Herbstfeuer
Blick feindselig geworden. „Miss Bowman, ist es so schwer für Sie zu verstehen, dass ich Sie nicht umarmen will?“
Lillian begriff, dass er nicht so viele Ausflüchte machen würde, wäre er sicher, ihr widerstehen zu können. Sie fasste neuen Mut und trat näher zu ihm, wobei ihr nicht entging, wie angespannt er war. „Es geht nicht darum, ob Sie es wollen oder nicht“, erwiderte sie. „Es geht darum, ob Sie mich gehen lassen können, wenn Sie es einmal getan haben.“
„Unglaublich“, stieß er hervor.
Lillian wartete, dass er nach dem Köder schnappte. Kaum war er zu ihr getreten, erstarb ihr Lächeln, und ihre Lippen fühlten sich starr an. Ihren Herzschlag schien sie bis in die Kehle zu spüren. Ein Blick in sein Gesicht genügte, um ihr zu zeigen, was er tun würde. Sie hatte ihm keine andere Wahl gelassen, als ihr zu beweisen, dass sie sich täuschte. Und wenn er das tat, würde sie ihm nie mehr in die Augen sehen können. O Mr. Nettle, dachte sie, es wäre gut, wenn Ihr magisches Parfüm tatsächlich wirkt.
Behutsam legte Westcliff einen Arm um sie. Lillians Herz schlug so schnell, dass sie kaum zu atmen vermochte.
Sie fühlte eine seiner kraftvollen Hände zwischen ihren Schulterblättern, während die andere an ihrer Taille lag. Er berührte sie so behutsam, als wäre sie aus hochexplosivem Material. Und als er sie vorsichtig an sich zog, glaubte sie zu verbrennen. Bebend hob sie die Hände und legte sie auf seinen Rücken. Unter dem Stoff seines Mantels fühlte sie, wie er die Muskeln anspannte.
„Ist es das, was Sie wollten?“, murmelte er leise an ihrem Ohr.
Lillian erschauerte, sobald sie seinen Atem auf ihrer Haut spürte. Statt einer Antwort nickte sie nur und fühlte sich allein und verlegen, als sie begriff, dass sie das Spiel verloren hatte. Westcliff würde ihr zeigen, wie leicht es ihm fiel, sie loszulassen, und dann würde er sich für immer über sie lustig machen. „Sie können mich jetzt gehen lassen“, flüsterte sie und wand sich vor Verlegenheit.
Aber Westcliff rührte sich nicht. Er neigte sein dunkles Haupt ein wenig tiefer und holte tief Luft. Lillian vermutete, dass er ihren Duft einatmete – ihn tief in sich aufnahm, langsam, aber mit wachsender Begierde, als handelte es sich um ein Rauschmittel, nach dem er süchtig war. Das Parfüm, dachte sie erstaunt. Also hatte sie es sich nicht nur eingebildet. Wieder übte es seinen Zauber aus. Aber warum schien Westcliff der einzige Mann zu sein, der darauf ansprach? Warum …?
Ihre Gedanken zerstreuten sich, weil er sie fester hielt, unwillkürlich drängte sie sich ihm entgegen.
„Verdammt“, stieß er hervor. Ehe sie begriff, was geschah, hatte er sie gegen die nächste Wand gepresst. Sein vorwurfsvoller Blick glitt zu ihren geöffneten Lippen, sein stummer Kampf währte noch eine weitere Sekunde, bis er plötzlich fluchend nachgab und sie küsste.
Mit seinen Händen umfasste er ihren Kopf und küsste sie sanft, als wäre ihr Mund eine exotische Delikatesse, die es zu genießen galt. Ihre Knie wurden weich, bis sie kaum noch zu stehen vermochte. Es ist Westcliff, versuchte sie sich zu erinnern. Westcliff, der Mann, den sie hasste. Bloß konnte sie nicht verhindern, dass sie reagierte, sobald sein Kuss heftiger wurde. Sie kam ihm entgegen, stellte sich auf die Zehenspitzen, bis ihre Körper sich berührten, die schmerzende Stelle zwischen ihren Schenkeln sich perfekt der Wölbung unter dem Stoff seiner Hose anpasste. Plötzlich begriff sie, was sie gerade getan hatte, und versuchte errötend, sich von ihm zu lösen, aber das ließ er nicht zu. Er hielt sie fest, während er behutsam ihren Mund erforschte. Kaum vermochte sie noch zu atmen, und sie stöhnte, als er nach ihrem Mieder tastete.
„Ich will dich fühlen“, flüsterte Westcliff an ihren bebenden Lippen und zerrte an den unnachgiebigen Verschlüssen ihres gepolsterten Korsetts. „Überall will ich dich küssen …“
Ihre Brüste in dem eng geschnürten Mieder schmerzten. Tief in ihrem Innern spürte sie den absonderlichen Wunsch, sich das Korsett vom Leibe zu zerren und ihn anzuflehen, den Schmerz in ihrem Innern mit seinen Lippen und Händen zu lindern. Stattdessen grub sie die Finger in sein dichtes, leicht gelocktes Haar, genoss seine fiebrigen Küsse, bis sie nicht mehr klar denken konnte, und bebte vor Verlangen.
Doch plötzlich war alles vorbei – Westcliff löste sich von ihr und stieß sie gegen eine Säule. Schwer atmend wandte er sich
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