Herr der Finsternis
und schenkte ihm kein Gehör mehr. Er leierte unentwegt über die Schändlichkeiten Don Franciscos und die Mittel, die er dagegen anwenden wollte, und ich hörte ihm nur wenig zu, so daß er mich völlig überraschte, als er plötzlich sagte: »Und was ist das, Andres, hast du einen Mord begangen?«
»Herr?« entgegnete ich verblüfft.
»Wie mir zu Ohren kam, wird eine Untersuchung stattfinden. Man beschuldigt dich des böswilligen Erschlagens von Tristão Caldeira de Rodrigues, der ein Mann von hoher Geburt war.«
»Er war ein Schurke und ein Dieb!«
»Nun, und wenn schon? Er war von königlichem Blut, oder beinahe jedenfalls. Komm, Andres, was hat es mit diesem Verbrechen auf sich? Du darfst offen zu mir sein. Ich kannte den Mann ein wenig: Es war keine Ehre in ihm. Doch wenn du ihn wirklich erschlagen hast…«
»Ich habe sein Leben genommen«, sagte ich müde, »doch nur, um das vieler anderer zu retten. Es war kein Mord. Als wir Schiffbruch erlitten hatten, wollte er sich mit Gewalt Zutritt zu einem Langboot verschaffen, das schon überfüllt war, und ich habe ihn zurückgetrieben, und er fiel ins Wasser und ertrank.«
»Ah«, sagte Don João und schenkte sich mehr Wein ein.
»Ertrunken überdies, weil er den Griff des Schatzbeutels nicht loslassen wollte, den er in der Hand hielt und der voller kostbarer Güter war, die er vom Friedhof der Könige von Loango gestohlen hatte. Dieser Sack zog ihn nach unten, so daß er ertrank. Und überdies, glaube ich, führte der Diebstahl dieser Edelsteine zu dem Schiffbruch, den wir erlitten: Denn zornige Dämonen-Götter schickten uns heiße, trockene Winde, rissen unsere Segel entzwei und trieben uns auf eine verborgene Untiefe, und das alles mitten an einem schönen und angenehmen Tag.«
»Ah. Ah«, sagte er. »Ah.«
Und eine lange Zeit saß er mit geschlossenen Augen da, den Weinkelch eng an die Brust gedrückt, und ich dachte, er sei eingeschlafen, so benommen wirkte er von seiner Trinkerei. Doch dann sah er mich an und sagte: »War es wirklich so, wie du es berichtet hast?«
»Auf meine Ehre.«
»Dann ist es wahr«, sagte er. »Gibt es Zeugen?«
»Genügend, außer die Furcht vor dem Bruder des Toten bringt sie dazu, gegen mich zu lügen.«
Don João nickte. »Der Bruder, ja… Es ist der Bruder, der diese Anklage vorbringt: Gaspar Caldeira de Rodrigues. Auch ein wertloser Mann, ein verderbter Schurke. Er wird dir viel Schwierigkeiten machen, denn er ist auf Rache aus.«
»Und werde ich dafür wieder eingekerkert werden? Ich sage Euch, Herr, bevor man mich in den Kerker wirft, will ich lieber sterben: Und diesen Gaspar mit mir nehmen, wenn ich gehe.«
»Kerker? Es könnte sein, wenn diese Untersuchung gegen dich befindet.«
»Dann werde ich ihn erschlagen!«
»Bedächtig, bedächtig, Andres. Zuerst kommt die Untersuchung. Über die ich wohl den Vorsitz führen werde.« Er streckte die Hand nach mir aus, lächelte und sagte: »Wir müssen die Wahrheit herausfinden. Doch ich glaube, ich kenne sie bereits: Denn ich kenne dich, und ich kenne Gaspar. Und ich werde mich nicht freiwillig von meinem Piloto trennen.« Er gähnte überaus breit, rülpste und rieb seinen angeschwollenen Leib. »Nun gehe, Andres. Ich werde allmählich schwunglos und möchte ruhen. Wir werden ein anderes Mal über diese Dinge sprechen. Geh und sieh dich vor. Dieser Gaspar ist ein übler Feind, und vielleicht wartet er die Untersuchung nicht ab, um seine Rache zu haben.«
Ich verließ ihn und kehrte zu dem kleinen Haus zurück, das sie mir gegeben hatten, ein schönes auf der zur See gelegenen Seite der Stadt, wo oftmals gute Winde wehen. Ich hielt die Augen offen für den Fall, daß Bruder Gaspar und seine Gefährten mich mit gezogenen Schwertern anspringen sollten, doch dies geschah nicht.
Ich war wegen dieser Untersuchung in gedrückter Stimmung, doch sie überraschte mich nicht übermäßig, da ich wußte, welchen Einfluß Gaspar Caldeira de Rodrigues hatte. Dennoch würde die Wahrheit meine Verteidigung sein, und ich hatte die Unterstützung von Don João de Mendoça, wie ich zumindest fieberhaft hoffte, und obwohl die Wahrheit allein nicht ausreichen mochte, konnte die Kraft dieses mächtigen Fidalgo mich vielleicht vor Schaden bewahren.
Als ich mich meiner Behausung näherte, sah ich, daß auf dem Platz mit großem Pomp und einer Anzahl vorsorglich bereitstehender Soldaten eine Verkündung verlesen wurde. Ich näherte mich dem Platz und fand heraus, daß sie den Verkehr
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