Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
Vom Netzwerk:
Gleichzeitig wusste ich,
dass wir ihn an den Eiern hatten und jederzeit eine strategische Baisse der ANUBIS   AG erzwingen
konnten. Es gab nur eine Schwierigkeit: Sollten die Rottensteins erfahren, wem
sie dieses Debakel verdankten, konnte ich die Heirat mit Phryne in den Wind
schreiben.«
    »Und diese Heirat war und ist Ihnen wichtig?«
    »Mindestens so wichtig wie Marlene die Heirat mit Guido. Parvenus
brauchen das für ihr Ego, Jacobi, aber das kannst du wahrscheinlich nicht
verstehen. Damals habe ich hin und her überlegt. Sollte ich oder sollte ich
nicht? Und wieder kam mir der Zufall zu Hilfe.«
    »Die Sehnenscheidenentzündung.«
    »Richtig. Nach meinem Aufenthalt im HKS habe ich Marlene in meine Villa eingeladen. Die Szene spielte sich übrigens
ganz ähnlich ab, wie du sie dir zusammengereimt hast: Wir lagen am Pool, und
sie erzählte mir von Kummetinger, dem Bierbaron. Wir erörterten, was passieren
würde, wenn Einzelheiten davon an die Öffentlichkeit gelangten. Da sagte sie
mir, dass Schremmer … Aber das soll sie dir selbst erzählen.«
    Piritz trank einen Schluck Kaffee, ließ Jacobi dabei aber keine
Sekunde aus den Augen.
    Jutta Dietrich musste sich ein paarmal räuspern, ehe sie ein Wort
hervorbrachte. »Ich hatte nach Kummetingers Tod Kurts Rat eingeholt. Schon
damals beschäftigte er sich mit nichts anderem als mit den Seniorenkillern.
Zwar hatte er noch keinen von ihnen ausfindig gemacht, wusste aber, wie sie
vorgingen. Er fragte mich, ob ich oder sonst jemand vom HKS -Personal
erpressbar sei.«
    »Das also war der Auslöser«, sagte Jacobi. Und noch etwas war ihm
klar geworden: Jutta hatte sich in einer schwierigen Situation an Schremmer
gewandt. Er war nicht nur der erste Mann in ihrem Leben gewesen, sondern
anscheinend auch so etwas wie eine Vaterfigur.
    »Aber wie gerieten Sie ausgerechnet an Grabowsky?« Die Frage war an
Piritz gerichtet.
    »In Sorges Datei entdeckte ich hinter seinem Namen das Kürzel HIV , ein Kreuz und ein Fragezeichen. Demnach schien
Sorge in Erwägung zu ziehen, den Risikofaktor Grabowsky zu eliminieren. Also
addierte ich diese Info mit Schremmers Frage nach der Erpressbarkeit des HKS -Personals, und fertig war die Grabowsky-Saga mit
Marlene als Hauptdarstellerin.«
    »Kreuz und Fragezeichen hinter dem Namen hätten auch bedeuten
können, dass Grabowsky in absehbarer Zeit an seiner Krankheit sterben würde«,
wandte Jacobi ein.
    »Spielt das jetzt noch eine Rolle für ihn?«, fragte Piritz.
    »Nein, aber für Sie! Er erkannte Sie am Telefon, Sie ihn aber nicht.
Dieser Fehler brachte Sie in der weiteren Folge ständig in Zugzwang – bis
heute.«
    Piritz lief rot an. »Als ob ich das nicht wüsste, du Gnom!«, brüllte
er und hob die Waffe.
    Jacobi machte sich fast in die Hosen, aber Piritz senkte die
ausgestreckte Hand mit der Pistole wieder.
    »Hör mal, Kiberer! Ich komme aus einer Arbeiterfamilie. Noch ehe
Anfang der Achtziger die Stahlkrise in der Obersteiermark wirklich spürbar
wurde, waren meine Eltern plötzlich Job und Wohnung los. Säufer sind immer die
Ersten, die man entlässt. Du weißt nicht, was das heißt. Stammst ja von
Bürgerlichen ab. O ja, ich weiß Bescheid. Phryne hat mir einiges über dich
erzählt. Ich jedenfalls schwor mir damals, nicht so zu enden wie meine Alten.
Und mir war jedes Mittel recht, um nach oben zu kommen. Deshalb gründete ich
die Gang. Näheren Kontakt hatte ich nur mit zwei Studienkollegen, die anderen
fünf kannte ich kaum …«
    »Weil sie zu jenem Abschaum gehörten, den Sie hinter sich lassen
wollten?«, warf Jacobi ein.
    »Du sagst es. Als ich mein Studium mit summa cum laude abgeschlossen
hatte, trennten sich unsre Wege. Mein Kapital aus den Beutezügen hatte ich
inzwischen durch Spekulationen vervielfacht. Die Achtziger waren eine gute Zeit
dafür. Als Uniabgänger war ich bereits Millionär. Niemand konnte meinen
weiteren Aufstieg stoppen. Als ich Grabowsky anrief, hatte ich von den
Steigbügelhaltern meiner Karriere mehr als zehn Jahre lang nichts gehört.«
    »Bis zu dem Tag, an dem Grabowsky Sie anrief«, ergänzte Jacobi.
    »Ja, verdammt! Er war wieder aus dem HKS entlassen worden. Als hoffnungsloser Fall. Und ausgerechnet so ein Hundsfott
musste mir in die Suppe spucken! Dabei war alles so prächtig angelaufen.
Marlene hatte ihren Part super gespielt, Schremmer hatte angebissen und war
hinter der AIC -Führung her wie der Teufel, Phryne
und ich waren uns mittlerweile nähergekommen – sogar trotz

Weitere Kostenlose Bücher