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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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der
Jagdstube befand sich das Funktelefon, wenn Piritz es nicht schon längst an
sich genommen hatte. Warum bloß in Dreiteufelsnamen hatte sie ihm Schremmers
Pistole zeigen müssen! Und warum, um alles in der Welt, war sie überhaupt von
ihm so fasziniert gewesen?
    Aber genau das war es doch gewesen: um alles in
der Welt! – Der Wunsch, zu jenen dazuzugehören, die alles haben konnten:
Das war ihr Antrieb gewesen. Gräfin von Framberg-Mauthen! Damit hatte er sie
gewonnen. Mein Gott, wie hatte sie nur so naiv sein können!
    Er verließ seinen Wagen nicht. Warum auch? Er brauchte keine neuen
Karten. Hatte noch immer sein Fullhouse in der Hand, und das gegnerische Blatt
war nur ein wertloses Paar.
    Einen Augenblick lang spielte sie mit dem Gedanken, den Quattro zu
starten und allein loszufahren. Der Schlüssel steckte.
    Aber das wäre bei dieser Schneelage idiotisch gewesen. Außerdem
kannte sie den Wagen nicht. Und – Jacobi hatte es nicht verdient, dass sie ihm
in einem Anfall hysterischer Panik die letzte Chance verdarb.
    Eine Wagentür schlug zu. Fast hätte sie dem Impuls nachgegeben und
den Kopf gehoben. Doch auch davor hatte Jacobi sie gewarnt.
    Schritte im Schnee! Sie kamen näher. Noch tiefer kauerte sie sich
auf die Fußmatte.
    Nein, es war eine Sinnestäuschung gewesen. Ihre Nerven waren
überreizt. Piritz war ausgestiegen und zur Verandatreppe gegangen.
    »Pst!« Sie hatte die Berührung an ihren gefühllosen Beinen nicht
gespürt und auch nicht gehört, dass die angelehnte Beifahrertür einen
Spaltbreit geöffnet worden war.
    Jacobi! Eine Welle der Zuneigung erfasste sie. Schremmer hatte es
nicht geschafft, aber vielleicht konnte ja dieser kleine Mann Piritz Paroli
bieten, auch wenn er im Moment zitterte wie ein Hammelschwanz. Alles hing vom
Timing ab.
    »Gleich ist er oben«, flüsterte er. »Während er Diele und
Gewehrschrank inspiziert, muss er damit rechnen, dass ich hinter irgendeiner
Tür stehe. Jedenfalls ist er gezwungen, den Wagen für ein paar Sekunden aus den
Augen zu lassen.«
    Gegen das Scheinwerferlicht und hinter dem Schleier der
Schneeflocken war die Gestalt auf der Veranda kaum zu erkennen. Hatte Piritz
das Haus schon betreten?
    Jacobi ließ es darauf ankommen. »Jetzt!«
    Er öffnete die Beifahrertür gerade so weit, dass er in den Wagen
kriechen konnte. Selbst mit halb erfrorenen Gliedmaßen wird man in Lebensgefahr
zum gelenkigen Fakir.
    Vielleicht hatte der Quattro zu stark geschaukelt, vielleicht hatte
Piritz trotz des Schneefalls eine Bewegung hinter den Fensterscheiben gesehen,
schwer zu sagen, jedenfalls war plötzlich das Versteckspiel vorbei. Mit
Riesenschritten sprang er über die Verandastufen hinunter und schoss im Laufen.
Eine Kugel durchschlug die hintere Seitenscheibe, die anderen verfehlten den
Wagen. Der Audi-Motor röhrte auf, aber Piritz kam immer näher.
    Jetzt machte es sich bezahlt, dass Jacobi den Wagen unter zwei
großen Bäumen geparkt hatte. Die vier Räder griffen, und der Quattro tat einen
Satz nach vorn. Piritz, der keine zehn Meter mehr entfernt war, blieb stehen,
um einen platzierten Schuss abzugeben. Jutta schrie auf, glaubte, das Herz
müsse ihr stehen bleiben: Jacobi hatte nicht in den Forstweg eingelenkt, um
schleunigst Boden zu gewinnen, sondern den Wagen herumgeworfen. Wild
schlingernd raste das Fahrzeug auf Piritz zu.
    »Runter!« Sie duckten sich. Es knallte, knisterte in der
Windschutzscheibe, und dann krachte etwas gegen das Chassis.
    Die Scheinwerfer hatten Piritz geblendet. Seine Kugel hatte die
Scheibe knapp unterm Dach durchschlagen. Er selbst war vom ausbrechenden Heck
des Wagens gestreift und zur Seite geschleudert worden.
    Jacobi kurbelte wie besessen am Lenkrad, warf den Quattro mit
Handbremseneinsatz herum – und atmete auf. Die Räder hatten sich nicht
eingegraben, der Wagen konnte wieder Fahrt aufnehmen. Der untere Teil der
Windschutzscheibe war einigermaßen sichtklar geblieben. Jetzt bloß nicht an den
Schneeverwehungen hängen bleiben, sonst wäre die Partie zu Ende. Jutta blickte
zurück und sah, wie sich Piritz hochrappelte und zum Mercedes hinkte.
    »Ich glaube, er hat die Pistole verloren!«, jubelte sie mit
verdächtig hysterischem Unterton.
    »Möglich, aber er hat mindestens noch zwei weitere«, warnte Jacobi.
Sie durfte jetzt nicht durchdrehen. »Schnall dich an. Sollten wir abstürzen,
haben wir vielleicht eine größere Chance, zu überleben, wenn wir nicht aus dem
Wagen geschleudert werden.«
    Er hatte sich erneut bis

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