Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
Vom Netzwerk:
sei Aufsichtsratsmitglied bei OSTBAU gewesen. Ich gab zu bedenken, dass durch die Schnüffelei eines gewissen
Kiberers nicht nur der Ruf von OSTBAU beschädigt
werden würde, sondern auch das Image von Gladius Dei, eines Großkunden der AIC . Das genügte.«
    »Sie haben noch ein zweites Mal intervenieren lassen – diesmal mit
Erfolg.«
    »Aber mit sehr flüchtigem.« Piritz setzte wieder sein joviales
Lächeln auf. Er wirkte wie eine satte, böse Katze, die mit einer zur Flucht
längst unfähigen Maus noch ein wenig spielen wollte.
    »Mittwochabend habe ich umsonst auf die Vollzugsmeldung von Schremmers
Liquidierung gewartet. Auf Rückruf erfuhr ich, wer für das Scheitern des
Kommandos verantwortlich war. Ich befahl den Sprengstoffanschlag, rief zur
Vorsicht aber auch Phryne an. Sie meldete sich umgehend zurück und berichtete,
Kleiber würde die Angelegenheit nun nachdrücklich betreiben. Du allerdings
scheinst über bessere Verbindungen als Phryne zu verfügen. Am Donnerstag hat
man dich noch kaltgestellt, doch tags darauf warst du wieder mit dem Fall
betraut. Phryne erzählte es mir voller Zorn noch am selben Abend. Von da an sah
ich in dir den gefährlichsten Gegner – einen weitaus gefährlicheren als
Schremmer, der in seiner Eitelkeit berechenbar blieb. Sonntagnacht rückten
deshalb gleich zwei Kommandos aus. Aber nach dem
Fehlschuss auf Schremmer untersuchte das MEK die
Gegend so gründlich, dass sich auch das zweite Team zurückziehen musste.«
    »Dadurch war es mir immerhin vergönnt, zwei Tage länger zu leben«,
sagte Jacobi in einem Anflug von Galgenhumor. Er vermied es nun konsequent,
Jutta direkt anzusehen, dennoch entging ihm keine ihrer Bewegungen. Er hatte
ihren Blick zur Hängelampe über dem Tisch aufgefangen. Das
Petroleumlampenimitat enthielt eine normale Sechzig-Watt-Mattglasbirne.
    »Tja, du warst nicht schlecht«, resümierte Piritz gönnerhaft. »Hast
die Dinge in kürzester Zeit zur Eskalation getrieben. Und dein Schachzug, Vogt
aufzuklären, hat ungeheuren Aufruhr verursacht. Phrynes Nerven lagen blank,
denn schon tags zuvor hatte die ANUBIS -Stammaktie
stark nachgegeben. Am Freitag, knapp vor Börsenschluss, waren satte zwanzig
Prozent auf den Markt geworfen worden. Der Wert des Papiers stürzte in den
Keller. Wenn jetzt noch das Sökos-Gespenst durch die Medien geisterte, würden
die Totenglocken für die AIC läuten, das war
jedem Vorstandsmitglied klar. Deshalb wurde für Samstagvormittag eine
Krisensitzung einberufen.«
    »Sie und Ihre Freunde haben die Baisse losgetreten?«, fragte Jacobi
bewusst naiv.
    »Der Heilige Geist war’s jedenfalls nicht.« Piritz blickte ihn
nachdenklich an, fuhr aber nach einigen schweißtreibenden Sekunden fort: »Sogar
Sorge geriet in Panik. Total untypisch für ihn. Der Niedergang der AIC und die drohende
Enttarnung der Sökos-Führung – beides zusammen hat ihn ausgehebelt. Und er tat
in seiner Lage das Verkehrteste, was man hätte tun können: Er ließ Rottenstein
ermorden und schob ihn als Sündenbock vor. Damit brachte er die Staatsmacht auf
Touren, und das Medieninteresse fokussierte sich auf die AIC . Auch ich ließ ihm keine Ruhe. Ich sandte ihm
Sonntagmorgen eine SMS  …«
    »… des Inhalts, seine Frau habe ihn an die Polizei verraten, um
mit Schremmer sein Vermögen durchzubringen«, ergänzte Jacobi. »Aber er tötete
seine Frau nicht, wie Sie gehofft hatten. Er verprügelte sie nur.«
    »Ja, leider. Sie hatte mich ein paar Stunden zuvor angerufen. In den
Hörer geschluchzt, alles sei nur meine Schuld. Zum Glück schlief Phryne und
wachte nicht auf.«
    »Und daraufhin ließen Sie Sorge durch einen Anruf aus dem Haus
locken und holten nach, was der Massenmörder nicht geschafft hatte: Sie erschossen
seine Frau, während sie mit uns telefonierte.«
    »Ich war bereits im Geheimgang, als Sorge wegfuhr, und wäre trotzdem
fast zu spät gekommen. Sie stand in der Diele, sah ihm nach und griff zum
Telefon. Von der Bibliothek aus, in die der Geheimgang mündet, hörte ich, wie
sie dich zu sprechen verlangte. Ich konnte nicht länger zögern.«
    »Aber warum auch sie? Wäre sie nicht durch ein anderes Vorgehen bei
der Stange zu halten gewesen?«
    »Nein. Sie hatte nicht Marlenes Qualitäten, war strohdumm. Die
Schnepfe hatte gehofft, durch mich von ihrem Alten loszukommen. Als sie
checkte, dass ich eigentlich hinter Phryne her war, begann sie durchzudrehen.
Ich hätte sie schon viel früher aus dem Verkehr ziehen müssen. Denn kaum hatte
Ruth

Weitere Kostenlose Bücher