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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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davon, daß ich Hunger und Durst verspüre, würde ich dies nicht sagen.«
    »Man hat dir nichts zu essen gegeben?«
    »Nicht einmal Gefangenenfraß. Ich wurde in meinem eigenen Heim festgehalten oder in dem, was ich in diesem Land mein Heim nenne.«
    Barbosa bedeutete einem Sklaven, er solle mir eine Mahlzeit bringen.
    »Es ist eine geschäftige Nacht gewesen«, sagte er. »Ich bin eigentlich ein Finanzbeamter und kein Friedenshüter. Doch ich glaube, ich habe alle widerstreitenden Seiten zusammengebracht. Empfindest du irgendeinen Haß auf Don Jeronymo d’Almeida?«
    »Ich kenne den Mann überhaupt nicht. Ich habe noch nie mit einem d’Almeida zu tun gehabt.«
    »Du bist Don Joãos Mann. Du mußt Don Jeronymo die Treue schwören, oder ich kann dich nicht weiterhin schützen.«
    »Ich werde jedem die Treue schwören, solange ich nicht in den Kerker komme«, erwiderte ich übereifrig. Und ich sagte: »Dann wart Ihr es, der mich dieses Mal befreit hat?«
    »Das war ich.«
    »Erneut muß ich Euch danken. Ich habe von Euch ein Übermaß an freundlicher Behandlung empfangen, Senhor Barbosa.«
    Er tat meinen Dank mit einem Achselzucken ab. Der Sklave trat mit einem Tablett voller Essen und einem Becher Palmwein für mich ein, und während ich aß, sagte Barbosa: »Diese Kolonie kann sich keine Zwistigkeiten mehr leisten. Während des Streites zwischen Don Francisco und den Jesuiten haben sich die Sobas der Provinz Kisama, die in unserem Süden und Osten liegt, von ihren Untertanenpflichten freigesprochen, und wir müssen sie erneut befrieden. Don Jeronymo weiß dies. In diesem Augenblick berät er sich mit dem Jesuitenpater Affonso, um den Bruch zu kitten. Sobald er Pater Affonsos Segen hat, wird er sich die Untertanentreue von Velloria und den anderen Soldaten verschaffen, die den Jesuiten ergeben sind, und alles wird geheilt sein, so daß wir Heere auf das Feld schicken können.«
    »Und welche Rolle habt Ihr dabei für mich vorgesehen?« fragte ich.
    »Nun, du bist der Lotse unserer Kriegsflotte! Don Jeronymo will, daß du zur Insel São Tomé segelst und Soldaten holst, die ihn auf seinen Kriegszügen unterstützen werden.«
    »Dann wird man mir vertrauen, obwohl man weiß, daß ich Don João freundlich ergeben bin?«
    »Don João wird Angola in Bälde verlassen«, sagte Barbosa. »Er hat eingewilligt, am Hof von Lissabon vorzusprechen, um neue Truppen für diese Kolonie zu beschaffen und Waffen und Pferde.«
    Diese Nachricht war höchst unangenehm für mich. Ich hatte nicht gedacht, daß man Don João von diesem Ort vertreiben könnte. Es war noch immer meine Hoffnung, daß er die Macht ergreifen, mir eine Gunst erweisen und erlauben würde, nach England zurückzukehren. Daß er Angola verließ, konnte nur von Nachteil für mich sein, besonders in bezug auf die Untersuchung über den Tod Tristão Caleira de Rodrigues’, die mich noch immer erwartete.
    »Ich bin überrascht«, sagte ich. »Duldet Don João es einfach, daß Don Jeronymo versucht, ihn loszuwerden?«
    »Es gibt in São Paulo de Luanda keinen Platz für Don Jeronymo und Don João. Doch Don Jeronymo wagt es nicht, die Hand gegen Don João zu heben, der viele Freunde hat. Dafür hat er einen Vorwand gesucht, unter dem Don João nach Portugal reisen kann, und Don João hat eine ehrenvolle Möglichkeit gefunden, einen Ort zu verlassen, an dem er seine gesamte Macht verloren hat. Und beiden Männern werden auf diese Art zukünftige Zwistigkeiten erspart.«
    »Und wenn Don João zurückkehrt? Wird es dann nicht neuen Streit geben?«
    »Ah, das wird aber erst in vielen Monaten sein oder sogar noch später. In dieser Zeit kann viel geschehen, und es ist müßig, jetzt schon darüber zu spekulieren.« Barbosa rieb sich mit den Daumen die Augen und gähnte verhalten. »Dann ist es also beschlossen, daß du dem neuen Gouverneur treu dienst?«
    »Es spielt für mich keine Rolle, wer Gouverneur ist«, sagte ich. »Nur, daß ich am Leben und außerhalb des Kerkers bleibe, bis man mir gestattet, in mein Vaterland zurückzukehren.«
    »Du bist ein kluger Mann, Andrew Battell.«
    »Bin ich das?«
    »Du lebst nicht nach dem Stolz, sondern nach der Vernunft. Du siehst dein wahres Ziel in weiter Ferne, und du näherst dich ihm klug und ohne Verwirrung. Das bewundere ich.«
    »Kein Seemann ist je nach Hause zurückgekehrt, indem er in den Schlund eines Sturms gesegelt ist«, sagte ich. »Ich versuche, meine Segel in einer geraden Linie auszurichten oder mich zumindest

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