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Herbstfeuer

Herbstfeuer

Titel: Herbstfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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„Ich könnte von jemandem angesprochen werden. Vielleicht sogar verführt.“
    Der Kammerdiener, unempfänglich für ihren Sarkasmus, da es doch offensichtlich war, dass ihr Besuch im Zimmer des Earls keineswegs keuscher Natur war, machte kehrt und ging voraus.
    Seine geschulte Zurückhaltung faszinierte sie, und Lillian fragte: „Geschieht es häufig, dass Sie gebeten werden, unverheiratete Damen zu den Privatgemächern des Earls zu geleiten?“
    „Nein, Miss“, lautete die unerschütterliche Antwort.
    „Würden Sie es mir sagen, wenn es anders wäre?“
    „Nein, Miss“, erwiderte er in genau demselben Tonfall, und sie lächelte.
    „Ist der Earl ein guter Herr?“
    „Er ist ein ausgezeichneter Herr, Miss.“
    „Das würden Sie vermutlich auch sagen, wenn er ein Ungeheuer wäre, oder?“
    „Nein, Miss. Dann würde ich nur sagen, dass er ein erträglicher Herr ist. Wenn ich allerdings sage, er ist ein ausgezeichneter Herr, dann meine ich genau das.“
    „Hmm.“ Die Worte des Kammerdieners ermutigten Lillian. „Spricht er mit seinen Dienstboten? Dankt er ihnen, wenn sie etwas gut gemacht haben, oder so?“
    „Nicht mehr als angemessen, Miss.“
    „Das bedeutet niemals?“
    „Genauer wäre es zu sagen, es ist nicht üblich, Miss.“
    Da der Kammerdiener danach nichts mehr äußerte, folgte Lillian ihm schweigend zu Marcus’ Gemächern. Er begleitete sie bis an die Schwelle, kratzte dann mit den Fingerspitzen an der Tür und wartete auf die Antwort von drinnen.
    „Warum tun Sie das?“, flüsterte Lillian. „Dieses Kratzen. Warum klopfen Sie nicht?“
    „Der Countess ist ein Kratzen lieber als ein Klopfen, da es schonender ist für ihre Nerven.“
    „Bevorzugt der Earl auch das Kratzen an seiner Tür?“
    „Ich bin ziemlich sicher, dass es ihm egal ist, Miss.“
    Nachdenklich runzelte Lillian die Stirn. Schon früher hatte sie gehört, dass andere Dienstboten an den Türen der Herrschaft kratzten, und für ihre amerikanischen Ohren hatte das immer etwas seltsam geklungen – so als würde ein Hund an der Tür kratzen, um eingelassen zu werden.
    Die Tür ging auf, und beim Anblick von Marcus’ attraktivem Gesicht wurde Lillian von Freude erfüllt. Seine Miene schien ausdruckslos, doch seine Augen lächelten. „Das ist alles“, sagte er zu seinem Diener und sah Lillian an, während er die Hand ausstreckte, um sie hereinzuziehen.
    „Jawohl, Mylord.“ Der Kammerdiener entfernte sich in taktvoller Eile.
    Marcus schloss die Tür und sah Lillian an. Dabei glänzten seine Augen noch mehr, und nun erreichte das Lächeln auch seine Mundwinkel. Er sah so gut aus, wie er da stand und das Licht der Lampe und des Kaminfeuers auf seinen strengen Zügen spielte, dass sie bei diesem Anblick erschauerte. Anders als sonst, wo er stets sehr zugeknöpft wirkte, trug er jetzt keinen Überrock, und sein weißes Hemd stand am Hals offen, sodass ein Teil seiner braunen Haut sichtbar wurde. Sie hatte diese Stelle an seiner Kehle geküsst – hatte mit der Zunge darüber gestrichen …
    Um nicht mehr daran zu denken, wandte Lillian den Blick ab. Sofort fühlte sie seine Finger an ihrer glühenden Wange, als er ihr Gesicht zu sich drehte. „Ich wollte, dass du heute kommst“, flüsterte er.
    Ihr Herz begann schneller zu schlagen, und unter seiner Berührung lächelte sie. „Während des Essens hast du kein einziges Mal in meine Richtimg geblickt.“
    „Ich hatte Angst davor.“
    „Warum?“
    „Weil ich wusste, wenn ich das tue, würde ich dich als nächsten Gang verspeisen.“
    Lillian senkte den Blick und ließ es zu, dass er sie näher zu sich zog und dabei über ihren Rücken strich. Ihre Brüste und ihr Bauch fühlten sich durch das Korsett eingezwängt, und sie wünschte, es loswerden zu können. Sie holte so tief Atem, wie das Korsett es zuließ, und roch den süßen Duft in der Luft.
    „Was ist das?“, fragte sie und atmete noch einmal tief ein. „Zimt und Wein …“ In seinen Armen drehte sie sich und schaute sich in dem geräumigen Schlafgemach um, sah vorbei an dem Bett zu dem kleinen Tisch, der am Fenster gedeckt war. Auf dem Tisch stand zugedeckt ein silberner Teller, aus dem noch immer aromatische Dampfwolken aufstiegen. Verwirrt drehte sie sich zu Marcus um.
    „Geh und finde es heraus“, sagte er.
    Neugierig trat Lillian näher. Sie nahm den Deckel, der mit einer Serviette umwickelt war, hob ihn hoch, und eine kleine Wolke des betörenden Dufts stieg in die Luft. Für einen Augenblick

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