Herbstgeflüster (Die Kanada-Reihe)
ihr waren. Bomer würde sich damit befassen, sobald es dazu kam, und das war nicht heute oder morgen.
„Der Mann bei dir heißt Cedric … Cedric Morgan, um genau zu sein. Er ist Celvins älterer Bruder.“
Bomer stöhnte auf. „Scheiße.“
„Das kannst du laut sagen“, bestätigte Adrian seine Worte sehr ernst. „Setz' dich, ich muss dir noch mehr erzählen und es dürfte dir nicht gefallen. Zudem wollte ich dir etwas per Mail schicken, bis mir eingefallen ist, dass du da oben nicht mal einen Computer besitzt. Also kommt der Kram morgen oder übermorgen per Bote.“
„Okay.“ Bomer ging in die Küche, holte sich aus dem Kühlschrank eine Flasche Bier und setzte sich damit ins Wohnzimmer. „Ich sitze.“
„Erinnerst du dich an einen der allerersten Jobs, die du für mich gemacht hast? Den Drogendeal?“
Bomer musste eine Weile überlegen, dann fiel es ihm ein. „Ja. Für deinen Kumpel, diesen Cop, dem du einen Gefallen schuldig warst.“
„Genau. Der Russe, dem du damals das Geschäft am Hafen vermasselt hast, hat kurze Zeit später einen seiner eigenen Jungs erschossen, weil der gegen ihn auspacken wollte. Er hat es offenbar dir in die Schuhe geschoben, deshalb ist der Bruder hinter dir her. Die Details stehen im Bericht, der auf dem Weg zu dir ist. Das Ganze ist ein heilloses Chaos. Ich würde ewig brauchen, dir das alles am Telefon zu erzählen.“
„Was ist mit seinen Narben?“, fragte Bomer und riet damit ins Blaue hinein. Doch als Adrian am anderen Ende hörbar die Luft ausstieß, fühlte er sich in seinem Verdacht bestätigt. Der Anwalt wusste bedeutend mehr über die Sache. „Red' schon.“
„Du hast sie gefunden?“
„Als ich ihn gestern waschen wollte, ja. Sie sind nicht zu übersehen.“
„Hm“, machte Adrian und seufzte anschließend. „Also gut ... Es gibt Gerüchte und davon jede Menge. Angeblich hat die Mutter beide Söhne an Freier verkauft. Angeblich hat Cedric sich selbst angeboten, um Celvin zu schützen. Angeblich haben die Jungs etwas mit der Überdosis der Mutter zu tun, was ich nicht glaube. Aber selbst wenn, weine ich der Frau keine Träne nach. Cedric und Celvin sind dem Staat durchs Raster gerutscht und Koslow in die schmutzigen Hände gefallen. Und nachdem er Celvin losgeworden ist, hat er dasselbe mit dessen Bruder vor.“
Ein weiteres Puzzlestück, das an seinen Platz rückte. Bomer nickte. „Das erklärt, warum er nicht wusste, dass ich ein Seal war.“
„Bingo“, sagte Adrian zustimmend. „Ich versuche im Moment herauszufinden, wie Koslow dich finden konnte. Das interessiert die Cops übrigens auch brennend.“
„Ihr glaubt, der Tipp kam vom Revier?“
„Ja.“
„Korrupte Cops.“
„Ja. Schon wieder“, knurrte Adrian und Bomer lehnte sich kopfschüttelnd zurück, weil er dessen Wut darüber verstehen konnte. Er kannte die ganze Geschichte um die Entführung von Kilian McDermott, welcher für Adrian und David wie ein eigener Sohn war, auch wenn er selbst mit diesem Teil der Familie nicht viel zu tun hatte. „Wie geht’s Cedric denn mittlerweile?“
Bomer ließ seinen Blick automatisch in Richtung der Zimmerdecke wandern. „Soweit ganz gut. Das Fieber ist runter, er schläft die meiste Zeit.“
„Glück für dich.“
„Adrian ...“, begann Bomer drohend, denn der leicht belustigte Unterton in dessen Stimme verriet ihm genug, um sofort auf der Hut zu sein.
„Oh, ich muss leider Schluss machen. Mein Mann hat Sehnsucht nach mir. Melde dich, falls du etwas brauchst oder noch Fragen zu dem Bericht hast.“
„Mistkerl.“
Bomer legte auf, als Adrian anfing zu lachen, ließ das Bier stehen und ging nach oben, wo sein Gast, der jetzt endlich einen Namen hatte, ihm zugewandt, schlafend in seinem Bett lag. „Cedric heißt du also“, murmelte er und betrachtete ihn eine Weile grübelnd, bevor er beschloss, ihn weiterschlafen zu lassen und in die Stadt zu fahren. Er wollte neue Kleidung für Cedric holen und noch etwas anderes besorgen, was Carol garantiert freuen würde.
Es dauerte allerdings bis zum Wochenende, ehe er dazu kam, Cedric die neuen Sachen zu geben, und ihm die Hühnersuppe ans Bett zu bringen, die er bei Carol geholt hatte. Eine Suppe, die ihn teuer zu stehen kam, aber der überraschte Ausdruck in Cedrics Gesicht war es wert. Bomer schmunzelte, als der ihn ratlos ansah.
„Die ist nicht vergiftet, ich schwöre es.“
„Richtige Hühnersuppe?“, fragte Cedric staunend und sah auf die Schüssel in seinen Händen.
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