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Herr der Diebe

Herr der Diebe

Titel: Herr der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Funke Cornelia
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paar Meter entfernt ihren Duft auf die Gasse verströmte, und drückte die Nase an das Fenster. Wahrscheinlich mussten die anderen jetzt alle nach Hause, Schularbeiten machen, Mittag essen. Bos Märchen von den Freunden, die zusammen in einem Kino wohnten, war eben bloß ein Märchen gewesen. Umso besser. Sollten sie ruhig verschwinden, einer nach dem anderen, die zwei, die Victor suchte, würden übrig bleiben – weil sie kein Zuhause hatten. »Ich wohn in einem Kino. Mit meinen Freunden.« Pah. Das musste man ihm lassen, der Kleine konnte wirklich Märchen erzählen. Belustigt betrachtete Victor sein Spiegelbild in der Scheibe. Moment, wer kam denn da aus dem Laden spaziert? Noch so ein Dreikäsehoch. Welcher fehlte denn? Natürlich, der Maskierte. Aber der hatte doch ganz anders ausgesehen, oder? Victor runzelte die Stirn. Der Junge blieb einen Moment vor der Ladentür stehen, sah sich mit ausdruckslosem Gesicht um und bückte sich, um seinen Schuh zuzubinden. Dann richtete er sich auf, blinzelte in die Sonne und schlenderte pfeifend zu den Gondolieri hinüber, die immer noch am Fuß der Brücke auf Kundenfang waren. »Gondola, gondola!«, riefen sie leise. Tja, Victor wäre jetzt auch lieber Gondel gefahren, statt hier herumzustehen. Die Kissen waren so weich und das Schaukeln des langsam dahintreibenden Bootes machte wunderbar schläfrig. Man hörte nur das Plätschern des Wassers, sein Glucksen und Schlürfen an Mauern und Pfählen, das Wispern der alten Stadt. Seufzend schloss Victor für einen Moment die Augen – und riss sie erschrocken wieder auf. »Scusi!«, sagte eine Stimme hinter ihm. Victor fuhr herum.
Der Junge, der sich gerade noch die Gondeln angesehen hatte, stand direkt vor ihm. Und grinste ihn an. Er hatte ein schmales Gesicht und sehr dunkle Augen, fast schwarz waren sie. Victor nahm die Sonnenbrille ab, um ihn deutlicher sehen zu können. War das der Maskierte, der den anderen auf dem Markusplatz wie ein Gockel voranstolziert war?
»Können Sie mir sagen, wie spät es ist?«, fragte der Junge und betrachtete dabei Victors, karierten Pullover. Mit gerunzelter Stirn blickte Victor auf seine Uhr. »Sechzehn Uhr dreizehn« knurrte er.
Der Junge nickte. »Danke. Schöne Uhr haben Sie da. Zeigt die auch, wie spät es gerade auf dem Mond ist?« Wie spöttisch er Victor mit seinen schwarzen Augen musterte. Was will der von mir?, dachte Victor. Der hat doch irgendwas vor! Schnell warf er einen Blick zu dem Andenkenladen hinüber und stellte beruhigt fest, dass Prosper und Bo immer noch hinter der Scheibe standen und den Kitsch im Schaufenster so andächtig betrachteten, als wären es die Schätze im Dogenpalast. »Sind Sie Engländer?«
»Nein, Eskimo, sieht man das nicht?«, antwortete Victor, fuhr sich über den schmalen falschen Schnurrbart – und spürte, dass der Bart sich selbstständig machte.
»Eskimo? Das ist interessant. Die verirren sich nicht allzu oft hierher«, sagte der Junge, drehte sich um und schlenderte davon. Während Victor dastand und seinen Bart festhielt. »Verdammmich!«, murmelte er, drehte sich schnell um und pflückte das elende Ding von seiner Lippe. Da sah er in der Scheibe, wie das Mädchen zurück in den Laden schlüpfte. Auch der Igel klebte nicht mehr vor dem Fenster der Pasticceria. Und der Junge mit den schwarzen Augen war nirgends mehr zu entdecken. Sie können mich nicht erkannt haben!, dachte Victor. Unmöglich. Und sah verblüfft in der spiegelnden Scheibe, wie die drei einträchtig zusammen aus dem Andenkenladen kamen. Mit Prosper und Bo in ihrer Mitte. Keiner der fünf sah zu ihm herüber, aber sie lachten und tuschelten miteinander, und Victor hatte das unangenehme Gefühl, dass es dabei um ihn ging. Ohne Eile schlenderten sie Richtung Rialto davon. Victor warf seinem Spiegelbild einen ratlosen Blick zu – und folgte ihnen, vorsichtig, in sicherem Abstand, aber gerade so, dass er sie nicht aus den Augen verlor. Er hatte keine Übung darin, Kinder zu beschatten. Es war eine verdammt unangenehme Aufgabe, wie er feststellte. Sie waren so klein, viel leichter zu übersehen und trotzdem schnell auf den Beinen. Die Gasse, die sie hinuntergingen, war lang, und sie machten keine Anstalten in eine andere zu biegen. Ab und zu blickte sich einer von ihnen um, aber Victor blieb auf der Hut. Alles schien bestens zu laufen, bis diese dicken alten Frauen aus einem Café traten, lachend und debattierend, und mit ihren üppigen Hinterteilen die Gasse verstopften, dass kaum

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