Herr Bofrost, der Apotheker und ich
entgegen, als Laura anrief
»Lena, stimmt das? Bist du wirklich wieder okay?«
»Natürlich bin ich okay. Mann, Laura, ich hatte eine Grippe, keine Bypassoperation!«
Laura lachte nervös. »Bist du sauer auf mich?«
»Warum sollte ich?«, fragte ich bissig. »Weil du mal wieder Schicksal spielen wolltest?«
Pause. »Na ja ...« Lauras Verlegenheit triefte durch die Leitung.
Ich schwieg. Sollte sie doch leiden, geschah ihr recht!
»Lena, ich ... ich hab gedacht ...«
So viel dachte sie wohl nicht, sonst wäre sie ja wohl in der Lage, sich zu artikulieren, anstatt blöd herumzustottern. Ich wartete.
»Lena, können wir nicht in Ruhe über alles reden? Möchtest du nicht herkommen? Max und ich kochen auch etwas Schönes für dich!«
Na, die hatten aber wirklich ein schlechtes Gewissen! »Meinetwegen«, sagte ich großzügig, »aber wir werden nicht über Steffen reden, wenn du das erwartest.«
»Aber ...«
»Nix aber! Ihr habt da echt Scheiße gebaut, und ihr könnt froh sein, wenn ich das Tuch des Schweigens über die Sache breite«, erklärte ich hoheitsvoll.
»Aber ...«
»Was aber? Willst du Krach?«
»Nein, aber ...«
»Na also! Dann lass es, kapiert?!«
Laura kapierte. Sie hörte auf herumzulabern und fragte kleinlaut: »Ist es okay, wenn Max auch kommt?«
»Warum sollte das nicht okay sein?«, fragte ich – blöder, als ich war.
Laura druckste. »Na ja, weil ...«
»Laura«, unterbrach ich sie energisch, »damit, dass ihr beide zwei hinterhältige Intriganten seid, müsst ihr ganz alleine fertig werden. Glaub ja nicht, dass ich euch bei der Aufarbeitung helfe!«
»Ja, aber wir müssen doch ...«
»Darüber reden? – Vergiss es! Entweder wir treffen uns zu einem gemütlichen Essen, oder wir lassen es. Ich habe keine Lust, mir den Abend damit zu versauen, euch zu erzählen, was ich von dieser Aktion halte. Das könnt ihr euch auch ohne meine tätige Mithilfe denken, schätze ich.«
»Ja, das schon, aber ...«
»Na also! Und wenn du denkst, ich erzähle euch, was passiert ist, dann bist du schief gewickelt. Aug' um Aug' – verstehst du?«
»Ach, Mann.« Sie klang schwer enttäuscht.
Gut! Genau das hatte ich mir ausgerechnet. Konsequent darüber zu schweigen, was sich zwischen Steffen und mir abgespielt hatte, war die geniale Rache. Viel besser, als Laura erst anzukacken und ihr hinterher doch alles zu erzählen. So würde sie echt leiden. Ha!
* * *
Doch bevor ich fuhr, hatte ich noch etwas anderes zu tun. Sowie Nina nach Hamburg aufgebrochen war, wo sie sich mal wieder mit einem ihrer zahlreichen Bekannten verabredet hatte, richtete ich mich auf der Terrasse ein. Ich legte mir Klemmbrett, Papier und Bleistift zurecht, kochte mir einen Tee, öffnete eine Packung Kekse und eine Schachtel Zigaretten. Wenn ich schon allen Stolz fahren ließ, wollte ich es mir dabei wenigstens gut gehen lassen.
Und dann setzte ich mich endlich hin. Ich trank Tee, fraß Kekse und rauchte. Und zwischendurch schrieb ich, strich wieder durch, setzte neu an, trank Tee, fraß Kekse, rauchte, schrieb, strich durch und sah zu, wie die Sonne um den Kirschbaum kroch und einen ersten Strahl in den Gartenteich schickte.
Die Schokolade auf den letzten Keksen war längst geschmolzen, als ich endlich fertig war. Ich hievte mich mit steifen Gliedern aus dem Stuhl und räumte auf. Ich pinkelte und wusch mir die Hände, legte mir Ninas schönstes Schreibpapier auf dem Tisch im Wohnzimmer zurecht und fütterte ihren dicken Montblanc mit dunkelblauer Tinte. Mit geradem Rücken, die linke Hand auf dem Löschblatt, wie ich es einmal gelernt hatte, begann ich, meinen Brief in allerschönster Schönschrift ins Reine zu schreiben:
Lieber Steffen,
ich möchte mich bei dir entschuldigen.
Du hattest Recht – ich war schwierig. Zickig, ungehobelt und unberechenbar. Es tut mir Leid, dass ich dir damit wehgetan habe, aber glaub mir, ich selbst war auch nicht glücklich.
Denn – jetzt hole ich tief Luft und sage es einfach:
Ich liebe dich.
Ich liebe dich, seit ich in jener verzauberten Januarnacht die grünen Pünktchen in deinen Augen entdeckt habe. Seither umtanzen sie mich. Wie Glückslichter, dachte ich in jener Nacht. Wie Irrlichter, dachte ich in den Tagen und Nächten danach, als ich sie immer noch vor mir sah und mein Leben immer schwieriger wurde. Wie Positionslichter, die mir den Weg weisen sollten, weiß ich heute.
Bitte, versteh, dass ich das nichtgleich verstanden habe. Dass ich so viel Zeitgebraucht habe. Doch, weißt
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