Herbstfeuer
Aufmerksamkeit zu schenken, wenn das doch zu nichts führen konnte. Wie schwer es ihm auch fallen mochte, er musste sie in Ruhe lassen, so wie sie es verlangt hatte.
Diese Entscheidung hätte ihm ein wenig Frieden schenken müssen, aber sie tat es nicht.
Nachdenklich verließ er den Garten und ging zum Haus, wobei er gegen seinen Willen feststellen musste, dass ihm die malerische Szenerie seiner Umgebung nun ein wenig gedämpfter erschien, ein wenig grauer, als blickte er durch ein schmutziges Fenster. Im Innern des Hauses schien alles fade und dunkel. Er fühlte sich, als würde er sich nie wieder an etwas erfreuen können. Marcus verfluchte sich selbst für seine trüben Gedanken und eilte in sein Arbeitszimmer, obwohl er sich dringend hätte umziehen müssen. Die Tür stand offen, und als er hindurchging, sah er Simon Hunt am Schreibtisch sitzen, wie er gerade einen Stapel Papiere durchsah.
Bei seinem Anblick lächelte Simon und erhob sich.
„Nein“, sagte Marcus knapp und bedeutete ihm, sitzen zu bleiben. „Ich möchte die morgendlichen Neuigkeiten nicht sehen.“
„Du scheinst schlechter Laune zu sein“, bemerkte Hunt und nahm wieder Platz. „Pralls es um die Verträge für die Gießerei geht, ich habe gerade an unseren Rechtsanwalt geschrieben …“
„Das ist es nicht.“ Marcus nahm einen Brief, brach das Siegel und las ihn stirnrunzelnd.
Hunt beobachtete ihn prüfend. Nach einer Weile fragte er: „Hast du in deinem Gespräch mit Thomas Bowman einen toten Punkt erreicht?“
Marcus schüttelte den Kopf. „Er scheint meinem Vorschlag – seine Firma zu erweitern – gegenüber offen zu sein.
Ich sehe keine Schwierigkeiten darin, zu einer Übereinkunft zu kommen.“
„Dann hat es etwas mit Miss Bowman zu tun?“
„Warum fragst du?“, fragte Marcus misstrauisch.
Hunt warf ihm einen spöttischen Blick zu, als wäre die Antwort zu offensichtlich, um ausgesprochen zu werden.
Langsam ließ Marcus sich auf dem Stuhl an der anderen Seite des Schreibtisches nieder. Hunt wartete geduldig, und sein Schweigen ermunterte Marcus, seine Gedanken zu äußern. Obwohl Hunt immer ein zuverlässiger Partner in geschäftlichen wie auch in gesellschaftlichen Dingen gewesen war, hatte Marcus noch nie persönliche Probleme mit ihm besprochen. Die aller anderen schon. Seine eigenen nicht.
„Es scheint mir nicht vernünftig, sie zu begehren“, sagte er endlich, den Blick auf das nächste Fenster gerichtet.
„Das ist alles so lächerlich. Man kann sich kaum ein Paar denken, das weniger gut zusammenpasst.“
„Ah, und wie du früher schon gesagt hast, ist eine Ehe eine zu ernste Angelegenheit, um von Gefühlen bestimmt zu werden.“
Stirnrunzelnd sah Marcus ihn an. „Habe ich dir schon einmal gesagt, wie sehr ich deine Angewohnheit hasse, meine eigenen Worte gegen mich zu wenden?“
Hunt lachte. „Warum? Weil du nicht auf deine eigenen Ratschläge hören willst? Ich bin versucht darauf hinzuweisen, dass es der größte Fehler meines Lebens gewesen wäre, auf dich zu hören und Annabelle nicht zu heiraten.“
„Zu der Zeit schien sie keine vernünftige Wahl zu sein“, meinte Marcus. „Erst später bewies sie, dass sie deiner wert war.“
„Aber jetzt gibst du zu, dass ich die richtige Wahl getroffen habe.“
„Ja“, erwiderte Marcus ungeduldig. „Mir ist bloß nicht klar, was das mit meiner Situation zu tun hat.“
„Ich wollte darauf hinaus, dass deine Instinkte vielleicht doch eine Rolle spielen sollten bei der Entscheidung, wen du heiratest.“
Dieser Vorschlag kränkte Marcus offensichtlich. Er sah seinen Freund an, als hätte er den Verstand verloren. „Um Himmels willen, Mann, welche Aufgabe hat der Verstand denn, wenn nicht die, uns an unserem instinktiven Verhalten zu hindern?“
„Du folgst ständig deinem Instinkt“, meinte Hunt.
„Nicht, wenn es um Entscheidungen mit lebenslangen Folgen geht. Und obwohl ich mich zu Miss Bowman hingezogen fühle, so würden doch die Unterschiede zwischen uns zu lebenslangem Elend führen.“
„Ich weiß um diese Unterschiede“, sagte Hunt ruhig. Als sie sich ansahen, erinnerte etwas in Hunts Augen Marcus daran, dass er der Sohn eines Metzgers war, der aus der Mittelklasse stammte und aus eigener Kraft ein Vermögen gesammelt hatte. „Glaub mir, ich sehe die Herausforderungen, denen Miss Bowman sich in solch einer Stellung stellen müsste. Aber was ist, wenn sie dazu bereit wäre? Wenn sie bereit wäre, sich selbst grundlegend zu
Weitere Kostenlose Bücher