Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
ich zu stark von der politischen Seite unseres Bruchs mit der Kirche Roms gesprochen und den Glaubensangelegenheiten nicht genug Bedeutung hatte zukommen lassen. Nicht, daß ich jemals annehmen würde, unser Glaube sei der wahre und jeder andere verderbte Ketzerei. Ich war lediglich der Meinung, daß unser Glaube der bessere sei, wenn es darum ging, die Gaben des von Gott gewährten Lebens einzuholen. Denn ich glaube, daß die Papisten schon vor langer Zeit korrupt geworden sind und sich von den Wegen Jesu abgewandt haben, mit ihrem Weihrauch und ihren leuchtenden, mit Brokat geschmückten Roben und ihren juwelenbesetzten Thronen und Palästen für ihre Kardinäle und Päpste, und daß wir mit unserer protestantischen Revolution all diese Verderbtheit beiseite gewischt und einen direkten Weg zwischen uns selbst und Gott geschlagen haben. Ich habe das Papsttum zu Hause niemals kennengelernt, da ich geboren wurde, als Königin Maria schon in ihrem Grab lag, doch mein Vater kannte es, und er sprach oft davon, wie das Volk unter der alten Religion unwissend und unselbständig gehalten wurde, da es nicht lesen konnte und nicht einmal die Bibel kennen durfte, bis auf das, was die Priester lehrten, was nicht immer das war, was dort geschrieben stand.
    Dies war eine Religion, die uns nicht direkt mit Gott sprechen ließ, sondern uns zwang, uns Vermittlern zu bedienen. Das ist nicht gut; es entmutigt das Denken. Warum sind wir Engländer so kühn und unternehmungslustig, die Papisten aber zumeist so schafsähnlich, so bereit, selbst dem übelsten Führer zu folgen? Ich glaube, es liegt daran, daß wir einen besseren Weg gewählt haben, der uns einen tieferen Seelentrost gibt. Und ich weiß, daß wir recht gehandelt haben, uns von allen Glaubenszwängen auch immer zu befreien, die England der Gnade unserer Feinde ausliefern wollten. Daß wir die Religion gewechselt haben, dient unseren nationalen Interessen, und es dient unseren Seelen. Es ist kein Zufall, daß alle seefahrenden Männer Englands gläubige Protestanten sind und das Papsttum so sehr hassen: Weil wir Patrioten sind und auch, weil unsere Köpfe klar und frei sind, ungefesselt vom Aberglauben, sind wir ausgezogen, so weit durch die Welt zu schweifen.
    Es war nun beinahe Mittag. Der Tag war trocken und windstill, und die große Sonne bescherte uns eine gewaltige Hitze. Als die Mittagsstunde schlug, wurden die Tore des Jesuitenklosters aufgestoßen, und auf den Platz traten vier Priester in der vollsten Kleidung ihres Amtes, nicht einfach in mönchischen Roben, sondern mit der vollständigen Amtstracht und priesterlichen Ornamenten, so daß sie im hellen Sonnenschein wie die Leuchtfeuer strahlten.
    An ihrer Spitze ging der Vorsteher des Jesuitenordens in Angola, Pater Affonso Gomes. Er war ein großer, breitschultriger Mann mit dem Aussehen und Gehabe eines Kriegers: von sehr dunkler Hautfarbe, mit heftig funkelnden, wütenden Augen, einem breiten Schnurrbart und einem harten, schmalen Gesicht mit Wangenknochen, die wie Messerklingen hervorstachen. Es war nichts vom süßen, sanften Jesus an diesem Mann. Er hatte des Gesicht eines Großinquisitors, eines, der nicht nur Freude daran empfand, Ketzer zu verbrennen, sondern eines, der sie mit eigener Hand noch auf den Spieß stecken würde.
    Die drei anderen Priester waren von viel sanfterem und zurückhaltenderem Auftreten, mit diesem gelehrten, nach innen gerichteten Blick, den Jesuiten oftmals haben; doch auch sie trugen in diesem Augenblick ernste und freudlose Gesichter wie Soldaten am Vorabend der Schlacht.
    Sie wurden von etwa einem Dutzend oder mehr ihrer Gefolgsleute und Amtsbrüder begleitet, das heißt Meßgehilfen, Altarjungen, Weihrauchschwenkern und anderen solchen Helfershelfern. Diese führten eine Art tragbaren Altar mit sich, in Gestalt einer breiten Bank oder eines massiven Tisches, den sie mitten auf den Platz trugen und mit Tüchern und Vorhängen aus schwerer, mit Gold durchwirkter Seide und rotem Samt bedeckten. Dann schickten sie sich an, einen schweren silbernen Kerzenständer darauf zu stellen und Behälter mit Weihrauch und all den anderen Putz und das Zubehör einer Zeremonie, als wollten sie vor unseren Augen eine Krönung abhalten oder eine königliche Hochzeit.
    Sie brachten aus ihrer Kirche auch ihre heiligen Bilder mit, vom Erlöser und Maria, und zwei große silberne, mit Gold und Perlen verzierte Kruzifixe, von denen jedes einen Wert hatte, der genügte, um ein halbes Jahr lang die

Weitere Kostenlose Bücher