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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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paar Tagen erreichten wir das Lager, in dem sich der größte Teil der portugiesischen Streitmacht versammelt hatte, und es war eine schöne, große Streitmacht, die die halbe Ebene beanspruchte. Es müssen sieben- bis achthundert Portugiesen dort gewesen sein; dazu kam noch ein Heer ihrer schwarzen Verbündeten, das so groß war, daß ich es nicht zählen konnte, eine Anzahl von zwanzig- oder dreißig- oder gar vierzigtausend Mann. All diese waren in einer langgezogenen, ungeordneten Masse aufgestellt, die Portugiesen in ihren Zelten, um die herum ein paar Pferde grasten, und die schwarzen Hilfstruppen auf den Seiten.
    Mit diesen Hilfstruppen hat es folgendes auf sich: Die Portugiesen haben einen schwarzen Adligen aus dem Kongo, der als guter Christ und von guter Gesinnung bekannt ist. Er hat etwa einhundert Schwarze aus dem Kongo mitgebracht, die seine Gefolgsleute sind. Dieser Macikongo, wie er genannt wird, hat den Rang eines Tandala, oder Generals, über das Lager der Schwarzen, und hat die Befugnis zu töten, Unterführer ein- oder abzusetzen, und den Oberbefehl über die Schwarzen. Und wenn ein schwarzer Soba oder Adliger kommt, um sich zu unterwerfen, geht er zuerst zum Tandala und macht ihm Geschenke, etwa Sklaven, Vieh oder Ziegen. Dann bringt der Tandala den Soba vor den portugiesischen Gouverneur, und bevor er hineingehen kann, macht er dem Amtsboten des Gouverneurs zwei Sklaven zum Geschenk. Dann muß der Soba ein großes Geschenk für den Gouverneur haben, das mitunter aus dreißig bis vierzig Sklaven und dazu noch aus Vieh besteht. Doch wenn er vor den Gouverneur tritt, kniet er nieder, klatscht in die Hände und wirft sich vor ihm mit dem Gesicht auf den Boden, und dann muß sich dieser stolze Soba erheben und sagen: »Ich war ein Feind, und nun schwöre ich Treue und niemals mehr die Hand gegen Euch zu erheben.« Dann ruft der Gouverneur einen Soldaten herbei, der eine Belohnung verdient hat, und übergibt ihm den Soba. Der Soba bestätigt, daß dieser Soldat sein neuer Herr ist, und beschenkt den Soldaten und macht ihn aus den Einkünften seines Stammes reich, und als Gegenleistung repräsentiert der Soldat den Soba bei den Ratssitzungen der Portugiesen. In den Kriegen teilt der Soba mit seinem portugiesischen Herrn, was immer er erbeutet hat. So kommt es, daß es zahlreiche portugiesische Soldaten gibt, denen ein schwarzer Soba oder Stammesherr Untertan ist. Und so bereichern sich die Portugiesen auf Kosten dieser Völker. Ich habe dies alles mit eigenen Augen gesehen.
    Und so wurden die loyalen Sobas und ihre Streitkräfte und der schwarze Tandala, der ihr Oberherr war, und die portugiesischen Truppen allesamt zusammengezogen, um sich an die Unterwerfung dieses lästigen und mächtigen Sobas Kafuche Kambara zu machen. Wegen der gewaltigen Größe des Heeres mit all diesen Mohren und den portugiesischen Soldaten, das gegen ihn ins Feld ziehen würde, erschien es mir unvorstellbar, daß dieser Häuptling den Portugiesen würde widerstehen können.
    Doch Gott bereitet in Seiner Weisheit jenen, die zu stolz in die Welt hinausschreiten, viele heftige Überraschungen.
    Die Überraschung, die den Portugiesen am zweiundzwanzigsten Tag des Aprils anno 1594 widerfuhr und bei der ich Zeuge war und beinahe das Leben verloren hätte, ereignete sich in Gestalt eines plötzlichen und überaus schrecklichen Hinterhaltes, als sich die Portugiesen und ihre Verbündeten den Weg durch das Land bahnten. Denn eine große Streitkraft kann manchmal so groß sein, daß sie sich durch ihre Größe selbst behindert, genau wie es bei diesen Elephantos der Fall ist, von denen ich sprach: die sich auf enge Pfade wagen und nicht mehr umkehren können und denen ein kühner Jäger den Schwanz abschlägt. Als wir uns in eine tiefe Schlucht begaben, so lang und schmal, daß man kaum einen Zahnstocher in sie hineinstecken konnte, stellte sich bei mir plötzlich ein Gefühl der höchsten Beunruhigung ein; warum, weiß ich nicht. Balthasar d’Almeida und Pedro Alvares Rebello gingen voran, als seien sie Alexander der Große und Hannibal, und der schwarze Tandala trieb seine gewaltige Mohrenherde hinter ihnen an, als im Handumdrehen die Streitkräfte Kafuche Kambaras aus dem Nichts über uns herfielen, genau wie sich in der alten griechischen Geschichte plötzlich auf geheimnisvolle Art und Weise die Bewaffneten um den Helden Cadmus erhoben, als er die Erde mit Drachenzähnen säte.
    Dies war meine erste Bekanntschaft mit dem Krieg zu

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