Herr der Finsternis
Trinkt Euren Genever, Battell! Trinkt!«
Meine Hand zitterte so stark, daß ich den Schnaps, den er bis zur Oberkante ins Glas geschüttet hatte, beinahe verschüttet hätte. Doch ich trank überaus freudig. »Wenn ich Euch oder Eurem Land jemals zu Diensten sein kann…« sagte ich.
»Ich verstehe. Aye.« Er beugte sich zu mir und sagte: »Donnerstag kommt Ihr bei Sonnenuntergang in den Hafen, und wir werden Euch an Bord nehmen und tief unter unserer Ladung verstecken, die so mächtig ist, daß sie Euch niemals finden werden, und wenn sie einen ganzen Monat lang suchen. Und bei Sonnenaufgang werden wir die Segel setzen und in See stechen, und das wäre es gewesen. Wir werden nicht mehr darüber sprechen, nicht wahr, Battell?«
»Ich bin Euch auf ewig dankbar.«
»Natürlich seid Ihr das. Ich rette Euch das Leben, Mann! Ich sage, wir sollten über solche Dinge kein Wort mehr verschwenden. Werden wir noch einen trinken?«
»Ich glaube, wir sollten es lieber nicht.«
»Ich weiß, daß wir es lieber nicht sollten«, sagte Warwyck. »Doch das war nicht meine Frage. Ob wir noch einen trinken werden, das habe ich gefragt.«
Und wir tranken noch ein Glas, und ich glaube, danach noch eins, und vielleicht haben wir sogar noch ein paar protestantische Hymnen gesungen, »Ein’ feste Burg ist Unser Gott« und so weiter, er auf holländisch und ich auf englisch, und dann, glaube ich, zu unserer großen Erheiterung wohl wir beide auf holländisch. Und dann setzte er mich in sein Langboot, und ich wurde ans Ufer gerudert, wo meine Träger wie eine Horde geduldiger Maultiere warteten, und sie brachten mich zu meiner Hütte.
Bei dem Gedanken, in meine wirkliche Heimat zurückzukehren, dieser immerwährenden Hitze, meinem Dienst und der portugiesischen Sprache und allem anderen den Rücken zu kehren, brandete eine große Freude durch meine Seele.
In den wenigen Tagen, die ich noch in Angola verbleiben mußte, wanderte ich herum, als wäre ich halbwegs schon wieder in England. Ich fürchtete nichts, und kein Verdruß trat in meine Seele. Selbst Doña Teresa und ihre rachsüchtige Absicht bedeuteten mir nun nichts mehr; sie war bloß eine weit entfernte Harpye, der keine Zeit zum Zuschlagen verblieb.
Ich empfand eine gewisse Bekümmerung, Matamba zurückzulassen, denn ich konnte sie auf keinen Fall mitnehmen und ihr auch nicht sagen, daß ich sie verließ, denn dies hätte uns beiden große Schmerzen bereitet. Und es tat mir sogar leid, daß ich Doña Teresa verlieren würde, obwohl sich diese Trennung schon vollzogen hatte; doch ich erinnerte mich an die Stunden unseres Beischlafs und die großen Freuden, die sie mir bereitet hatten, und auch an die tiefere Verbindung, die wir einst gehabt hatten, als wir in den Tagen unserer ersten Liebe in São Paulo de Luanda über unser Leben und unsere Wünsche gesprochen hatten. All dies brannte in meinem Gedächtnis. Doch ich tröstete mich mit dem Wissen, daß ich sie mit mir nehmen konnte, wohin ich auch ging, ihre Brüste und Schenkel, den Geschmack ihrer Lippen, den Geruch ihres Körpers und das Gefühl ihrer Hinterbacken unter meinen Händen, so lebendig und wirklich für mich, als wären wir noch zusammen, und auch den Klang ihrer Stimme, der so reich und musikalisch und melodisch war. Doch ich mußte nicht auf ewig in Angola verweilen, um solche Vergnügen der Erinnerung genießen zu können.
Nun, da ich Afrika verließ, gestand ich mir ein, daß ich eine seltsame Art von Sehnsucht nach diesem gesamten Kontinent verspürte. Während meiner Jahre hier hatte ich tief von diesem Land getrunken, wenn auch kaum einen Schluck von der Oberfläche dieses gewaltigen Kelches Afrika, und zu meiner Überraschung wünschte ein Teil von mir, zu bleiben und noch tiefer davon zu trinken.
Es zog mich zu diesem wilden Dschungel hin, den ich nicht wirklich aus der Nähe gesehen, und zu diesen großen Städten der Mohren, von denen ich nur gehört hatte, und selbst zu den Jaqqas, die solche geheimnisvollen Teufel waren. Ich dachte vernarrt an die Coccodrillos und die Zevveras und die seltsamen und wunderschönen Vögel mit ihren vielen Farben und an die Hippopotami, die ihre Mäuler aufklaffen ließen, denn ich würde sie nie wieder sehen. Es ist seltsam, wie man einen Ort liebgewinnt, wenn man ihn schließlich verläßt, auch wenn dem zuvor nicht so war. Und ich hatte Afrika niemals verabscheut. Ich glaube, mir kam es weniger darauf an, Afrika zu verlassen, als nach England
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