Herbstfrost
morgen vor.«
Redls Augenbrauen zogen sich zusammen. »Du rechnest mit einem
Anschlag in der VZA ? So wichtig ist der Mann?«
Jacobi zuckte mit den Schultern. »Jedenfalls glauben die Leute, die
ihm ans Leder wollen, er sei wichtig für uns. Habt ihr übrigens fein
hingekriegt, die Aktion. Zigarette?«
Redl war Nichtraucher, grinste aber trotzdem geschmeichelt.
Irgendwann hatte sich die Chiffre für persönliche Wertschätzung zwischen ihnen
beiden etabliert.
***
Jacobi startete den Wagen, als das Autotelefon zu läuten begann.
»Was gibt’s, Hans?«
»Na, was wohl? Gleich nachdem du Schremmers Haus verlassen hattest,
hat er mit einem gewissen Behrens telefoniert. Willst du’s hören?«
»No na!« Jacobi steckte sich den Kopfhörer ins Ohr, fuhr los und
schaltete wieder auf Rekorderbetrieb.
»Heiligenkreuz-Spital, Behrens.«
»Ich bin’s – Kurt. Dieser Gendarmeriehauptmann Jacobi war eben bei
mir. Leider hat er dich wegfahren sehen und sich dein Autokennzeichen notiert.
Weiß der Teufel, warum. Er hat mich nach deinem Namen und deiner Adresse
gefragt …«
»Du … du hast Sie ihm doch nicht etwa gegeben?«
»Was hätte ich denn tun sollen? Eine Weigerung hätte ihn noch
misstrauischer gemacht, als er ohnehin schon war. Es hätte einen einzigen Anruf
gebraucht, und in zwei Minuten hätten ihm seine Leute deinen Namen und deine
Adresse durchgegeben.«
»Bist du verrückt?« Behrens war total aus dem Häuschen. »Wir hatten
doch ausgemacht, du hältst mich unter allen Umständen da raus! Kannst du dir
die Schlagzeilen ausmalen, wenn die Kripo unser Spital auf den Kopf stellt?«
»Die Angst scheint dir wirklich das Gehirn zu vernebeln. Was hast du
denn zu befürchten? Übrigens solltest du dir überlegen, was du sagst!
Möglicherweise wird mein Telefon schon angezapft. Jacobi hat nicht den Eindruck
gemacht, als würde er so etwas auf die lange Bank schieben. Nachdem Ruth mich
gebeten hatte, ihm Einblick in mein Material zu geben, hatte ich doch keine
Wahl mehr. Ich musste ihm das Dossier überlassen – zusammen mit dem
Gedächtnisprotokoll, das du über dein Gespräch mit Grabowsky angelegt hast.
Aber zur Panik besteht kein Grund«, fuhr er fort. »Jacobi ist dafür bekannt,
die Medien kurzzuhalten, solange er nicht weiß, wie der Hase läuft. Darin ist
er mir sehr ähnlich. Ich denke, er wird diskret ermitteln und die
Öffentlichkeit erst dann informieren, wenn er den Kopf der Sökos kennt. Alles
andere wäre unlogisch. Eine Hoppla-jetzt-komm-ich-Nummer zieht der bestimmt
nicht ab. Damit würde er die Sökos-Führung nur warnen. An eurem Haus ist der
Kelch der Seniorenmorde bisher ohnehin vorübergegangen, also was soll’s? Und
wenn es zu gegebener Zeit zum medialen Großreinemachen kommt, dann wird das HKS als unwichtiger Nebenschauplatz mit ein paar
Kratzern davonkommen.«
»Mit ein paar Kratzern? Du hast wirklich das Gemüt eines
Rossmetzgers. Sollte man nicht vielleicht doch intervenieren? Schließlich steht
der Ruf von Gladius Dei auf dem Spiel. Die ›Neue‹ und andere linke Medien
würden uns nur allzu gern was am Zeug flicken.«
»Du wiederholst dich. Und an Intervention solltest du nicht einmal
denken, sonst passiert genau das, was du vermeiden willst: Jacobi wird an die
Kandare genommen oder gleich vom Fall abgezogen. Und dann werden die Medien
erst recht aufmerksam. Dieser kleine Terrier ist nämlich nicht der Typ, der
sich mit einem Maulkorb im Zaum halten lässt. Aber noch ehe er daran denkt, sich an die Medien zu wenden, hätte das Basidius in diesem Fall
längst vor ihm getan. Oder glaubst du im Ernst, Paul ließe sich die Sökos von
irgendjemandem wegschnappen? Und schon wieder stehst du samt deinem Spital im
Brennpunkt des allgemeinen Interesses. So rechts kann die ›K. u. K.‹ gar nicht
stehen, dass sie sich einem solchen Hype verweigern würde.«
»Was soll ich deiner Meinung nach also tun?«
»Jacobi wird dich über Grabowsky ausfragen. Sag ihm einfach alles,
was für seine Ermittlungen von Bedeutung sein könnte. Wir haben das ja vorhin
erörtert.«
»Und sonst?«
»Was sonst?«, fragte Schremmer scharf.
»Ach, nichts, vergiss es!«
»Genau das will ich dir auch geraten haben. Wenigstens bis auf
Weiteres.«
Nach dieser Empfehlung hatte Schremmer aufgelegt. Jacobi war mit
dem Gehörten nicht unzufrieden. Längst war er am Parkplatz Franz-Josef-Kai
angekommen. Er stieg aus, ging die paar Meter zu Fanni Huts Würstlstand am
Makartsteg zu Fuß und gönnte sich eine
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