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Herbstfeuer

Herbstfeuer

Titel: Herbstfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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schneller in ihren Adern, und ihr Gesicht brannte, als hielte sie sich zu nahe am Feuer auf. Langsam schaute Westcliff zu Boden, als er sah, wie sie errötete.
    „Miss Bowman“, flüsterte er, „ich versichere Ihnen, dass Sie nichts von mir zu befürchten haben, trotz allem, was heute Nachmittag geschehen ist. Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich gerne an einem Ort mit Ihnen darüber reden, an dem wir nicht gestört werden können.“
    „Gewiss“, erwiderte Lillian ruhig. Ihn allein zu treffen besaß den Beigeschmack eines Stelldicheins – obwohl es das ganz gewiss nicht war. Und doch konnte sie nicht verhindern, dass es sie kalt und heiß überlief. „Welchen Ort schlagen Sie als Treffpunkt vor?“
    „Das Morgenzimmer mündet in die Orangerie.“
    „Ich weiß, wo das ist.“
    „Sagen wir – in fünfzehn Minuten?“
    „Gut.“ Lillian schenkte ihm ein freundliches Lächeln, als wäre sie es gewohnt, derartige Verabredungen zu treffen.
    „Ich gehe zuerst.“
    Während sie davonging, fühlte sie seinen Blick auf ihrem Rücken ruhen, und sie spürte irgendwie, dass er ihr nachsah, bis sie aus seinem Blickfeld verschwand.

6. KAPITEL
    Als Lillian in die Orangerie ging, empfing sie der Duft nach Orangen, aber auch Limonen, Lorbeer und Myrrhe erfüllten mit ihren Aromen die Luft. Der Boden des rechteckigen Gebäudes war immer wieder von Gittern durchbrochen, die die Wärme der Öfen aus dem darunterliegenden Stockwerk hierher abgaben. Durch die Glasdecke und die Fenster funkelten die Sterne herein in das Innere.
    Trotz der flackernden Fackeln herrschte Zwielicht in der Orangerie. Da sie Schritte hörte, drehte Lillian sich rasch um und sah den Eindringling an. Ihre Haltung musste etwas über ihr Unbehagen verraten haben, denn Westcliffs Stimme klang beruhigend. „Ich bin es nur. Wenn Sie mich lieber an einem anderen Ort treffen möchten …“
    „Nein“, unterbrach ihn Lillian, ein wenig belustigt, weil einer der mächtigsten Männer Englands von sich selbst als „Ich bin es nur“ sprach. „Ich mag die Orangerie. Ehrlich gesagt, ist hier mein Lieblingsplatz im ganzen Haus.“
    „Meiner auch“, erwiderte er und kam langsam auf sie zu. „Aus verschiedenen Gründen, einer davon ist die Abgeschiedenheit, die sie bietet.“
    „Sie sind nicht viel allein, oder? Bei all dem Kommen und Gehen auf Stony Cross Park …“
    „Ich sorge dafür, dass ich ausreichend allein sein kann.“
    „Und was tun Sie dann?“ Die ganze Situation kam ihr wie im Traum vor. Sie sprach hier mit Westcliff in seiner Orangerie, während das schwache Licht auf sein strenges, aber wohlgeformtes Gesicht fiel.
    „Ich lese“, entgegnete er ernst. „Ich laufe. Gelegentlich schwimme ich im Fluss.“
    Sie war dankbar, dass es dunkel war, denn die Vorstellung, wie er nackt den Fluss durchquerte, ließ sie erröten.
    Westcliff begriff, dass sie sich unwohlfühlte, nicht aber den Grund dafür, und sagte mit rauer Stimme: „Miss Bowman, ich muss mich für das entschuldigen, was heute Nachmittag geschehen ist. Ich kann mein Verhalten nicht erklären, nur, dass es ein wahnsinniger Moment war, der sich nicht wiederholen wird.“
    Bei dem Wort „wahnsinnig“ erstarrte Lillian. „Gut“, brachte sie heraus. „Ich nehme Ihre Entschuldigung an.“
    „Vielleicht beruhigt es Sie, wenn ich Ihnen sage, dass ich Sie in keiner Beziehung anziehend finde.“
    „Ich verstehe. Genug davon, Mylord.“
    „Wenn wir beide ganz allein auf einer einsamen Insel wären, dann würde ich niemals auf die Idee kommen, mich Ihnen zu nähern.“
    „Ich habe verstanden“, sagte sie knapp. „Sie müssen es nicht ständig wiederholen.“
    „Ich wollte nur klarstellen, dass das, was geschehen ist, eine Verirrung war. Sie gehören nicht zu den Frauen, zu denen ich mich hingezogen fühle.“
    „Gut.“
    „Tatsächlich …“
    „Sie haben Ihren Standpunkt mehr als deutlich gemacht, Mylord“, unterbrach ihn Lillian stirnrunzelnd und dachte dabei, dass dies zweifellos die ärgerlichste Entschuldigung war, die sie jemals erhalten hatte. „Wie auch immer – mein Vater pflegt zu sagen, eine ehrliche Entschuldigung kostet etwas.“
    Westcliff sah sie beunruhigt an. „Kosten?“
    Die Luft zwischen ihnen schien zu knistern. „Jawohl, Mylord. Es fällt Ihnen nicht schwer, ein paar Worte zu sagen und damit alles erledigt zu wissen, oder? Aber wenn das, was Sie getan haben, Ihnen wirklich leidtäte, dann würden Sie versuchen, Entschädigungen zu

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