Herr Bofrost, der Apotheker und ich
die Flasche Prosecco hinter dem Klo hervor und schenkte uns nach. »Wir haben seit Monaten darauf gewartet.«
»Wer – ›wir‹?«, fragte ich perplex.
»Na, wir alle! Katharina und Nina und ich. Es war doch klar, dass das schiefgehen musste.«
»Ach ja?« Ich war verstimmt. »Und warum?«
»Weil es einfach nicht zu dir passt, dass du dich für den Rest deines Lebens in einer verschlafenen Kleinstadt vergräbst und dich da unter die ehrwürdigen Größen der Gesellschaft mischst. Und die Familie Spenger – na ja.« Laura versenkte die arrogant gekräuselte Nase in ihrem Glas.
»Mama Spenger ist sehr lieb«, sagte ich beleidigt.
»Ja, das mag ja sein. Und wahrscheinlich hast du diesen Ausflug in die bürgerliche Spießigkeit auch gebraucht, aber jetzt bist du ja wohl kuriert.«
Hm. So sahen sie das. Hatten das wahrscheinlich nächtelang durchgehechelt, mit überlegenem Durchblick und toleranter Nachsicht. Klein Lenchen muss ein bisschen Familienleben nachholen, na gut, warten wir ab, bis sie ihren Bedarf endlich gedeckt hat und zur Vernunft kommt.
»Wenn Holger nicht so blöd wäre, wäre das alles gar nicht so schlecht gewesen«, sagte ich. Die sollten sich mal nicht auf so ein hohes Ross setzen! Katharina und Nina lebten schließlich in genau der kleinstädtischen Beschaulichkeit, die sie bei mir so verurteilten, und Laura in ihrer mondänen Großstadt war in Sachen Glück ja nun nicht gerade ein leuchtendes Vorbild.
»Lenchen!« Laura setzte sich neben mich auf den Badewannenrand und legte den Arm um mich. »Nun sei nicht beleidigt. Wir haben uns doch nur Sorgen um dich gemacht. Und glaub nicht, dass ich nicht wüsste, wie ihr euch über mich das Maul zerrissen habt, wenn ich nicht dabei war. Ich weiß doch, dass ich auch Mist gebaut habe.«
Ich lehnte meinen Kopf an ihren und legte die Arme um sie. »Genau. Hast du auch!« Wir kicherten.
Ich löste mich als Erste. »Ich mache mich jetzt fertig. Und dann essen wir erst einmal etwas Anständiges!«
Im ›Casa Mia‹ stürzten wir uns auf das Pizzabrot, das fast so gut war wie das in Max' kleiner Pizzeria. Ich stippte es tief in die Knoblauchcreme und salzte es kräftig. Das tat gut nach einer ganzen Flasche Prosecco auf nüchternen Magen, und auch wenn klar war, dass ich mir heute Abend einen antüddeln würde, so schnell musste es ja nicht gehen.
»Und was willst du nun machen?«, fragte Laura.
Ich rauchte genüsslich eine Zigarette. »Na, als Erstes suche ich mir eine Wohnung«, sagte ich.
»Hier?«, fragte Laura hoffnungsvoll.
»Fürs Erste. Eigentlich hätte ich Lust, aufs Land zu ziehen. Schon wegen Ching Li. Sie wieder in eine Stadtwohnung zu sperren gefällt mir gar nicht.«
»Aber du kannst doch die Entscheidung, wo du wohnen willst, nicht von einer Katze abhängig machen!« Laura lehnte sich zurück, weil die Vorspeisen serviert wurden.
»Ich weiß! Allerdings will ich auf Dauer wirklich nicht in die Stadt. Ich möchte unheimlich gern einen Garten haben, meinen Garten. Aber vielleicht sollte ich nicht alles auf einmal angehen.«
»Nee, das mach mal nicht! Komm mal erst nach Hamburg. Aber hierher, in unsere Ecke.«
»Wohin denn sonst? Ich will auf jeden Fall in Fußnähe zu dir wohnen!«
»Und bis du etwas gefunden hast, wohnst du bei mir.«
Ich legte meine Gabel zur Seite und griff nach Lauras Hand. »Danke, das wäre toll«, sagte ich. »Es wäre auch bestimmt nicht für lange. Ich finde sicher schnell etwas.«
»Hier?« Laura hob die Augenbrauen.
»Hier!«, bestätigte ich, spießte ein paar kleine Tintenfischringe auf, beträufelte sie mit Knoblauchsauce und ließ sie auf der Zunge zergehen. Himmlisch! Von nun an konnte ich jeden Tag so viel Knoblauch fressen, wie ich wollte! Und ich brauchte nie wieder zu kochen, wenn ich nicht wollte! Ich konnte mir auf Flohmärkten alte Kerzenständer zusammenkaufen und klimpernde Prismenvorhänge vor meine Fenster hängen, und Columbo konnte von mir aus fünfmal in der Woche ermitteln, er würde es jedenfalls nicht in meinem Wohnzimmer tun!
»Ach, Laura«, seufzte ich, »wir gehen herrlichen Zeiten entgegen! Es wird wieder wie früher – wir zwei gegen den Rest der Welt!«
Laura sah mich zweifelnd an. »Lenchen, wir sind keine zwanzig mehr! In unserem Alter wird das eher ›Sex and the City‹. Und ob ich darauf so scharf bin ... ich weiß nicht.«
»Ich dachte, wir waren uns einig, dass Sex sowieso überbewertet wird«, sagte ich überrascht. »Nee, nee, bei uns wird das eher so
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