Herr Bofrost, der Apotheker und ich
einmal wieder zum Friseur und ließ meine Haare gerade so kurz schneiden, dass sie sich wieder von selbst lockten. Am nächsten Morgen stylte ich endlos an mir herum, bis ich mich perfekt fand. Nicht aufgebrezelt – Gott bewahre! –, nein, einfach nur natürlich schön. Ching Li hockte auf dem Badewannenrand und sah mir gelangweilt zu. Blöde Katze! Sie war immer schön. Ohne Anstrengung.
Es war ein trüber Tag, grau und verregnet. »Ihr werdet die Aufnahmen im Wohnzimmer machen müssen«, sagte Nina.
»Schade. Im Garten wäre es viel schöner gewesen. Und einfacher. Bestimmt braucht er ewig, bis er den Raum ausgeleuchtet hat.«
Sie drückte mir ein tröstendes Abschiedsküsschen auf die Wange und verschwand. Sie und Katharina wollten heute nach Hamburg, um Einkäufe zu machen.
Ich spielte Bällchen mit Ching Li, um sie bei Laune zu halten. Wenn sie sich müde gespielt hatte, kuschelte sie besonders gern, und das war für die Fotos ja wohl angesagt.
Pünktlich um zwölf klingelte es. Ich warf einen letzten Blick in den Spiegel, fand nichts auszusetzen und öffnete die Tür. »Hi«, sagte Max, »du siehst toll aus!«
»Danke.« Ich spähte über seine Schulter. »Wo ist der Fotograf?«
»Kommt gleich. Er packt schon mal aus. Darf ich reinkommen?«
»Entschuldige, klar!« Ich ließ die Haustür offen stehen und führte ihn ins Wohnzimmer. »Kann ich dir einen Kaffee anbieten?«
»Nee, danke. Ich muss sofort wieder los. Mein Terminplan hat sich geändert. Ich bin nur gekommen, um euch bekannt zu machen, aber dann kann ich sowieso nicht mehr helfen.«
»Ach, Max, die Mühe hättest du dir doch sparen kö...« Der Rest des Satzes blieb mir im Halse stecken, als der Fotograf das Zimmer betrat. Steffen!
Steffen?
Ich starrte Max an. Fassungslos.
Der grinste. Gewissenlos.
Steffen lud die Blitzlampen ab, die er hereingeschleppt hatte, und stapfte, ohne mich eines Blickes zu würdigen, wieder hinaus. Nett! Wirklich! Da traf er mich nach langer Trennung wieder – mich! seine schöne Helena ! – und begrüßte mich nicht einmal?!
Ich konnte es nicht glauben! Meinen Frust ließ ich an Max aus, der wenigstens mit mir sprach. »Sag mal, was soll das denn?!«
Er feixte. »Heinz Mühlmann war leider unpässlich. Da habe ich einen Ersatz besorgt.«
»Das kann nicht wahr sein! Max, du bist ein ... ein intriganter Scheißkerl, weißt du das?«
Max' Gesicht war inzwischen breiter als lang. Und widerlich fröhlich. »Das muss am Einfluss meiner Freundin liegen, Lena, sonst bin ich nicht so«, erklärte er unbekümmert.
Bevor ich ihm mitteilen konnte, was ich von seiner Freundin hielt, polterte Steffen, beladen mit Stativen und Kamerakoffer, wieder herein. Wieder sah er mich nicht an, sein Ausdruck war unergründlich. Hatte Max ihn ebenso gelinkt wie mich? Oder war er Mitspieler in diesem Komplott?
Max rieb sich die Hände und grinste. »Also, ich gehe dann mal. Ihr kommt ja wohl ohne mich klar.«
»Na, sicher! Prächtig!«, sagte ich.
Steffen nickte Max grimmig zu und sagte nichts.
Ich sah Max nach, als er aus dem Zimmer stiefelte. Und dann war ich mit Steffen allein. Er fummelte an einem Stativ herum, und ich fand, es wirkte eher nervös als professionell.
Was war er – Täter oder Opfer? Egal. So wie er sich benahm, war er auf jeden Fall – Feind.
Nun gut. Er sollte bloß nicht auf die Idee kommen, dass ich mich freute, ihn zu sehen. Dann glaubte er womöglich, ich hätte dieses Treffen arrangiert. Wie peinlich! – Nein, hier war Angriff die beste Verteidigung.
»Kannst du mir mal erklären, was das Ganze soll?«, bollerte ich. »Du hast doch gewusst, wohin diese Fotoreise geht!«
Steffen kämpfte verbissen mit einer Schraube an seinem Stativ. »Leider nein! Ich habe erst kurz vor Rotenburg kapiert, was hier abgeht, sonst hätte ich diesen Auftrag nie angenommen. Ihr habt das geschickt eingefädelt, Max und du!«
Voilà! Ich hatte es gewusst! Er nahm glatt an, ich hätte es nötig, ihn auf so unwürdige Weise zu manipulieren. Was hielt er eigentlich von mir? – Und was sollte das heißen, dann hätte er diesen Auftrag nie angenommen? Mochte er mich nicht mehr? Kein kleines bisschen mehr? – Das war ja schrecklich. Und oberpeinlich!
»Ich habe überhaupt nichts eingefädelt! Max hat mich genauso ausgetrickst wie dich!« Konnten wir uns nicht solidarisieren, so von Opfer zu Opfer?
»Und das soll ich dir glauben?«
So viel zur Solidarität. Besser, ich legte noch einmal nach. Sollte er mich ruhig für
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