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Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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verstopft sein. In dem Fall würden wir uns mit Kohlenmonoxid vergiften.«
    »Wir stellen erst mal unseren eigenen Ofen auf«, sagte Adrian. Sie hatten einen Heizofen dabei, der mit flüssigem Brennstoff betrieben wurde. »Aber ansonsten nicht schlecht.« Er drehte sich einmal um sich selbst. »Man hat das Gefühl, die sind gerade erst gegangen.«
    »Wobei sie ihre Funkausrüstung mitgenommen haben.« Leon trat an den dicken, an der Wand befestigten Schreibtisch und fuhr mit der behandschuhten Hand über ein paar Schrammen. »Sieht aus, als hätte sie hier gestanden.« Er deutete auf leere Schellen an der Wand. »Da. Das könnte die Leitung zur Antenne gewesen sein.«
    »Dann müssen sie einen Generator gehabt haben«, sagte Morley. Er blickte zur Decke, wo noch eine blanke Glühbirne in einer Fassung hing. »Ja. Eindeutig.«
    »Den haben sie bestimmt auch mitgenommen.« Leon fasste unter die Tischplatte, wo ein Ablagefach war. »Ach, schau mal an.« Er förderte eine dicke, alte Kladde zutage. »Das Logbuch der Station, oder?« Er schlug es von hinten auf, blätterte durchdie leeren Seiten bis zum letzten Eintrag. »Bingo. 1967. Einundzwanzigster irgendwas.« Er schob Charlotte das Buch hin. »Du kannst Russisch.«
    Charlotte blickte auf die in enger, kyrillischer Handschrift beschriebene Seite hinab und seufzte. »Jetzt kommt es raus, dass ich doch keine Moskowiterin bin.«
    Leon musterte sie irritiert. »Bitte?«
    Sie sah ihn an. Ach so. Das konnte er nicht mitbekommen haben; sie hatte mit dem Copiloten ja Russisch gesprochen. »Ich kann Russisch sprechen , aber mit dem Lesen tu ich mich schwer. Ich hab keinen Kopf für andere Alphabete.«
    Wobei – wenn sie die Worte Buchstabe für Buchstabe entzifferte und sich vorsagte … Sie studierte den Datumseintrag. Ein O, ein K … Na, das war leicht. » Oktjabr . Oktober. Einundzwanzigster Oktober 1967.«
    Leon musterte sie verdutzt. »Wie lernt man Russisch, ohne es zu lesen ? «
    »Durch Hören. Hören und nachsprechen.« Charlotte zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht genau, wie das funktioniert. Wenn ich in ein anderes Land komme, dann versteh ich die Sprache irgendwann einfach.«
    »Wow. Ich wollte, das könnte ich von mir auch sagen.«
    Adrian trat neben Charlotte, nahm ihr das Logbuch aus der Hand, blätterte darin. Ein Tagebuch, eindeutig. Jede Menge Zahlen – Temperaturen, Luftdrücke, Windstärken, Windrichtungen. Er stieß einen leisen Pfiff aus. »Das ist ja eine Fundgrube. Selbst wenn wir den Text nicht verstehen, die Zahlen können wir lesen. Die nützen uns sowieso viel mehr.« Er hielt an einer Stelle inne, an der ein vergilbtes Schwarz-Weiß-Foto eingeklebt war. »Schaut euch das an.«
    Sie beugten sich alle über das Buch. Das Bild zeigte die Hütte, bis fast zu den Fenstern in Schnee begraben, und zwei Männer in dicken Pelzjacken, die grimmig grinsend davor posierten.
    Adrian deutete auf das Datum darüber. »1962. Kannst du den Monat entziffern, Charlotte?«
    Das war auch einfach. Der einzige Monatsname mit nur drei Buchstaben. Das hätte er selber gekonnt. » Maj . Mai.«
    »Im Mai?«, keuchte Morley. »So viel Schnee im Mai? Das ist ja der Hammer.«
    »Siehst du?«, sagte Adrian, an Leon gewandt. »Die globale Erwärmung hat schon ganz schöne Fortschritte gemacht. Daran ändert auch ein kalter Winter oder ein verregneter Sommer in Europa nichts.«
    »Ich sag ja gar nichts«, meinte Leon friedfertig.
    »Okay.« Adrian sah sich prüfend um. »Die Frauen kriegen die Betten, klar. Haben wir auf dem Boden Platz?« Er musterte die zur Verfügung stehende Fläche kritisch. »Wird ein bisschen eng, aber es müsste gehen.«
    Charlotte fühlte sich auf einmal an ihr erstes Jahr in Harvard erinnert, im Dormitory, in einem Zimmer, das sie sich mit einer gewissen Carry Walsh hatte teilen müssen. Eigenartig: Es hatte fast denselben Grundriss gehabt wie dieser Raum. Die Aufstellung der Betten, der Schreibtisch, um den sie sich immer gestritten hatten … Genau so. Anstelle der Regale hier hatten ihre Schränke gestanden. Nur da, wo der Ofen aufgestellt war, war nichts gewesen.
    Schon seltsam.
    Nun, es waren nur drei Monate. Die würden auch vorübergehen.
    Sie schafften die Ausrüstung herauf, verteilten die Schlafsäcke, stapelten die Kisten mit den Wochennummern – der Proviant für eine Woche war jeweils in einer Kiste verpackt – und die Kanister im Lagerraum, in dem alles schön kalt bleiben würde. Bei dem Brennstoff handelte es sich um eine

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