Herr der Finsternis
benannt.
»Aber Navarra ist ein Hugenotte!« rief ich jubelnd. »Hat Frankreich also einen protestantischen König?«
»Das ist nicht sicher. Es heißt, er habe dem sterbenden König Heinrich versprochen, er würde zum katholischen Glauben übertreten, doch er scheint dies noch nicht getan zu haben, und nun beanspruchen andere den Thron. Ich glaube, es gibt viel Zwist in Frankreich.«
»Gott stärke ihren neuen König«, sagte ich.
Und es gab auch einen Zwist in Spanien, wo sich das Volk von Aragonien gegen König Philip aufgelehnt hatte, doch von Truppen aus Kastilien niedergeworfen wurde. Was immer den Spaniern Unannehmlichkeiten bereitete, bereitete mir Vergnügen, doch das sagte ich Barbosa nicht. In England herrschte die Königin noch immer überaus ruhmvoll, obwohl ihr Schatz allmählich schwand, weil sie die Mittel aufbringen mußte, um in den Niederlanden und der Bretagne Heere zu unterhalten, die die Ambitionen Spaniens zurückweisen sollten. Es gab, sagte er, aus Gründen der Religion in England noch immer zahlreiche Verbrennungen und Hinrichtungen, und die, die starben, waren nicht nur Katholiken, die sich gegen die Königin verschworen hatten, sondern auch einige Protestanten, die sich zu weit in der puritanischen Richtung vorgewagt und die Abschaffung der Bischöfe verlangt hatten. Wenn Barbosa mir die Wahrheit erzählte, wurde es als Aufwiegelung betrachtet, wenn man aus einer dieser beiden Richtungen gegen die Kirche von England sprach; und ich glaube, er sagte die Wahrheit, da diese heiligen Abschlachtungen ihm genauso widerwärtig waren wie mir.
Schließlich waren alle Neuigkeiten vorgetragen, und ich konnte nicht mehr essen und nicht mehr trinken, und Barbosa rief Sklaven herbei, um mich in einer Sänfte zu meiner Hütte zurückbringen zu lassen. Als ich mich zum Aufbruch erhob, faßte er mich leicht am Arm und sagte lächelnd: »Es erfreut mich, daß es dir in diesem Land so gut ergangen ist. Als ich dich und den anderen Engländer zum ersten Mal gesehen habe, wie ihr in Ketten auf Deck lagt und wir von Brasilien hierher aufbrachen, habe ich um euch getrauert, denn euer Schicksal erschien düster, und du hast nicht den Eindruck eines Schurken gemacht. Ich habe gehofft, daß du deine Prüfung überstehen würdest, und ein Gebet für dich gesprochen; doch ich habe nicht gedacht, daß du erreichen würdest, was du in deiner Gefangenschaft erreicht hast.«
»Es war Gottes Segen, und ich habe viel Glück gehabt.«
»Und so möge es fortwähren. Doch hüte dich: Überall um dich herum sind wahre Schurken.«
»Meint Ihr die Jaqqas, die Menschenfresser? Oder Don Gaspar?«
Er lachte. »Die Jaqqas! Sie sind nichts als schlechte Träume, Ungetüme aus Nachtmahren, die einem keinen Schaden zufügen, wenn man nur ihrem Dschungel fernbleibt. Nein, ich meine Gefahren, die dir näher sind. Ich weiß nicht, was man von Don Gaspars Drohungen zu halten hat. Doch es gibt hier viele, die dich zu ihrem eigenen Vorteil verkaufen würden. Dies ist keine Stadt von heiligen Männern und auch nicht von heiligen Frauen. Achte darauf, was du tust.« Und indem er dies sagte, entließ er mich, und die Sklaven trugen mich in die Nacht hinaus.
Seine Abschiedsworte bekümmerten und besorgten mich, als ich unter einem gekrümmten Mond die Stadt durchquerte. Ein Schleier warmer Luft legte sich schwer auf mich; große grüne Motten und dunkle haarige Fledermäuse und die seltsamen Nachtvögel flatterten um meinen Kopf herum; ich vernahm ein entferntes, durchdringendes Geräusch, bei dem es sich um das Trompeten eines Elephantos oder das Heulen einer häßlichen Hyäne handeln konnte; ich weiß nicht, was es war.
Als ich meine Hütte erreichte, war ich müde und sehr verwirrt; mein Kopf war voller Gedanken über Barbosas Gerede über Feinde und über Meuchelmörder und verlorene Schiffe und Hinrichtungen und den Tod von Päpsten und Königen. Was ein wunderbarer Abend gewesen war, hatte irgendwie ein ganz anderes Ende gefunden. Doch obwohl ich mich beunruhigt niederlegte, ergriff schon bald der Wein die Herrschaft über mich, und ich fiel in einen schweren Schlaf, und als ich erwachte, war ich wieder fröhlich und Gott gegenüber voller Dankbarkeit, daß Er mich nun bald fünfunddreißig Jahre lang verschont hatte; und bescheiden bat ich Ihn, mir weitere fünfunddreißig Jahre zu gewähren und mir alle Länder und Wunder Seiner großen Schöpfung zu zeigen.
Es vergingen noch viele Tage, bevor der neue Gouverneur mich zu
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