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Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Titel: Herr Bofrost, der Apotheker und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Neuffer
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einer Ecke stand ein Garderobenständer aus Edelstahl, an der Wand hing eine große Mondrian-Reproduktion.
    »Gib mir deinen Mantel«, sagte der Professor.
    Ich zog meinen Trenchcoat aus und reichte ihn ihm. »Darf ich?«, fragte ich und deutete auf die geöffnete Wohnzimmertür.
    »Aber bitte, geh nur durch.«
    Meine Güte, nun war Tante Otti aber wirklich tot! Nichts war von ihr geblieben! Ihr plüschiges, betuliches Wohnzimmer war durchgestyltem Minimalismus in Weiß und Schwarz gewichen blitzweiße Wände, schwarzer Teppichboden, weißes Ledersofa, schwarzer Glastisch. Als Farbklecks eine Bücherwand.
    »Magst du einen Tee?«, fragte der Professor.
    Ich folgte ihm in die Küche und blieb überrascht stehen. »Ist die auch neu?«
    Er grinste. »Nein, bloß lackiert. Und ich habe neue Griffe angebracht, das hat Wunder gewirkt.«
    In der Tat. Die ehemals dunklen, abgestoßenen Holzfronten glänzten lichtgrau, die neuen Griffe waren aus matt gebürstetem Edelstahl, es sah richtig schick aus. Ich setzte mich an den Tisch. Ebenfalls neu, stellte ich fest. Ein Glastisch auf einem Stahlgestell, dazu die Ameisenstühle von Arne Jacobsen. Edel, edel.
    Der Wasserkessel pfiff, und der Professor brühte den Tee auf Stellte zwei weiße Tassen auf ein Tablett. »Komm, wir trinken ihn im Wohnzimmer.«
    »Sieh mich nicht so entgeistert an, Lena«, lachte er, als wir auf dem breiten Ecksofa Platz genommen hatten. »Wenn du mich länger gekannt hättest, hättest du damals so geguckt, als wir uns zum ersten Mal begegnet sind. Da war ich nicht ich selbst, sondern eine bedauernswerte Scheidungsleiche. Ich weiß, ich habe mich furchtbar gehen lassen, aber damit ist jetzt Schluss. Back to normal again! Prost!«
    »Prost«, echote ich verdattert.
    Er lachte wieder. »Du scheinst schockiert zu sein. Hat dir der verwahrloste, schluffige Typ besser gefallen?«
    »Nein, nein. Natürlich nicht«, stammelte ich. Nur – der war mir schon gefährlich geworden. Was blühte mir jetzt? »Wo bist du so braun geworden?«
    »Ich war in Portugal. Ein Freund meines Vaters hat dort ein ehemaliges Weingut gekauft und die Stallungen zu Apartments ausgebaut. Sein Haus ist ein echter Geheimtipp. Es liegt hoch in den Bergen, fernab vom Touristenrummel, und ist ein wahres Paradies. Ein riesiger, in Terrassen angelegter Garten, in dem Orangen-, Mandarinen- und Zitronenbäume wachsen. Eine eigene Quelle. Wirklich, es ist wunderschön.«
    »Und da warst du jetzt?«
    »Ja, vier Wochen lang. Als ich ankam, war Heinz – so heißt der Gute – entsetzt. Er wusste zwar von meiner Scheidung, aber er hatte mich lange nicht gesehen. Und er hat mich verdammt auf den Pott gesetzt. Also, auf den Pott setzen, das hieß, dass wir nächtelang Wein trinkend in seinem Innenhof gesessen und gequatscht haben. Er hat mir ganz schön zugesetzt, aber jetzt geht es mir besser.« Er lehnte sich zurück und bot mir eine Zigarette an. Er nahm sich selbst auch eine. Seine Bewegungen waren ruhiger, längst nicht so fahrig, wie ich sie in Erinnerung hatte.
    »Und das Haus? Hast du das vorher oder hinterher renoviert?«
    »Hinterher. Als ich aus Portugal zurückkam, hat mich das ganze Chaos hier total angenervt, und ich habe ordentlich rangeklotzt. Ich habe mir ein paar Studenten organisiert, die haben komplett entrümpelt. Und ...«
    »Wie? Du hast deine Studenten deinen ganzen Mist wegschaffen lassen?«, unterbrach ich ihn empört.
    »Quatsch! Wofür hältst du mich? Für einen mittelalterlichen Patriarchen? Ich bin ganz normal zur studentischen Jobvermittlung gegangen und habe sie reell bezahlt.«
    »Na gut, das ist okay«, sagte ich. »Ich dachte schon ...« Ich dachte schon, alle Männer seien mittelalterliche Patriarchen, aber anscheinend hatte sich meine Sichtweise in den letzten Wochen zu sehr auf ein Exemplar dieser Spezies verengt.
    »Den Rest habe ich dann allerdings lieber von Profis machen lassen. Ich habe keine Lust, mich jahrelang über schlecht geklebte Tapeten oder überflüssige Nahtstellen im Teppichboden zu ärgern. Was handwerkliche Tätigkeiten angeht, taugen Studenten mehr fürs Grobe – genau wie ich.« Er lächelte ironisch. Vollkommen gelassen, eins mit sich und der Welt.
    Ob ich ihn mal nach dieser Adresse in Portugal fragen sollte? Vielleicht täte Holger und mir ein Urlaub dort auch gut.
    »Und was war mit Johnson?«, erkundigte ich mich.
    »Die Auktionen laufen ab nächster Woche. Ich bin gespannt! Aber nach allem, was er sagt, müsste es ganz schön was

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