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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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den Bug. Aber aufgeschoben war
nicht aufgehoben.
    ***
    Weider und Kotek traten gemeinsam ins Chefbüro. »Bereits
sechsundzwanzig Verhaftungen im gesamten Bundesgebiet«, berichtete Weider. »Und
zehn in Bayern. Innerhalb weniger Stunden! ›Aktion Schakal‹ ist ein voller
Erfolg. Laut Diskette fehlen uns nur noch sechs Gamma- und zwei Beta-Leute,
aber der Knüller kommt erst noch: Nilson scheint gestern Nacht insgesamt zehn
Millionen Dollar von Firmenkonten auf die Cayman Islands transferiert zu haben.
Jedenfalls wurde der Überweisungsauftrag über einen akkreditierten Firmen- PC in seinem Bungalow an die Hausbank der AIC erteilt, und zwar unmittelbar bevor Redls Leute
dort nach ihm gesucht hatten. Wer immer das noch durchgezogen hat, muss ein
abgebrühter Hund sein.«
    »Oder eine in Panik geratene Ratte, die das sinkende Schiff
verlassen will«, hielt Kotek dagegen.
    »Habt ihr das Empfängerkonto in Erfahrung bringen können?«, fragte
Jacobi in einem Anflug von Naivität.
    Weider zuckte mit den Schultern. »Es war ein Nummernkonto, Auskünfte
dieser Art geben Banken nicht ohne richterliche Verfügung. Die auf den Cayman
Islands schon gar nicht.« Das Telefon auf dem Schreibtisch läutete. Kotek hob
ab.
    »Landesgendarmeriekommando, Referat 112.« Sie reichte den Hörer
an Jacobi weiter. »Für dich. Frau Sorge!«
    Der Hauptmann drückte die Lautsprechertaste. »Jacobi hier. Was kann
ich für Sie tun, Frau Sorge?«
    »Ich muss Sie unbedingt sprechen, Jacobi. Ich …«
    »Wo brennt’s denn? Nur raus damit!«
    »Mein Mann kommt jeden Augenblick zurück. Können wir uns nicht heute
Nachmittag …«
    Mitten im Satz verstummte sie. Jacobi hörte noch ihren Atem, dann
einen dumpfen Laut. Sekunden später fuhr das Besetztzeichen jedem im Büro ins
Gebein. Aufgelegt.
    Jacobi riss seine Lederjacke von der Garderobe. »Ruft Redl an! Ein
Kommando soll zu Sorges Villa in Morzg fahren, Montforter Weg 7, sofort!«
Und weg war er.
    Weider griff zum Telefon. Kotek zögerte unschlüssig. Sie hielt
Jacobis Reaktion für überzogen, stürzte ihm schließlich aber doch hinterher,
ohne ihn jedoch einzuholen.
    Auf dem Präsidiumsparkplatz röhrte der Quattro auf. Fontänen von
Rollsplitt pfiffen wie Schrapnells durch die Luft. Um ein Haar hätte Jacobi den
Sportwagen gerammt, der vom Kreisverkehr Finanzamt kommend zum LGK einbog. Schremmer reagierte, stieß zurück, und der
Quattro raste mit Sirenengeheul davon.
    Kotek rannte um die lange Nase des roten Flitzers herum, riss die
Beifahrertür auf, ließ sich in den Sitz fallen und herrschte den verdutzten
Schremmer an: »Hinterher! So schnell Sie können!«
    So etwas ließ sich der Macho nicht zweimal sagen. Schremmer wendete
den Wagen mit Gas und Handbremse und fädelte sich wieder in den Kreisverkehr
ein. An der Ausfahrt Hellbrunnerstraße brüllte der Zehn-Zylinder-Truckmotor
auf, Kotek wurde von der Fliehkraft in den Ledersitz gepresst, und die Viper schoss
wie von einem Riesenkatapult geschleudert davon.
    »Was ist eigentlich bei euch los, Melanie? Ich habe Bruchstücke des
Funkverkehrs meiner Bodyguards mitgehört. In eurer Zentrale geht’s ja zu wie an
der New Yorker Börse – und das an einem Sonntag!« Schremmer blickte in den
Rückspiegel und grinste. Der Dienstwagen seiner Bodyguards hing weit zurück.
Der Quattro vor ihm hielt hingegen den Abstand, blitzte hie und da als
silberner Punkt im Vormittagsverkehr auf. Für Kotek keine Überraschung: Jacobis
Fahrweise war nichts für Sonntagsfahrer.
    »Über Interna gebe ich keine Auskunft«, sagte sie kurz angebunden.
»Da halte ich es ganz mit Ihnen. Passen Sie nur auf, dass Sie Jacobi nicht
verlieren.«
    »Ist das etwa die feine englische Art?«, mokierte er sich. »Ohne
meine Hilfe würdet ihr noch immer am Fall Cermak knabbern. Aber kaum seid ihr
auf der richtigen Spur, lasst ihr euren Wasserträger dumm sterben.«
    »Wir lassen Sie eben nicht dumm sterben«,
fauchte Kotek ihn an. »Jacobi hat Ihnen gestern zum zweiten Mal das Leben
gerettet. Sie haben ja nicht einmal bemerkt, dass man auf Sie geschossen hat,
als Sie durch die Arkaden rannten.«
    Schremmer ging vom Gas. »Das … das wusste ich tatsächlich nicht.« Er
war blass geworden. »Die MEK -Leute haben mir das
gar nicht …«
    »Halten Sie jetzt keine Vorträge, bleiben Sie an Jacobi dran!«
    »Sagen Sie mir doch einfach, wohin er fährt«, schnauzte Schremmer
zurück, »dann müssen wir hier nicht Steve McQueen spielen.«
    »Also gut, nach Morzg,

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