Herr Bofrost, der Apotheker und ich
dich am Dammtor ab!«
Was Laura darauf erwiderte, ging im Lärm des einfahrenden Zuges unter. Es war auch egal. Ich wusste, dass sie sich freute.
Genau wie ich. Das war doch mal was! Vielleicht endlich das Ende dieser unseligen Beziehung. Auf jeden Fall aber erst einmal ein wunderbarer Grund, hier alles stehen und liegen zu lassen. Laura brauchte mich! Sie steckte in einer megaschweren Krise, und ich war die Einzige, die sie retten konnte!
Holger teilte meine Begeisterung nicht. Er hackte seinen Spaten treffsicher in einen unschuldigen Margeritenstrauch. »Wenn du wegen dieser Bagatelle jetzt nach Hamburg fährst, empfinde ich das als persönlichen Affront!«, blaffte er.
Mannomann! Jetzt war ich aber beeindruckt! »Es ist keine Bagatelle«, blaffte ich zurück. »Wenn Laura ein Wochenende mit Lukas abbricht, ist das dramatisch !«
»Dramatisch! Dass ich nicht lache! Sie wird schon darüber hinwegkommen, auch ohne deine Hilfe.«
»Nein, ich muss jetzt zu ihr. Sie ist meine beste Freundin! Und ihr geht's Scheiße!«
»Na und? Das hat sie sich schließlich selber eingebrockt.« Holger! Der Unfehlbare!
»Ich fahre!«, schnauzte ich. »Diesmal hältst du mich nicht auf!«
»Bitte! Tu, was du nicht lassen kannst. Aber erwarte nicht, dass ich das gutheiße.«
»Nein, mein Führer. Äh ... ich meine, ja, mein Führer!«
»Helena, lass das, ja?! – Und wann gedenkst du zurückzukommen?«
»Weiß ich nicht! Ist doch wohl auch egal, oder? Wenn ich sowieso schon in Ungnade gefallen bin!«
»Helena, nun werde bitte nicht albern. Ich habe dir eine ganz normale Frage gestellt.«
»Und ich habe dir eine ganz normale Antwort gegeben. Ich weiß es nicht! Ich bleibe so lange, wie Laura mich braucht. Und sie braucht mich auf jeden Fall nötiger als du. Sie will nämlich mit mir reden!«
»Also, dann fahr in Gottes Namen. Du scheinst dich ja wirklich in einem Ausnahmezustand zu befinden. Am besten kommst du erst wieder, wenn sich die Hysterie gelegt hat.«
»Das kann dauern!«, brüllte ich hysterisch und stapfte zurück ins Haus, um meine Sachen zu packen.
* * *
Laura sah schlimm aus. Ihr Haar zerzaust, ihr Gesicht noch bleicher als sonst – selbst die Sommersprossen schienen blass vor Kummer –, die Augen gerötet. Ich stürzte auf sie zu, fing sie auf. Ich stand ganz fest und erschrak, als ich sie in den Armen hielt. Wie zart sie war, wie spitz die Schulterblätter unter meinen Händen. »Laura. Liebstes Lauralein.« Ich drückte sie mit aller Kraft an mich.
Sie ließ es einen Moment geschehen, schob mich dann von sich weg. »Hey, das reicht! Aber toll, dass du da bist!« Sie nahm ihre Tasche. »Ich muss unbedingt unter die Dusche. Diesen Kerl abwaschen!«
Im Auto begann ich, sie zu löchern. »Was war denn? Nun erzähl schon!«
Laura schüttelte grimmig den Kopf Grinste plötzlich. »Die Geschichte ist einfach zu gut, um sie zwischen Tür und Angel zu verschwenden. Da erwarte ich deine volle Konzentration.«
Schließlich saßen wir uns auf den kleinen, hellgrünen Samtsofas gegenüber. Laura sah aus wie ein frisch gebadetes Baby, rosig und glatt. Ihr Haar kringelte sich feucht um das ungeschminkte Gesicht, ihre Augen leuchteten wie blank geputzte, grüne Murmeln. Und sie duftete nach Kenzo – wesentlich eleganter als ein frisch gebadetes Baby.
»So, nun aber!« Ich zog die Füße unter den Po und nippte an meinem Tee.
»Also ...«, Laura ruckelte sich bequem zurecht und sah mich bedeutungsvoll an. »Wir lagen heute Morgen im Bett, als ...«
»Nee, halt! Von vorne!« Ich wollte alles hören. »Fang gestern an. Als ihr angekommen seid.«
Laura blickte dankbar auf. Das gefiel ihr natürlich auch viel besser. »Also. Lukas hat mich gestern Vormittag hier abgeholt. Die Autobahn war total voll, Freitag eben. Aber das machte nichts, wir konnten mit offenem Verdeck fahren. Weißt du, so ein Cabrio hat schon was, vielleicht leiste ich mir das auch mal irgendwann. Aber keinen Mercedes, eher einen Beetle oder ...«
»Lenk nicht ab!«
»Na gut, ist auch nicht so wichtig. Jedenfalls kamen wir gerade noch pünktlich zu dem Nachmittagsseminar.«
»Und dann habt ihr euch einen Vortrag über weibliche Harninkontinenz angehört. Muss ja irre romantisch gewesen sein!«
»Ach, das war ganz interessant. Es ging um die verschiedenen Diagnosemöglichkeiten. Ich wusste zum Beispiel noch nicht, dass ...«
»Das kannste weglassen! Und danach?«
»Danach haben wir uns ganz schnell verdrückt.«
»Und habt eine wahnsinnig
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