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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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des Ruins gebracht. Dass der
Code ›Livia‹ lautete, hat uns also nicht besonders überrascht.«
    »Oskar, da bietet uns jemand die Sökos auf dem Präsentierteller an«,
ereiferte sich Kotek. »Das ist doch ziemlich seltsam. Wahrscheinlich will man
uns beschäftigen, unsre Kräfte binden und so Zeit gewinnen, um sich
abzusetzen.«
    »Wir kommen gleich auf den Code zurück, Hans«, sagte Jacobi, die
Hände beschwichtigend in Richtung Kotek erhoben. »Aber zunächst gehen Kopien
der Diskette an die Staatsanwaltschaft, an die Stapo- und an die EDOK -Direktion. Die Anzahl der Opfer wird dabei
codiert.«
    »Hat Kandutsch alles bereits veranlasst, Oskar. Auch Namen und Daten
aller auf der Diskette angeführten Sökos-Mitglieder sind schon unter
meldungspflichtigem Zugriffscode ins EKIS eingegeben. Kandutsch hat Order zum Losschlagen erteilt. Spricht übrigens nur
in den höchsten Tönen von dir. Du sollst dann auch zu ihm kommen. Da staunst
du, was? Sogar er ist am Sonntagmorgen im Büro. Und die AIC -Prüfung
und die Haussuchungen werden auf heute vorgezogen. Gefahr ist im Verzug.«
    Weider ratterte die Sätze wie ein Auktionator herunter. »In diesem
Moment läuft die größte konzertierte Aktion in Österreich und Bayern seit den
Tagen der OPEC -Morde an. Höchste
Geheimhaltungsstufe. Nur den mit dem Fall befassten Dienststellen in
Deutschland und Österreich ist das Kürzel Sökos bekannt. Die Kollegen vor Ort
wissen lediglich, dass sie es mit einer Killerorganisation zu tun haben.«
    »Geheimhaltung ist relativ, wie du selbst am besten weißt«, warf
Jacobi boshaft ein. »Ruft Conte an und verkauft ihm die Exklusivinfo,
Rottenstein stünde als Kopf der Seniorenkiller keineswegs fest. Aber damit
wären wir wieder bei der Kernfrage: Hans, warum zweifelst du an, dass
Rottenstein der Alpha-Wolf ist?«
    »Melanie hat mir erzählt, wie besoffen er gestern war. Würde sich
der Sökos-Führer wirklich an jenem Abend die Kante geben, an dem er
einvernommen werden soll?«
    »Vielleicht aus Nervosität? Oder weil er hoffte, dann nicht verhört
zu werden?«, warf Kotek nicht gerade überzeugt ein. Weider schüttelte den Kopf.
    »Der Alpha-Wolf ist nicht nervenschwach, Melanie, ansonsten wäre er
nicht der Alpha-Wolf.« Ein Argument, das schwer zu entkräften war.
    Jacobi nickte. »Ich glaube, Rottenstein können wir guten Gewissens
von der Kandidatenliste streichen. Er ist zu neunundneunzig Prozent ein
vorgeschobenes Opfer. Aber der Code interessiert mich. Könnt ihr zweierlei
feststellen? Erstens: Wurde er vor Kurzem geändert? Und zweitens: Welcher war
vorher eingegeben?«
    »Ich werd’s versuchen«, sagte Weider sofort. »Aber versprechen kann
ich nichts. Kann außerdem dauern.« Er würde diesen Job keinem anderen
überlassen, das war jedem klar.
    »Ich hoffe, du schaffst es trotzdem«, kürzte Jacobi die Diskussion
ab. »Noch was, eh ich’s vergess: Ruf doch Jutta Dietrich von meinem Apparat aus
an. Sie soll zur Sicherheit noch zwei, drei Tage auf der Bockkaralm bleiben.
Sag ihr, dass sie ihren Zwangsaufenthalt da oben trotzdem von nun an etwas
entspannter genießen kann. Die Sökos werden in nächster Zeit vollauf damit
beschäftigt sein, ihre eigene Haut zu retten.«
    Melanie Kotek runzelte ärgerlich die Stirn. »Das Wohlbefinden der coolen Marlene liegt dir wohl sehr am Herzen, was?«, sagte
sie spitz.
    ***
    Kandutsch bot Jacobi sofort einen Platz an, seit jeher hatte ihn
seine Umgänglichkeit von Waschhüttl unterschieden. Letzterer ließ Untergebene
grundsätzlich vor dem Schreibtisch stehend rapportieren.
    »Kaffee oder was anderes?«
    »Kaffee wär schon recht, ich hab noch nicht gefrühstückt.«
    »Ah? Ich ausnahmsweise auch noch nicht.« Er drückte einen Knopf der
Telefonanlage.
    »Gehn S’, Fini, bringen S’ uns bitte zwei Frühstück rauf.« Er ließ
die Taste los. »Hab die Fini heute zu einer Sonntagsschicht in der Kantine
vergattert«, erklärte er. »Die Kollegen kommen ja kaum von den Telefonen und PC s weg. Aber nun zum Fall. Auch wenn’s pietätlos
klingt: Rottensteins Selbstmord oder vorgetäuschter Selbstmord macht vieles für
uns einfacher, enthebt uns auch mancher Rücksichtnahme. Weider hat mich vor
einer Stunde auf den jüngsten Stand gebracht. Die ›Aktion Schakal‹, die
Zerschlagung und Ausräucherung der Sökos-Nester, ist länderübergreifend
angelaufen, und auch die Finanzprüfer sind in Marsch gesetzt. Wenn Sie
diesbezüglich Wünsche haben, Jacobi, dann sagen Sie es nur.«
    Der

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