Ich habe das falsche Zimmer erwischt. Ich wollte nicht stören ...«
    Er blickte zu ihr hoch und lächelte für einen Augenblick. Er sah so verloren und hilflos aus. Unverzüglich flog ihr Herz dem armen Mann zu.
    »Geht es Ihnen gut?«, fragte sie. Er nickte. »Haben Sie schon etwas gegessen? Soll ich Ihnen zeigen, wo der Saal ist?«
    Der Mann antwortete nur mit einem weiteren Lächeln und einem Kopfnicken.
    »Kein Englisch«, sagte er nur.
    »Ich bin im Zimmer nebenan«, sagte Donna langsam, wies den Korridor hinunter und hoffte, dass sie richtig lag. »Sagen Sie mir einfach, wenn Sie etwas brauchen, in Ordnung?«
    Nach noch einem Nicken und noch einem Lächeln ließ Donna den Mann allein und kehrte in ihr Zimmer zurück. Sie legte sich auf ihr Bett und schloss fest die Augen. Für eine Weile gelang es ihr nicht, sein Bild aus ihrem Kopf zu drängen.
    Als ob nicht schon alles, was bisher geschehen war, schlimm genug gewesen wäre, musste dieses arme Schwein auch noch damit zurechtkommen, kein einziges Wort zu verstehen, das die anderen Überlebenden sprachen. Wenn sie sich schon isoliert und einsam fühlte, dachte sie bei sich, wie mochte es ihm erst gehen?
    Donna wurde von düsteren Gedanken erfüllt.
    Je länger die Stille in ihrem Zimmer anhielt, desto düsterer wurden ihre Gedanken.

19
    Jack Baxter verließ sein Zimmer und ging zum Ende des Korridors. Er hatte nicht vor, irgendwohin im Speziellen zu gehen, sondern brauchte einfach einen Tapetenwechsel. Durch die verhältnismäßige Stille und den Mangel an Abwechslung hatte Jack, ähnlich wie viele andere der verzweifelten Personen, die sich in der Universität verbargen, nichts Besseres zu tun gewusst, als sich in Gedanken über die unerklärliche Hölle zu ergehen, zu der sein Leben geworden war. Jack hatte den Großteil des Tages damit verbracht, auf seinem Bett zu sitzen und nachzudenken. Er konnte sich nicht einmal mehr daran erinnern, worüber er gebrütet hatte.
    Am gegenüberliegenden Ende des Korridors befand sich ein schmaler, viereckiger Absatz, der in ein Treppenhaus führte. Durch die vom Boden bis zur Decke reichenden Fenster sickerte das graue Herbstlicht nach innen. Jack befand sich in kurzem Abstand zu dem Fenster, das ihm am Nächsten war, und beäugte die Masse düsterer, verwesender Leichen unter sich, die sich immer noch rund um die Universität und speziell das Studentenwohnheim scharten. Jack fragte sich, warum sie immer noch hier waren und trat ein paar vorsichtige Schritte nach vorne. Er befand sich zu hoch und zu weit entfernt, um von einer der Leichen gesehen werden zu können, doch er achtete stets darauf, am Rand und außer Sichtweite zu bleiben. Er fürchtete sich davor, zufällig von einer der Leichen entdeckt zu werden und eine Reaktion auszulösen, da er sich noch gut an den Effekt erinnerte, den eine einzelne Handlung auf die gesamte Masse hatte. Bisher hatte er es schon etliche Male beobachtet – eine winzige Störung in einem Teil der

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