Herr der Finsternis
Lande, und fürwahr eine wilde und barbarische. In Angola und auch im Kongo kämpft man mehr mit List als mit einem direkten Angriff, mit einem großen Augenmerk auf Hinterhalte, und so geschah es auch bei uns. Überall um uns herum waren insgeheim Wege mit Dornen unpassierbar gemacht und Pfähle aus dem starken und harten Nsako- Holz, das die Portugiesen Eisenholz nennen, in den Boden gesteckt und Fallen, die aus Gräben bestanden, die man mit Erde und Zweigen bedeckt hatte, ausgehoben worden. Wir wußten nichts davon. Und als der Feind über uns herfiel, stürzten wir augenblicklich in eine gewaltige Panik, wobei große Teile unserer Streitmacht sofort in diese Fallen getrieben wurden und entweder augenblicklich umkamen oder solche Verletzungen erlitten, daß sie danach nutzlos waren.
Da es in diesem Land bis auf die wilden und unzähmbaren Zevveras keine Pferde gibt, kämpfen die eingeborenen Heere hier immer zu Fuß. Sie teilen ihre Streitmacht in mehrere Gruppen auf, die sich jeweils den Gegebenheiten des Feldes anpassen. Die Züge ihrer Streitkräfte werden durch gewisse verschiedene Geräusche und Zeichen geführt und geleitet, die der Hauptmann gibt, der sich inmitten des Getümmels bewegt und dort anweist, was auszuführen ist, das heißt also, ob man in den Kampf eingreifen, sich zurückziehen, vorwärtsstürmen, sich nach rechts oder links schlagen oder irgendeinen anderen kriegsmäßigen Schachzug durchführen soll. Denn alle Männer im Heer verstehen diese wenigen Geräusche, die sich eindeutig voneinander unterscheiden, und damit die Befehle ihres Hauptmanns, so wie wir in unseren europäischen Heeren anhand der kräftigen Schläge auf die Trommel und der Geräusche der Trompeten wissen, was unser General von uns verlangt.
Diese Zeichen des Krieges bestehen hauptsächlich aus drei Geräuschen, die fürchterlich und erschreckend in meinen Ohren klangen, als sie über uns hereinbrachen. Eins stammte von großen Rasseln, die aus dem Holz eines Baumes geschnitzt und mit Leder bespannt sind, an das kleine Elfenbeinschwengel angebracht sind. Ein anderes kam von einem dreieckigen Instrument, das aus dünnen Eisenplatten besteht, die innen hohl und leer sind. Sie lassen sie erklingen, indem sie mit hölzernen Gerten darüber reiben; und oftmals schlagen sie auch darauf, damit das Geräusch härter, schrecklicher und kriegsmäßiger erklingt. Das dritte Instrument war die Mpunga, die ich im Land Loanga kennenlernte; dies ist die Querpfeife, die aus dem ausgehöhlten Zahn des Elephantos gemacht wird. Mit diesen Instrumenten geben sie einander Zeichen und ermutigen sich gegenseitig von einem Teil des Schlachtfeldes zum anderen, und einige kühne und mutige Soldaten marschieren vor den anderen, schlagen ihre Glocken und tanzen und rütteln die Emotionen der Schlacht auf, und mit den Bewegungen ihres Tanzes bedeuten sie den anderen, in welcher Gefahr sie sich befinden und mit welchen Waffen sie es zu tun haben.
Die militärische Aufmachung unserer Angreifer war furchterregend. Die Oberführer trugen Kopfschmuck, der mit den hellen Federn des Pfaus verziert war und mit denen des Straußes und anderer Vögel; sie ließen sie als Männer von größerer Statur wirken, als es der Fall war, und fürchterlich aussehen. Vom Gürtel aufwärts waren sie alle nackt, und an ihren Hälsen und um die Hüften hingen gewisse Eisenketten mit Ringen darauf, die so groß waren wie der kleine Finger eines Mannes und bei denen es sich um militärischen Pomp und Putz handelte. Vom Gürtel abwärts trugen sie leinene Beinkleider und Stiefel nach portugiesischer Mode.
Der gewöhnliche Soldat trug nicht viel, abgesehen davon, daß seine Lenden bedeckt waren.
Als Waffen benutzte dieses Volk Pfeil und Bogen. Die eisernen Spitzen der Pfeile waren mit Widerhaken versehen. Ferner benutzten sie Keulen aus Eisenholzästen, Dolche und übermannsgroße Lanzen. Das Schwert ist bei ihnen keine Waffe der Schlacht und im allgemeinen nur von Königen und Edlen als Zeichen der Macht getragen. Noch stehen ihnen – Gott sei gepriesen! – keine Musketen und Schießpulver zur Verfügung, wenngleich diese überaus tödlichen Waffen durch die Torheit einiger portugiesischer und niederländischer und in letzter Zeit auch französischer Händler in ihre Hände verkauft werden.
Ich kann mir nicht vorstellen, wie die zivilisierten Rassen der Welt diesem Ansturm, der sicher kommen wird, widerstehen können, sobald erst einmal alle schwarzen und roten Wilden
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