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Herr der Diebe

Herr der Diebe

Titel: Herr der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Funke Cornelia
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Augen blickten trübe, aber sie standen auf ihren Pfoten. Morosina trat zwischen sie und blickte mit zusammengekniffenen Lippen auf Barbarossa herab. »Du hast Glück gehabt, du elender Giftmischer!«, rief Renzo und kam langsam die Stufen herunter.
»Ja, sie leben noch«, stellte er fest, als er Barbarossas erleichterten Blick sah. »Ich glaube, sie könnten schon wieder einen Happen Futter vertragen. Morosina schlug vor, dass wir dich zur Strafe mit ihnen um die Wette laufen lassen, mit deinem Boot als Ziel zum Beispiel…« Barbarossa wurde blass.
Renzo blieb zwei Stufen über ihm stehen und blickte auf ihn hinunter.
»Ich hätte da – einen anderen Vorschlag«, sagte er. »Natürlich musst du bezahlen für das, was du angerichtet hast, aber nicht mit deinem Leben und nicht so, wie wir den Herrn der Diebe bezahlt haben.« »Wie dann?« Barbarossa sah ihn argwöhnisch an. »Dank dir können Morosina und ich nicht zurückdrehen, was wir begonnen haben«, sagte Renzo. »Ebenso wenig wie der Herr der Diebe oder du selbst. Ich habe dir schon fast alles verkauft, was es auf dieser Insel an Wertvollem gab, nur das alte Spielzeug ist noch übrig. Und Morosina und ich sind allein. Deshalb werde ich dich gehen lassen, wenn du mir dafür das Geld gibst, das du in deinem Laden hast, und zwar nicht in deiner Kasse, sondern in deinem Safe.«
Barbarossa fuhr so entgeistert zurück, dass er fast die Treppe hinunterstürzte. Prosper erwischte ihn noch gerade am Hosenbund, aber Barbarossa stieß seine Hand weg, sobald er wieder sicher stand.
»Bist du wahnsinnig?«, fuhr er Renzo an. »Und wovon soll ich in nächster Zeit leben? Ich kann kaum noch über meinen Ladentisch gucken. Was kann ich dafür, dass dieser morsche Flügel abgebrochen ist?« »Ja, was kannst du dafür?« Scipio ließ sich mit einem Seufzer auf den kalten Stufen nieder und musterte Barbarossa spöttisch. »Was kannst du dafür, dass du mit einem Beutel voll vergiftetem Fleisch auf diese Insel geschlichen bist und Morosina an den Haaren hinter dir hergeschleift hast?«
Barbarossa machte den Mund auf, aber Renzo ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Wir werden zusammen in die Stadt fahren«, sagte er, »und du wirst mir das Geld geben. Dafür werde ich mich nicht an dir rächen, nicht für das Karussell und nicht für die Hunde, und auch meine Schwester wird es nicht tun. Glaub mir, wir könnten es. Wir könnten die Carabinieri auf einen elternlosen Jungen aufmerksam machen, der sich einbildet, Ernesto Barbarossa zu sein, oder Scipio und Prosper bitten, dich im Waisenhaus der Barmherzigen Schwestern abzugeben. Es liegt bei dir. Du kannst dich von alldem freikaufen.«
Barbarossa strich sich über das Kinn und ließ die Hand ärgerlich sinken, als er spürte, wie nackt und bartlos es war. »Erpressung«, knurrte er.
»Nenn es, wie du willst«, antwortete Renzo. »Für das, was du auf meiner Insel getrieben hast, gibt es ein paar noch unfeinere Worte.«
Barbarossa sah ihn so finster an, dass Prosper lachen musste. »Ich würde das Angebot annehmen, Rotbärtchen«, sagte er. »Sonst verfüttert dich Morosina doch noch an die Doggen.« Barbarossa ballte ohnmächtig die kleinen Fäuste. »Gut, ich nehme an«, sagte er und blickte hinauf zu den Hunden, die sich auf die oberste Treppenstufe gelegt hatten. »Aber es ist und bleibt Erpressung.«

Sie kehrten früh am Nachmittag nach Venedig zurück. Aber den Himmel bedeckten so dunkle Wolken, dass Prosper für einen Moment glaubte, es dämmere schon. Er hatte jedes Zeitgefühl verloren. Die Nacht, in der er und Scipio zur Isola Segreta aufgebrochen waren, schien Monate zurückzuliegen, und er fühlte sich wie ein Reisender, der aus fernen, fremden Ländern zurückkehrte. Als Scipio das Boot seines Vaters auf den Canal Grande steuerte, begann es zu regnen. Der Wind trieb ihnen die kalten Tropfen ins Gesicht und die Paläste am Ufer sahen aus, als weinten sie.
»Wie lange soll ich noch in diesem Loch stecken?«, hörte Prosper Barbarossa schimpfen.
Scipio hatte ihn in die Kajüte gesperrt, um sicherzugehen, dass er keine unerwarteten Bosheiten ausheckte. Renzo folgte ihnen mit Barbarossas Boot, einem Lastkahn, mit dem der Rotbart wohl einiges hatte von der Insel schaffen wollen. Auch wenn er das heftig abstritt. Morosina war auf der Isola Segreta geblieben, um sich um die Hunde zu kümmern. Sie hatten so müde mit den Schwänzen gewedelt, als Renzo sich von ihnen verabschiedete, dass er mit sorgenvollem Gesicht in Barbarossas

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