Herr der Daemmerung
und klarsichtiger machte.
In Hughs Fall auch sanfter. Trotz des Angriffs auf seine Familie hatte er, als er aus dem Krankenhaus entlassen worden war, als erstes versucht, einige Geschöpfe der Nachtwelt zu finden. Er wusste, dass sie nicht alle schlecht waren. Er wusste, dass einige von ihnen ihm helfen würden, die Werwölfe an weiteren Angriffen zu hindern.
Glücklicherweise gehörten die ersten, die er fand, zum Zirkel der Morgendämmerung.
Zirkel waren eigentlich Hexenorganisationen, aber der Zirkel der Morgendämmerung stand auch Menschen, Vampiren, Gestaltwandlern und Werwölfen offen. Er war gleichsam eine Untergrundgesellschaft innerhalb der Nachtwelt und ebenso geheim, wie die Nachtwelt innerhalb der menschlichen Welt geheim war. Der Zirkel verstieß gegen die grundlegendsten Dogmen des Gesetzes der Nachtwelt: dass Menschen nichts von der Nachtwelt erfahren durften und das Nachtleute sich nicht in Menschen verlieben durften. Der Zirkel der Morgendämmerung kämpfte darum, alle zu vereinen, dem Morden Einhalt zu gebieten und Frieden zwischen den Rassen gedeihen zu lassen.
Jez wünschte ihnen viel Glück.
Ihr wurde plötzlich bewusst, dass Hugh stehen geblieben war und sie ansah. Sie blinzelte und konzentrierte sich wieder, wütend darauf, dass sie für einen Moment geistesabwesend gewesen war. Als Jägerin - egal ob von Vampiren oder irgendetwas anderem - blieb man immer wachsam, oder man war tot.
»Du warst meilenweit weg«, sagte Hugh leise. Seine grauen Augen blickten ruhig, aber so intensiv wie immer. Der Blick, den Alte Seelen bekommen, wenn sie in einem lesen, dachte Jez.
Laut sagte sie: »Entschuldige. Ähm, willst du etwas Eis für die Beule?«
»Nein, sie gefällt mir. Ich denke darüber nach, mir auf der anderen Seite ebenfalls eine zuzulegen, damit sie zueinander passen.« Er setzte sich aufs Bett und wurde wieder ernst. »Wirklich, ich muss dir einiges erklären, und es wird eine Weile dauern.«
Jez setzte sich nicht. »Hugh, ich denke, du brauchst Eis. Und ich muss duschen, oder meine Tante wird Verdacht schöpfen und sich fragen, was ich so lange hier drin mache. Außerdem treibt mich der Geruch in den Wahnsinn.« Obwohl sie ihre Vampirkräfte nicht benutzen konnte, ohne dass sie von dem Verlangen nach Blut begleitet wurden, waren ihre Sinne immer noch viel schärfer als die eines Menschen.
»Eau de Ghoul? Ich habe gerade angefangen, den Geruch zu mögen.« Hugh nickte ihr zu und wechselte von sanftem Humor zu sanftem Ernst. »Du musst tun, was deiner Tarnung hier nützt. Ich sollte nicht so ungeduldig sein.«
Jez nahm die schnellste Dusche ihres Lebens, dann zog sie saubere Kleider an, die sie ins Badezimmer mitgenommen hatte. Als sie mit einem Glas Eis aus der Küche und einem Waschlappen zurückkehrte, sah sie, dass Claires Zimmertür einen Spaltbreit offenstand und Claire sie misstrauisch beobachtete.
Jez prostete ihr mit dem Glas spöttisch zu und schlüpfte in ihr eigenes Zimmer.
»Hier.« Sie machte ein Eispäckchen und reichte es Hugh. Er nahm es brav entgegen. »Also, was gibt es so Dringendes? Und wie kommt es, dass du bei Ghoulen plötzlich so beliebt bist?«
Statt zu antworten, schaute Hugh ins Leere. Er wappnete sich für irgendetwas. Schließlich ließ er das Eispäckchen sinken und sah sie direkt an.
»Du weißt, dass ich dich gern habe. Wenn dir irgendetwas zustieße, wüsste ich nicht, was ich tun soll. Und wenn dir meinetwegen etwas zustieße ...« Er schüttelte den Kopf.
Jez befahl ihrem Herzen, dass es dorthin gehen solle, wo es hingehörte. Es hämmerte in ihrer Kehle und würgte sie. Aber sie hielt ihre Stimme ausdruckslos, als sie antwortete: »Danke.«
So etwas wie Verletztheit blitzte in seinen Augen auf und war sofort wieder verschwunden. »Du glaubst nicht, dass ich es ernst meine.«
Jez sprach immer noch tonlos, mit abgehackter, gehetzter Stimme. Sie war nicht gut darin, über emotionale Sachen zu reden. »Hugh, hör mal. Du warst mein erster menschlicher Freund. Als ich hierhergezogen bin, wollte niemand vom Zirkel der Morgendämmerung etwas mit mir zu tun haben. Ich mache ihnen keinen Vorwurf - nicht nach dem, was meine Gang Menschen angetan hat. Aber es war hart, weil sie nicht einmal mit mir reden wollten, geschweige denn, mir vertrauen, und sie wollten nicht glauben, dass ich den Wunsch hatte, ihnen zu helfen. Und dann bist du an diesem Tag nach der Schule aufgetaucht. Und du hast mit mir geredet...«
»Und ich habe dir vertraut«,
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