Herr Bofrost, der Apotheker und ich
du sehen, dass deine Verdächtigungen völlig beknackt sind.«
»Vielen Dank! Du glaubst doch nicht, dass ich die Apotheke im Stich lasse, um meine Zeit mit diesem schöngeistigen Laffen totzuschlagen!«
»Nein, aber vielleicht um dich zu überzeugen, dass deine Frau dich nicht mit ihm betrügt«, sagte ich süffisant. Ich hätte die Betonung in dem Satz nur ein klein wenig verlagern müssen, um eine Bombe zu zünden. Ich konnte es immer noch, hielt die Zündschnur in der Hand. »Mit dem betrüge ich dich nicht«, brauchte ich nur zu sagen. Aber ich beschränkte mich auf hoheitsvolles Schweigen. Und irgendwie regte mich Holgers Misstrauen auch gar nicht sonderlich auf. Im Gegenteil, ich fand, es rehabilitierte mich fast. Wenn er mich sowieso für ein sündhaftes Subjekt hielt, hatte es nicht viel Sinn, sich besonders anzustrengen, oder?
* * *
Als ich mich zwei Tage später schüchtern durch die Bürotür des Mainzelmännchens schob, hatte ich ziemlich weiche Knie. Ob er meine Bilder wirklich mögen würde?
Er trat hinter seinem Schreibtisch hervor und begrüßte mich mit breitem Lächeln. Und, Teufel, ja, er sah wirklich aus wie ein Mainzelmännchen! Breit, gedrungen, das Gesicht nicht ganz so rund, wie ich es in Erinnerung hatte, dafür viel unbekümmerter und harmloser. Das Haar länger und verstrubbelter.
»Komm, setz dich. Magst du Kaffee?«
»Gern, danke.« Ich nahm an dem runden Besprechungstisch Platz und legte meine Mappe ab.
»Warte einen Moment, ich hole ihn eben.« Er verschwand. Klaus hatte den Kaffee immer per Telefon bei einer Sekretärin geordert, das Mainzelmännchen holte ihn selbst. Das gefiel mir.
Ich sah mich in dem Büro um. Es hatte sich verändert. Klaus' Unordnung war nur noch eine gemütliche Erinnerung. Keine bunten Ablagekästen mehr, voll gerammt mit Papieren. Stattdessen eine lange Reihe weißer, sauber beschrifteter Ordner. Der riesige, verstaubte Gummibaum war verschwunden. An den Wänden hingen andere Bilder, wahrscheinlich hatte Klaus seine nichts sagenden Siebdrucke aus den siebziger Jahren mitgenommen. Das Mainzelmännchen hatte Vergrößerungen von Kinderbuchseiten aufgehängt, weiß gerahmt. Auch ein paar meiner Bilder.
Er kam mit einem Tablett zurück, beladen mit Tassen, Milch, Zucker, einer dickbauchigen, roten Thermoskanne und einer Schale Haribo-Konfekt.
Das Mainzelmännchen schenkte Kaffee ein, setzte sich und schob sich eine Lakritzschnecke in den Mund. »Na, dann zeig mal, was du mitgebracht hast. Ich bin ganz gespannt.«
Ich öffnete meine Mappe, breitete die Bilder auf dem Tisch aus. Sehr groß waren sie nicht, ich malte sie in dem Format, in dem sie später auch gedruckt wurden.
Das Mainzelmännchen betrachtete sie schweigend. Nur sein Lächeln wurde immer breiter. Schließlich stellte er seine Kaffeetasse ab und rieb sich die Hände. »Phantastisch! Das ist ja mehr, als wir geplant hatten!«
»Nun, ich war mir nicht ganz sicher. Ich wollte dir lieber eine Auswahl anbieten.«
»Aber das ist doch wunderbar! Wir nehmen sie alle!«
»Alle?«
»Na klar!« Seine Begeisterung klang echt. »Lass mal sehen, wie viele Bildseiten haben wir? Zwanzig?« Er begann zu zählen, breitete die Bilder auf dem Boden aus, ordnete sie. Er schien die Geschichte genau im Kopf zu haben, konnte auch die kleinen Illustrationen sofort richtig einordnen. Er zog den Text aus einem seiner Ordner und begann, die Seiten zu den Bildern zu legen, zerschnippelte sie, wenn es nötig war. Bald knieten wir beide auf dem Fußboden, schoben Bilder und Texte hin und her. Es machte Spaß, und wir waren uns schnell einig. Ein Bild blieb übrig. Wir konnten es beim besten Willen nicht unterbringen.
»Schade«, sagte das Mainzelmännchen. »Es ist viel zu schön, um es in einer Schublade verschwinden zu lassen.«
»Ich schenke es dir«, sagte ich, »für deine Wand.«
Später liefen wir durch den leichten Nieselregen, bis wir zu einer kleinen, unscheinbaren Pizzeria kamen, die Klaus nie in seinem Leben betreten hätte. Holger übrigens auch nicht. Ich fand sie Klasse! Ein fensterloser Raum, lediglich von ein paar funzeligen Wandlampen und Kerzen auf den Tischen beleuchtet. An den Wänden hingen Landschaftsgemälde, die sich mehr durch Größe denn durch Qualität auszeichneten. Aus einem Lautsprecher dudelte Adriano Celentano.
»Schön hier!« Ich strahlte das Mainzelmännchen an.
»Na, da bin ich aber froh. Ich hatte schon befürchtet, es sei dir vielleicht nicht schick genug.« Er lächelte
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