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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Augenbrauen hoben sich den kleinen Teil eines Zolls. »Ach, sagt bloß.«
    »Vor Brasilien gefangengenommen, als ich auf Kaperfahrt war. Dann vor vier Jahren in Eisen hierher verschifft.«
    »Ah, ihr Engländer! Ihr schätzt das Piratentum sehr!«
    »Es war meine erste Reise in diesem Gewerbe«, sagte ich. »Und, glaube ich, auch meine letzte.«
    Er paffte noch etwas. »Ich schätze, Ihr habt es nicht schlecht hier getroffen. Ihr tragt dieser Tage keine Eisen mehr. Ich sehe, wie Ihr auf den Rücken von Sklaven reist, wenn Ihr durch die Stadt geht. Es heißt, Ihr hättet auf Reisen die Küste entlang und die Flüsse hinauf ihre Schiffe befehligt.«
    »Ich bin nicht gern in die Dienste der Portugiesen getreten«, erwiderte ich. »Es hieß, entweder das, oder in ihren Kerkern zu bleiben. Nachdem einige Zeit verstrichen war, gaben sie mir eine Aufgabe und vertrauten mir schließlich, was sie auch können, denn ich bin kein unaufrichtiger Mann.«
    »Ah. Sicher nicht.«
    Eine lange Weile herrschte Schweigen zwischen uns. Er schenkte mir noch einen Genever ein und einen für sich, hielt sein Glas jedoch in der Hand und betrachtete mich. Also trank ich auch nicht.
    »Ich kann Euch kaum sagen«, fuhr ich schließlich fort, »wieviel Freude es mir bereitet, daß ich wieder in meiner englischen Zunge mit jemandem sprechen kann, Kapitän van Warwyck.«
    »Ja, es ist eine angenehme Sprache. Sie birgt viel Musik in sich. Neben dem Holländischen gefällt sie mir am besten.«
    »Ich würde gern in ein Land reisen, Kapitän, in dem Englisch häufiger gesprochen wird als hier in Angola.«
    »Ach.«
    »Es war größtenteils eine angenehme Gefangenschaft für mich. Doch es war trotzdem eine Gefangenschaft.«
    »Ah. Natürlich.« Wieder paffte er genüßlich an seiner Pfeife.
    »Kapitän«, sagte ich, »wann brecht Ihr von hier auf?«
    Erneut runzelte er ein wenig die Stirn. »In drei Tagen.«
    »Und zu welchem Hafen, wenn Ihr mir das sagen würdet?«
    »Wir haben uns noch nicht entschieden. Vielleicht nach Sierra Leone oder nach Kap Verde oder zu den Inseln dieses Kaps. Dann zu den Azoren, um Holz und Wasser aufzunehmen. Und dann nach Holland.«
    »Wenn Ihr Euren Heimathafen ansteuert, werdet Ihr nahe an England vorbeikommen.«
    »Ich verstehe, was Ihr meint, Battell.« Er senkte nachdenklich die Augen und hantierte verdammenswert lang mit der Glut im Kopf seiner Pfeife. »Es bestehen dabei Risiken für uns«, sagte er schließlich.
    »Das streite ich nicht ab.«
    »Und es liegt kein Gewinn darin, den ich sehen kann. Wißt Ihr, es ist niemals meine Art gewesen, ohne Aussicht auf Gewinn ein Risiko auf mich zu nehmen.«
    »Ich habe keinen Reichtum. Ich besitze eine schwarze Sklavin, sonst nichts.«
    »Ich kann mit Eurer Sklavin nichts anfangen.«
    »Wir sind beide Protestanten, Kapitän. Bringt mich von diesen Papisten fort, damit ich wieder in meine Kirche gehen kann, wie es sich geziemt, denn es ist schon viele Jahre her, daß ich zum letzten Mal gesegnet wurde.«
    Dies schien ihm gleichgültig zu sein.
    »Ich bin ein Protestant, ja, aber nicht so gottesfürchtig, Battell, daß es mich groß kümmert, wie lange Ihr schon nicht mehr in der Kirche wart. Euch von den schrecklichen Papisten wegzubringen ist nicht Grund genug für mich, meine Vorteile hier aufs Spiel zu setzen, wo die Portugiesen so gut waren, mich Handel treiben zu lassen, obwohl ich ihr Feind bin. Gott kann auf einen Protestanten hier und da verzichten, doch kann Holland auf die Erträge meiner Reise verzichten?«
    Ich fühlte, wie der Zorn in mir emporstieg, so zwischen die Gewinne und Verluste eingereiht zu werden, doch ich hielt mich zurück.
    »Dann werdet Ihr mich nicht mitnehmen?« fragte ich.
    »Habe ich das gesagt, Battell? Hier, wir halten volle Gläser in den Händen, und das Zeug wird verdunsten und in dieser verdammten Hitze zuneige gehen. Trinkt, Mann, trinkt.« Er hob seinen Genever und prostete mir damit zu. »Natürlich werde ich Euch mitnehmen«, sagte er und stürzte den Inhalt seines Glases hinab, als sei es Wasser.
    »Das werdet Ihr?«
    »Wie viele tausend Männer hat England geschickt, um die Freiheit in meinem Land zu verteidigen, was? Wieviel Hunderttausende Pfund hat Eure Elisabeth wie in ein Sieb geschüttet, um Holland vor den Spaniern zu retten? Und nun kommt ein Engländer zu mir und sagt: ›Cornelis, bringt mich nach Hause, denn ich bin es überdrüssig, diesen Portugiesen zu dienen!‹, und ich soll es ihm ablehnen? Denkt Ihr das von mir?

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