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Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Titel: Herr Bofrost, der Apotheker und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Neuffer
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Wochenende zusammen zu einer Fortbildung nach Leipzig.«
    »Na, toll. Und worum geht's diesmal? Wandernde Eierstöcke?«
    Laura blickte vorwurfsvoll auf. »Diagnose und Therapie weiblicher Harninkontinenz«, erklärte sie gewichtig.
    Igitt! »Und damit versaut ihr euch das ganze Wochenende?«
    Laura lachte. Ein wenig zu schrill. »Quatsch! Lukas hat ein schnuckeliges, kleines Hotel außerhalb von Leipzig gebucht, da laufen uns bestimmt keine Kollegen über den Weg. Da bleibt uns noch genug Zeit für anderes.«
    Geklaute Zeit, dachte ich, und mir fiel ein, was Max gesagt hatte. Bindungsängste. Hatte er Recht? Wenn ich Lauras Liebesleben Revue passieren ließ, sprach einiges dafür. Irgendwie hatte sie sich immer Scheißtypen ausgesucht.
    »Sag mal«, begann ich vorsichtig, »wenn Lukas' Frau plötzlich abhauen würde und er frei wäre, wäre dann alles gut?«
    Laura setzte ihre Teetasse ab und sah mich verständnislos an. »Lena, das wäre der Himmel! – Aber sie tut es ja nicht.«
    »Aber wenn sie es täte? Würdest du ihn dann heiraten?«
    »Sofort! Ich liebe ihn! Ich langweile mich nie mit ihm. Wir haben so viel, was uns verbindet. Der Beruf und ...« Sie zögerte.
    »Weibliche Harninkontinenz?«, half ich.
    Laura lachte. »Wir mögen dieselben Dinge, Reisen und Einkaufen und ... und eben unseren Beruf«
    »Hmhm.« Ich nickte vage. Eine tolle Basis, echt! Schicke Hotels, mondäne Einkaufsmeilen und deformierte Eierstöcke allein konnten es nicht sein, wenn es um die Beziehung fürs Leben ging, oder? Nicht bei Laura. So war sie nicht.
    * * *
    Auf der Rückfahrt wurde mir klar, dass mich in Hameln nichts anderes erwartete als mein Zeichentisch und Holger. Mann, war ich plötzlich wieder heilig! Der Professor weg, und bei Steffen hatte ich jetzt garantiert so verschissen, dass mein Posteingang rein bleiben würde wie eine frisch gewaschene Altardecke. Na ja, aber mein Gewissen wenigstens auch, das war doch was.
    Also stürzte ich mich auf den neuen Bilderbuchtext, den das Mainzelmännchen mir gemailt hatte, und versuchte mich an ersten Skizzen. Es machte Spaß. Um jedoch neuen Verdächtigungen vorzubeugen und auch in der Hoffnung, zum alten Eheglück zurückzufinden, ließ ich abends pünktlich um halb sieben die Stifte fallen. Ich schlug vor, mal wieder ins Theater zu gehen oder übers Wochenende wegzufahren. Doch Holger fand, das Wetter sei – nun endlich – viel zu schön, um sich abends in einen dunklen Zuschauerraum zu hocken, wo sowieso alle immer nur husteten, und schlug vor, am Freitagabend zu grillen. Und, wie er mir beiläufig mitteilte, am Samstag hatte er Wochenenddienst in der Apotheke. – Willkommen, heilige Langeweile!
    Es verstand sich von selbst, dass zu dem ersten Grill-Event der Saison nur Very Important Persons geladen wurden, nicht irgendwelche dahergelaufenen Bekannten. Ich seufzte und fand, dass sich der Unterhaltungswert der lieben Familie in der letzten Zeit etwas abgenutzt hatte.
    Holger jedoch war ganz in seinem Element. Mit Schürze, überdimensionaler Holzzange und gewichtiger Miene stand er am Grill, stocherte in der Holzkohle und wendete das Fleisch, das ich nach seinen dezidierten Anweisungen besorgt hatte. Ich schleppte Salate und Saucen heran – eine Gemeinschaftsproduktion der Herren Kühne, Kraft und Bofrost.
    »Irgendjemand müsste mal wieder nach dem Haus gucken«, bemerkte Papa Spenger, als er das erste Stück Lammfilet anschnitt. Er meinte natürlich das Haus im Schwarzwald, und mir schwante Schlimmes. »Die Heizung muss gewartet werden, und ich wollte neue Fensterläden anbauen lassen. Die alten sind ziemlich marode.«
    »Also, ich kann in der nächsten Zeit auf keinen Fall«, erklärte Kerstin sofort. »Ich würde ja gern fahren, aber nicht vor den Sommerferien, und das ist euch ja sicher zu spät, oder?«
    Scheinheilige Kuh. Natürlich wusste sie, dass die Sommerferien zu spät waren. Und sie wäre keineswegs gern gefahren. Seit sie sich von dem armen Arsch getrennt hatte, war sie überhaupt nie mehr dort gewesen. Was ich ihr nicht verdenken konnte. Ich träumte von Ägypten oder meinetwegen auch Griechenland. Oder ... egal, es lohnte sich nicht, darüber nachzudenken, wir würden sowieso im Schwarzwald landen.
    »Lenchen und ich fahren«, sagte Holger auch prompt. Er legte seiner Mama ein perfekt gebräuntes Putenschnitzel vor und knallte seiner Schwester eine halb verkokelte Bratwurst auf den Teller.
    »Iiihh! Das esse ich nicht! Ich will auch ein Putenschnitzel!«

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