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Hercule Poirots Weihnachten

Hercule Poirots Weihnachten

Titel: Hercule Poirots Weihnachten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Telefongesprächs mit dem Anwalt. Dann beschimpft der alte Mann so ziemlich seine ganze Familie und wirft sie hinaus, worauf sie alle wie begossene Pudel gehen.» Poirot sah auf. «Hilda Lee blieb doch zurück.»
    «Ja, aber nicht für lange. Um sechs Uhr hatte Alfred Lee eine Auseinandersetzung mit seinem Vater – eine unangenehme Auseinandersetzung. Harry soll wieder in den Familienkreis aufgenommen werden, worüber Alfred keineswegs erbaut ist. Damit wäre Alfred natürlich der Hauptverdächtige, weil er ein zwingendes Motiv für den Mord gehabt hätte. Aber weiter: Dann kommt Harry Lee. Er ist bester Laune, denn er hat den alten Mann für sich einzunehmen vermocht. Aber vor diesen beiden Unterredungen hat der alte Simeon Lee das Verschwinden der Diamanten entdeckt und mit mir telefoniert. Seinen beiden Söhnen sagt er nichts von seinem Verlust. Warum? Meiner Ansicht nach deshalb, weil er genau wusste, dass keiner von beiden mit dem Diebstahl zu tun haben konnte. Wie ich schon einmal sagte, glaube ich, dass der alte Mann Horbury und eine zweite Person verdächtigte und dass er ganz genau wusste, was er tun wollte. Erinnern Sie sich, dass er ausdrücklich verlangte, es sollte niemand mehr zu ihm hinaufkommen an jenem Abend. Und warum? Weil er zwei Dinge vorhatte: Erstens erwartete er meinen Besuch und zweitens denjenigen der anderen verdächtigen Person. Jemanden hatte er gebeten, nach dem Abendessen sofort zu ihm zu kommen. Aber wen? Es könnte George Lee gewesen sein, doch wahrscheinlicher dünkt mich Mrs George Lee. Und da betritt nun auch wieder Pilar Estravados die Bildfläche. Ihr hatte der alte Mr Lee die Diamanten gezeigt und ihr gesagt, wie wertvoll sie seien. Wissen wir eigentlich, ob das Mädchen keine Diebin ist? Bedenken Sie, wie undurchsichtig das Geheimnis um ihren Vater ist. Vielleicht war er ein Berufsverbrecher und endete deshalb im Gefängnis.»
    «Und so betritt, wie Sie sagen, Pilar Estravados wieder die Bildfläche», murmelte Poirot langsam.
    «Jawohl – als Diebin. Dann könnte sie den Kopf verloren und ihren Großvater angegriffen haben – als sie merkte, dass ihr Diebstahl entdeckt worden war.»
    «Gewiss, das wäre möglich.»
    Inspektor Sugden sah Poirot scharf an.
    «Aber Sie selber glauben nicht daran, nicht wahr? So erklären Sie mir doch endlich, was Sie von der Sache halten.»
    «Sehen Sie, ich komme immer wieder auf das eine zurück. Auf den Charakter des Verstorbenen. Was war Simeon Lee für ein Mensch?»
    «Das ist nun wirklich kein Geheimnis», antwortete Sugden erstaunt.
    «Dann klären Sie mich bitte auf. Sagen Sie mir, was man hier in der Gegend von ihm hielt.»
    Inspektor Sugden fuhr sich nachdenklich mit dem Finger übers Kinn. Er sah ziemlich bestürzt aus.
    «Ich selber bin kein Hiesiger. Ich komme aus Reeveshire, aus der nächsten Grafschaft. Aber natürlich war Mr Lee auch bei uns bekannt. Was ich über ihn weiß, weiß ich vom Hörensagen.» – «Ja? Und was wissen Sie also vom Hörensagen?»
    «Nun, es heißt, dass er ein gerissener Kauz war, dass ihn so leicht niemand übers Ohr hauen konnte. Aber er war großzügig in Geldsachen, freigebig, sagen die Leute. Mich wundert nur, wie Mr George Lee so geizig sein kann als Sohn dieses Vaters.»
    «Ach? Aber sehen Sie, es scheinen sich in dieser Familie zwei grundverschiedene Typen entwickelt zu haben. Alfred, George und David gleichen – wenigstens oberflächlich betrachtet - ihrer Mutter. Ich habe mir heute früh die Bilder in der Familiengalerie angesehen.»
    «Er war jähzornig», fuhr Sugden fort, «und hatte in Bezug auf Frauenaffären einen schlechten Ruf – wenigstens in seinen jüngeren Jahren. Aber sogar in diesen Fällen benahm er sich anständig. Wenn sich Folgen einstellten, zahlte er großzügig und sah zu, dass das Mädchen verheiratet wurde. Er mag ein Schürzenjäger gewesen sein, aber gemein war er nicht. Seine Frau soll er schlecht behandelt haben, dauernd anderen nachgelaufen sein und sie sei an gebrochenem Herzen gestorben, sagen die Leute. Das ist so eine Redensart, aber ich glaube, dass die arme Frau wirklich sehr unglücklich war. Sie war immer krank, und man hat sie nicht viel gesehen. Er war ganz bestimmt ein merkwürdiger Mensch, der alte Lee. Auch rachsüchtig soll er gewesen sein. Man erzählt sich, dass er einen Hieb immer zurückzahlte, auch wenn er manchmal jahrelang auf seine Rache warten musste.»
    «Die Mühlen Gottes mahlen langsam, aber sehr fein», murmelte Poirot vor sich

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