Herbstgeflüster (Die Kanada-Reihe)
das“, er deutete auf das Steak und den Joghurt, „wird die letzte Nahrung sein, die du in nächster Zeit von mir bekommst.“
„Wer bist du?“
„Willkommen im Club. Denn das frage ich mich auch schon die ganze Zeit, was dich angeht.“
„Foltern in Form von Wasser- und Nahrungsentzug?“ Der Unbekannte grinste in einer Art und Weise, als hätte er nichts anderes erwartet. „Das passt zu dir. Obwohl ich ja zuerst dachte, du hantierst lieber mit Messern, Strom oder sonstigen netten Werkzeugen.“
„Das kann ich dir bieten, sofern du darauf bestehst.“
Ein hämischer Blick traf ihn. „Denkst du wirklich, du bist Manns genug dafür?“
Bomer ließ sich sein Erstaunen nicht anmerken, aber die Richtung, die ihr Gespräch nahm, bescherte ihm ein flaues Gefühl in der Magengegend. „Wie viele Menschen hast du schon getötet?“, fragte er kalt.
„Keinen. Du wirst der erste und einzige sein!“
Bomer erhob sich und hielt dabei den Augenkontakt mit dem Mann, der ihn mit einem Blick ansah, als gäbe es nichts, was er mit ihm tun könnte, das er selbst nicht bereits erlebt hätte. „Achtunddreißig.“ Er brauchte diese Zahl nicht erklären, sein Gegenüber begriff auch so, was gemeint war, so schockiert, wie er ihn daraufhin ansah. „Beantwortet das deine Frage, ob ich Manns genug dafür bin?“, fragte er trocken und deutete auf das Messer vom Besteck, das neben dem Teller lag. „Wenn du schlau bist, erledigst du das Problem für mich. Sich die Pulsadern aufzuschneiden, um Schlimmerem zu entgehen, halte ich für durchaus legitim.“
Der Unbekannte wurde blass, wie eine frisch gekalkte Mauer, und das war der letzte Beweis, den Bomer noch gebraucht hatte, um sicher zu sein. Dieser Mann hatte vom Töten nicht die geringste Ahnung. Trotzdem ließ er sich nicht in eine Ecke drängen. Das Ganze lief nicht im Geringsten nicht so ab, wie Bomer es gewohnt war. Normalerweise reichten seine Statur und das Andeuten von Dingen, die er zu tun gedachte, vollkommen aus, um Gegner zu Fall und zum Reden zu bringen. Aber der hier würde nicht so einfach zu knacken sein.
Bomer gestand sich ein, dass er davon beeindruckt war, doch gleichzeitig ärgerte ihn die Hartnäckigkeit des Mannes. Er musste unbedingt ein wenig runterkommen, bevor er einen Fehler machte. Charly bellte und gab ihm den perfekten Grund, sich für eine Weile aus dem Staub zu machen. Er zwinkerte seinem Gast zu.
„Du hast Glück. Mein Hund hat Sehnsucht nach mir. Wir reden später weiter. Guten Hunger.“
Zwei Bier später hatte er sich ausreichend beruhigt, dass er gefahrlos sein Handy nehmen und eine Nachricht verfassen konnte. Er löschte sie dreimal, weil er nicht die richtigen Worte fand, und fluchte schlussendlich, um das nächstbeste abzuschicken, was seine Finger hergaben. Es würde keine fünf Minuten dauern, bis eine Antwort kam, so gut kannte er seinen Mentor. Vor allem, da er außer: 'Ich habe Probleme.' nichts weiter geschrieben hatte. Auf Adrian Quinlan war in solchen Fällen Verlass.
Bomer schlug den Kragen seiner Jacke hoch und warf einen Ast für Charly, der ihm schwanzwedelnd und laut bellend nachjagte. Er beobachtete den Welpen amüsiert, weil der kleine Racker immer wieder stolperte. Bis er ein ausgewachsener, eleganter Labrador war, würden noch Monate ins Land gehen.
Der Wind frischte auf und Bomer verwünschte sich, weil er vergessen hatte, sich eine Mütze und Handschuhe mitzunehmen. Es war spät und dunkel, die Temperatur lag im Keller und würde in der Nacht vielleicht schon die Nulllinie überschreiten. Neben dem baldigen Schnee war auch Bodenfrost angesagt. Das nächste Mal würde er auf einen Spaziergang verzichten und beim Kamin bleiben. Den er heute nicht mal angezündet hatte, fiel ihm ein.
Bomer runzelte angesäuert die Stirn. Sein Gast wurde langsam zu einem ernsten Störfaktor. Er brachte seinen normalen Tagesablauf durcheinander, und das gefiel ihm gar nicht. Sein Handy piepte und lenkte ihn ab.
'Ruf' an, Dickschädel!'
Kurz und knapp, typisch Adrian. Bomer schmunzelte, warf erneut den Ast, welchen Charly ihm zurückgebracht hatte, und tippte eine Antwort. Sein Handy klingelte keine Minute später.
„Lass den Blödsinn! Du weißt genau, dass ich immer Zeit für dich habe.“
„Du hättest beschäftigt sein können.“
„Wenn ein Mann wie du freiwillig Kontakt aufnimmt und zugibt, dass er Probleme hat, nehme ich mir Zeit für ihn. Egal, was ich gerade tue. Also? Was ist los?“
Bomer gab den Vorfall
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