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Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Titel: Herr Bofrost, der Apotheker und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Neuffer
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diesem Moment sprang Ching Li auf meinen Schoß, stellte die Vorderpfoten auf den Tisch und schnupperte an meinem Frühstücksei. Ich steckte den Finger in das flüssige Eigelb und ließ sie schlecken. Plötzlich fand ich die Idee, hier zu bleiben, ganz toll.
    »Und ich fahre zu Max, nicht nach Hause«, sagte Laura. Was Holger in all den Jahren nicht geschafft hatte, jetzt war es ihm gelungen: Laura hatte Respekt vor ihm!
    * * *
    Rotenburg tat mir gut. Ich ließ mich fallen. Die schnurrende Ching Li auf dem Bauch, baumelte ich stundenlang in der Hängematte, atmete Sonne und die Düfte des Gartens, trank seine Farben, freute mich an seiner verschlungenen Fülle. Keine Tagetes. Keine gestutzten Hecken. Und abends weder verkohlte Grillwürste noch ein zerstreuter Columbo, der über die Mattscheibe taperte.
    Stattdessen ein flackerndes Windlicht auf dem Terrassentisch und Ninas behutsame Fragen, die mich klarer sehen ließen, als ich es seit Wochen, Monaten – Jahren? – gewagt hatte. Nachts schlief ich wie ein Stein.
    Alles war friedlich. Bis ich eines Morgens plötzlich senkrecht im Bett saß und es endlich begriff: Ich war frei! – Und: In meinem Leben gab es wieder unzählige Möglichkeiten.
    Auch. Die. Eine.
    Mein Herz raste. O
    O Gott! Wenn ich jetzt doch noch einen Herzinfarkt kriegte! Das wäre ja schrecklich! So nah am Ziel!
    – So nah am Ziel?
    Meine Herzfrequenz sank schlagartig und reduzierte sich auf ein lahmes Pumpern. Was sollte ich denn tun? Anrufen? »... Äh ... ja, hallo, ich bin's. Wie geht's denn so? ... Ach, übrigens, ich habe mich von meinem Mann getrennt ...«
    Blöd, oder?
    Oder mailen? »Liebster Steffen, der Engel stürzt nicht mehr ... Er könnte sogar im Himmel ankommen – zusammen mit dir?«
    Superblöd, oder?
    Überhaupt, ich konnte mich doch nicht so plump aufdrängen! Wir hatten seit Ewigkeiten nichts voneinander gehört. Vielleicht erinnerte er sich gar nicht mehr an mich. Vielleicht war es ihm total unangenehm, wenn ich mich meldete, weil er nach meinem blöden Abgang aus dem ›Casa Mia‹ die Schnauze gestrichen voll von mir hatte. Vielleicht hatte er inzwischen längst eine andere gefunden. Vielleicht – und das war bei meinem Talent für perfektes Timing ja nicht ausgeschlossen – hatte er gerade geheiratet! O Gott, wie furchtbar! Aber bestimmt war es so, ganz sicher! Er hatte garantiert wieder eine Freundin, ein Mann wie Steffen Ander lief doch nicht monatelang allein durch die Welt! Dem hefteten sich doch sämtliche Frauen an die Fersen, bis ihn sich schließlich eine krallte! Und da wollte ich mithalten? Ich? Nachdem ich erst mit ihm rumgespielt und ihn dann in die Pampa geschickt hatte? Da sollte er mich noch wollen? Mich? Wackel-Lena?
    Ich fiel zurück auf mein Kopfkissen und blickte in das leere Alpinaweiß der Decke. In meinem Leben gab es unzählige Möglichkeiten – minus eine. Das war schließlich immer noch ganz schön viel, oder?
    Ching Li sprang auf mein Bett und stupste ihr Näschen an meine Schulter.
    Sie hatte Recht, der Tag war viel zu schön, um einem Kerl hinterherzujammern. Heute würde ich endlich wieder anfangen zu malen! Und abends wollte Laura kommen! Wozu brauchte ich einen Mann? Mein Leben war zum Bersten gefüllt!
    * * *

»Du denkst an ihn, stimmt's?«, fragte Laura, als wir in der Abenddämmerung auf der Terrasse saßen. Katharina und Nina waren bei Freunden.
    Ich nahm eine der Garnelen von der abgegessenen Fischplatte, die Laura mitgebracht hatte, und tauchte sie in die Kräutermayonnaise. »Na ja, klar. So einfach hakt man eine Ehe schließlich nicht ab.« Auch ich hatte kein Problem damit, mich einmal dümmer zu stellen, als ich war.
    Laura rollte mit den Augen. »Ich meine Steffen, nicht Holger!«
    »Steffen?« Als hätte ich diesen Namen nie gehört.
    »Lena!« Lauras Augen kullerten wie Murmeln. »Hör mal, ich bin deine beste Freundin! Wenn du mit mir nicht darüber redest, mit wem denn sonst?«
    Letzter Versuch. »Worüber?«
    »Lena, mach mich nicht wahnsinnig! Über Steffen natürlich! Schließlich hast du doch Holger seinetwegen verlassen. Du hast dich doch total in Steffen verknallt!«
    Ich gab auf. »Ja, stimmt. – Aber ich habe Holger nicht verlassen, weil ich mich in Steffen verliebt habe, das ist Quatsch. Zuerst habe ich das auch gedacht, und ich hatte ein schrecklich schlechtes Gewissen. Aber nachdem diese Geschichte mit dem Professor passiert ist, bin ich ziemlich ins Grübeln gekommen.
    Und ich habe begriffen, dass ich

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