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Herbstbringer (German Edition)

Herbstbringer (German Edition)

Titel: Herbstbringer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Björn Springorum
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dieses Spiels zu umgehen, hätte ich ihn gefunden.«
    Den ausgeprägten Gerechtigkeitssinn der Vampire hatte Balthasar nie verstanden, das wusste Michael. Mord, Verrat und Intrigen vertrugen sich dessen Meinung nach nicht allzu gut mit Gesetzeshörigkeit. Womit er natürlich recht hatte. Doch wie alle anderen hielt auch er sich daran. Etwas anderes blieb ihm nicht übrig. Zumindest nicht, wenn er nicht auch als Verräter den Zorn seiner Art zu spüren bekommen wollte.
    »Und nun entschuldige mich. Ich habe Besuch.«
    Balthasar lächelte. Ihm waren die vier Goth-Mädels in der Empfangshalle nicht entgangen. »Die Schwarzhaarige ist wirklich süß. Aber wohl kaum volljährig …«
    Michael setzte ein unschuldiges Gesicht auf. Der Vampir im Schafspelz. »Soll ich eine der wenigen Freuden aufgeben, die mir nach all der Zeit geblieben sind?« Sein Blick verdunkelte sich. »Viel lieber würde ich auf die Jagd gehen. Wie früher durch Straßen und Gassen schleichen, dunkel wie ein Schatten, verführerisch wie das glitzernde Firmament. Doch wir müssen uns nun mal anders behelfen, Balthasar.« Grinsend entblößte er zwei spitze Zähne. »Und du weißt doch, wie einfach sie zu haben sind.« Er schielte verächtlich auf Balthasars langen Mantel und den schwarzen Spazierstock. »Bei dir ist es dieser Mantel, bei mir ein Zitat aus Poes Der Rabe , eine wohlplatzierte Anekdote, ein zufälliges Aufblitzen der Zähne, schon ist es um sie geschehen. Beinahe zu einfach. Beinahe …«
    Schnellen Schrittes entfernte er sich.

    Emily war sich sicher, an einem neuen Tiefpunkt in ihrem Leben angekommen zu sein. Sie beschloss, sich für immer in ihrem Zimmer zu verkriechen.
    Irgendwann am Sonntagabend klopfte es an ihrer Tür. Emily blickte nicht mal von ihrem Buch auf. Wieso kapierten die nicht, dass sie einfach in Ruhe gelassen werden wollte?
    »Emily?« Oh, verdammt. Jake.
    »Bitte lass mich allein.« Wieso zum Teufel hatte sie das gesagt? Was, wenn er auf sie hörte und wieder ging?
    »Komm, mach die Tür auf, sonst warte ich hier bis morgen früh. Irgendwann musst du ja mal rauskommen!«
    »Wer sagt das?«, entgegnete sie bockig. Wenig später öffnete sie dennoch die Tür.
    Eine Weile blickte er nur in ihre verquollenen Augen und versuchte sich an einem aufmunternden Lächeln. »Ich fand den Film auch mies.«
    Emily konnte nicht anders: Ihre Mundwinkel zogen sich nach oben. »Du hältst mich also nicht für verrückt?«
    »Nein, tut mir leid. Auch wenn du vorhattest, von der ganzen Stadt für verrückt erklärt zu werden, hast du es bei mir nicht geschafft. Noch nicht.«
    Wie konnte sie nur eine Sekunde gedacht haben, dass er nichts mehr mit ihr zu tun haben wollte?
    »Und Sophie?«
    »Na ja, sie hat sich Sorgen gemacht. So wie ich auch. Aber jetzt komm mal raus aus deinem Zimmer, wir wollen uns eine DVD ansehen. Ich hab extra den Dracula-Film ausgeliehen, damit du ihn zu Ende schauen kannst.«
    Entsetzt starrte sie ihn an. »Du hast doch nicht … Moment mal – das ist ein Witz, stimmt’s?«
    »Natürlich!«, antwortete er lachend. Sie boxte ihm entrüstet in die Rippen. »Keine Sorge, ich habe sehr genau darauf geachtet, dass in den Filmen weder Graf Dracula noch der böse König William auftauchen. Du kannst also beruhigt sein.«
    Das war sie. Ihr Leben kam ihr schon wieder viel freundlicher vor.
    Wenig später saßen sie im Wohnzimmer, umgeben von einem Arsenal an Süßkram, Chips und diversen Getränken. Ihre Eltern hatten Emily und Sophie das erste Mal seit der Adoption einen Abend lang allein gelassen, um ins Theater zu gehen.
    »Man könnte fast meinen, du glaubst an Vampire. So wie du dem armen Dracula die Meinung gegeigt hast«, bemerkte Jake.
    Sophie brachte ihn mit einem giftigen Blick zum Schweigen.
    »Ist schon okay. Mich interessiert ja selbst, was da mit mir los war.« Gedankenverloren nippte Emily an ihrer Cola. »Aber ob ich an Vampire glaube? Keine Ahnung, darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch nie Gedanken gemacht. Glaubt ihr, dass es sie gibt?«
    »Ach, natürlich nicht«, sagte Sophie überzeugt. Ihr Tonfall signalisierte, dass jede weitere Diskussion überflüssig war. »Aber frag doch mal Jake …«
    Emily schaute ihn an. Die Haare fielen heute locker über seine Augen, und das ausgewaschene The-Cure-Shirt hätte von einem großen Bruder stammen können. »Ich hab nie behauptet, dass ich an Vampire glaube. Ich finde die Vorstellung einfach ziemlich cool. Vampire in Woods End … ich meine, das würde

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