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Herbst - Zerfall

Herbst - Zerfall

Titel: Herbst - Zerfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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echtes Problem. Mir ist klar, dass du nicht hier bleiben willst, nur denke ich, du hast keine andere Wahl. Die hat keiner von uns.«
    Sean starrte eindringlich in Gordons Gesicht und wog seine Worte sorgfältig ab. Er wusste, dass der Mann die Bedrohung von draußen nicht übertrieb, aber waren sie wirklich auf eine einzige Möglichkeit beschränkt? Sean glaubte das nicht. Sich an diesem Tag draußen aufzuhalten, war eine so unerwartet erhebende Erfahrung gewesen. Konnte er allem, was er inzwischen gesehen hatte, einfach den Rücken zukehren? Er konnte den Gedanken nicht ertragen, noch länger mit diesen Leuten in diesem Höllenloch eingesperrt zu sein.
    Die Stille im Raum wirkte ohrenbetäubend.
    »Ich weiß nicht ...«, murmelte er schließlich. »Ich weiß nicht, ob ich das kann.«
    »Du musst«, meldete sich Caron aus den Schatten links zu Wort. Manchmal erinnerte er sie an ihren Sohn; in gewisser Weise war er wie Matthew: so impulsiv und eigensinnig und doch so verwundbar.
    »Ich muss gar nichts«, gab er zurück und funkelte sie düster an. »Niemand von uns muss irgendetwas. Ihr könnt ja alle hier bleiben, wenn ihr wollt, aber ich denke, ich versuche mein Glück draußen.«
    »Überleg dir das noch mal«, bat sie ihn.
    »Ich würde alles für einen weiteren Tag wie heute geben«, sagte er, wobei seine Stimme plötzlich vor Emotionen zitterte. »Wisst ihr, was ich heute gemacht habe?«, fragte er und ließ den Blick über die Gesichter wandern, die er sehen konnte. Als niemand etwas erwiderte, fuhr er fort: »Ich habe gelebt.« Tränen traten ihm in die Augen. »Zum ersten Mal seit Wochen habe ich mich lebendig gefühlt. Und kaum komme ich hierher zurück, fühlt sich wieder alles falsch an. Was nicht an den Leichen draußen liegt, sondern an euch.«
    »Wovon redest du?«, wollte Gordon wissen.
    »So wie ich das sehe, besteht kein Unterschied zwischen den Körpern auf der einen Seite des Zauns und denen auf der anderen. Ihr unterscheidet euch nicht von diesen Kreaturen da draußen. Ihr seid alle tot. Alles, was ihr tut, ist hier dahinvegetieren und auf das Ende zu warten. Mir egal, ob ich noch einen Tag oder fünfzig Jahre übrig habe. Aber ich will nicht den Rest meiner Zeit damit verbringen, hier mit euch eingesperrt zu sein und uns gegenseitig dabei zu beobachten, wie wir verfallen.«

46
    »Wie viele?«
    Erschrocken wirbelte Priest herum und erblickte Harte in der Tür zu seinem Zimmer im zweiten Stock. Hollis, der neben Priest stand, hatte nicht das Geringste gehört. Er drehte sich erst um, als er bemerkte, dass etwas Priest ablenkte, denn wandte er sich wieder dem Fenster zu.
    »Vielleicht fünfhundert«, erwiderte Priest. »Ist schwer zu sagen.«
    »Kommen immer noch mehr?«
    In der spätabendlichen Düsternis gestaltete es sich schwierig, Einzelheiten zu erkennen, aber es schien reichlich Bewegung auf dem Feld jenseits der Straße zu herrschen. Die dunkle Masse der neugierigen Gestalten war im Verlauf des verstrichenen Tages stetig angewachsen, und der Zustrom ließ keine Anzeichen erkennen, enden zu wollen.
    »Mehr als genug«, antwortete Priest schließlich mit müder, leiser Stimme.
    »Also, was machen wir?«, fragte Harte und gesellte sich zu den beiden Männern ans Fenster.
    »Kommt drauf an«, brummte Hollis. Erst jetzt, aus dieser Nähe, konnte er Harte hören.
    »Worauf?«
    »Hauptsächlich auf sie«, erwiderte er und nickte in Richtung der Masse rastloser Gestalten. »Kommt darauf an, wie sie reagieren. Wenn sie nur auf der anderen Seite des Zauns rumstehen, haben wir kein großes Problem. Wenn sie hingegen beschließen, uns anzugreifen –«
    »Werden sie nicht«, fiel Priest ihm ins Wort. »Warum sollten sie?«
    »Wenn sie sich bedroht fühlen, werden sie es tun«, warf Harte leise ein. »Das haben wir schon etliche Male erlebt.«
    »Aber wer soll sie bedrohen?«
    »Was du als Bedrohung betrachtest und was sie als Bedrohung empfinden, sind zwei völlig verschiedene Dinge«, erklärte Hollis. »Nimm diese beiden Idioten auf ihrem Motorrad als Beispiel. Wir sehen nur zwei Trottel, die eine Weile ausbrechen wollten. Die Toten reagieren wie Tiere. Sie sehen die Geschwindigkeit, hören den Lärm und wittern Gefahr.«
    »Und versuchen die Quelle der Störung anzugreifen, bevor sie es umgekehrt tun kann«, fuhr Harte fort.
    »Also bleiben wir hier und warten, bis sie verrotten«, meine Priest seufzend, »genau wie wir es getan haben, bevor ihr aufgekreuzt seid und alles vermasselt habt.«
    »Wir

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