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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Antonio, der angeblich rechtmäßiger Thronfolger von Portugal ist, und ging mit ihm in Lissabon an Land, um ihn als König einzusetzen.«
    »Tapferer Sir Francis! Doch was kam dabei heraus?«
    »Ah«, sagte Barbosa, »sehr wenig, denn wir Portugiesen scheinen nicht darauf versessen zu sein, uns töten zu lassen, um unsere alte Dynastie zurückzubekommen, und die Unternehmung scheiterte. Nun ist Drake in England in Ungnade gefallen; die Königin ist zornig auf ihn, weil er König Philip provoziert hat. Drake plündert die Azoren und den spanischen Hof und wagt es nicht, nach Hause zurückzukehren.«
    »Er wird sehr schlecht behandelt. Und welche Neuigkeiten gibt es sonst?«
    Es hatte, sagte er, eine weitere große Reise von Thomas Candish gegeben, der anno 1586 zu einer Weltumsegelung aufgebrochen war. Ich hatte schon von diesem Candish gehört; er entstammte dem niederen Adel von Suffolk, und glaubwürdige Leute sagten, er sei einer der grausamsten und unbeliebtesten Kapitäne, die je ein Schiff befehligt hatten. Barbosa sagte mir, er sei vor etwa zwei Jahren mit fünf Schiffen von Plymouth aufgebrochen, habe Brasilien geplündert, die Stadt Santos überraschend angegriffen, als deren Volk bei der Messe war, und jeden, der sich in der Kirche aufhielt, gefangengenommen.
    »Und doch war dieser Angriff ein Fehlschlag«, sagte Barbosa, »und zwar wegen der Nachlässigkeit von Candishs Stellvertreter bei dem Überfall, einem Kapitän Cocke…«
    »Cocke?« brach es aus mir heraus, und ich empfand ein wütendes Pochen meines Herzens, als ich den Namen hörte. »Ein kleiner Mann mit verdrossenem Gesicht, nicht wahr, und einem scheelen Auge?«
    »Das weiß ich nicht, denn ich habe diesen Mann niemals gesehen. Zu dieser Zeit war ich in Rio de Janeiro.«
    »Sagt mir, inwiefern er nachlässig handelte.«
    »Als er Santos eingenommen hatte«, sagte Barbosa, »schenkte er den Indianern der Stadt keine Beachtung, die alles aus ihr heraustrugen, alle Bedarfsartikel und Vorräte, und den Ort bar zurückließen. So fanden sich die Engländer binnen kurzer Zeit in äußerster Not an Lebensmitteln. Nach fünf Wochen waren sie gezwungen, die Stadt aufzugeben.«
    »Das klingt ganz nach dem Cocke, den ich kenne, jenem, der mich vor vier Jahren auf einer verlassenen Insel zurückgelassen und mich so aus dem Leben gerissen hat, das ich führte.«
    »Ah, deshalb stieg die Farbe in dein Gesicht, als ich diesen Namen nannte, und trat Zorn in deine Augen.«
    »Ich wünsche kaum einem Menschen Schlechtes, bis auf diesen Cocke, dem es noch immer gut geht, wie ich sehe, und der in amerikanischen Gewässern plündert und sich als genauso töricht und unfähig erweist wie immer.«
    »Vielleicht nicht mehr«, erwiderte Barbosa. »Denn unter Candishs Kommando segelte diese gesamte Flotte südwärts zur Magellanstraße, doch wegen der Verzögerung bei Santos war die Zeit vorbei, in der man in dieser Gegend noch gut navigieren kann, und die englischen Schiffe wurden von extremen Stürmen zerstreut. Wir haben danach nichts mehr von ihnen gehört. Vielleicht liegt dein Feind Kapitän Cocke nun auf dem Grund der Südsee.«
    »Ich hätte lieber«, sagte ich, »daß Gott ihn nach Afrika bläst, es ihn in diesen Hafen von Angola verschlägt und er in meine Hände fällt.« Und ich krümmte meine Finger überaus furchterregend und dachte, welche Freude es sein würde, sie um Abraham Cockes Kehle zu legen. Dieser starke Drang überraschte mich sehr, denn normalerweise bin ich nicht von solch rachsüchtiger Natur. Wahrscheinlich hatte mich dieses Fieber des Hasses erfaßt, weil Barbosa mir so großzügig den Wein eingeschenkt hatte.
    Da sich Barbosa in den vergangenen zwei Jahren in entfernten Kolonialgebieten aufgehalten hatte, konnte er mir von weltlichen Ereignissen, etwa neuen Kriegen oder neuen Herrschern, nur wenig berichten. Doch es gab einige Neuigkeiten, die er mir unterbreitete. Er hatte gehört, daß es ein großes Kommen und Gehen von Päpsten gegeben hatte, nicht weniger als vier in dieser Zeit, wovon einer nur zwölf Tage geherrscht hatte. Doch das spielte keine große Rolle für mich. Von größerem Interesse waren die Neuigkeiten aus Frankreich, wo es ebenfalls große Umwälzungen gegeben hatte, da ein fanatischer Mönch König Heinrich erschlagen und so alles in Verwirrung gestürzt hatte, da Heinrich kinderlos gestorben war. Der ermordete König, sagte Barbosa, habe seinen Blutsverwandten Heinrich von Navarra vor seinem Tod als Erben

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