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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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sagte ich. »Es hat keine Macht.«
    »Vernichte es! Schleudere es ins Meer!«
    »Ach, Matamba, das möchte ich nicht.«
    »Nicht einmal jetzt? Nicht einmal nach dem, was du gesehen hast?«
    Ich streichelte ihren Rücken und den Ansatz ihres Halses. Nicht einmal jetzt, das wußte ich, konnte ich es über mich bringen, mich von dieser kleinen Statue zu trennen, obwohl ihre Schöpferin sich mir in der ganzen Schwärze ihrer Seele gezeigt hatte. Und es beschämte mich, Matamba einzugestehen, wieviel mir an diesem Idol und seiner Schöpferin lag. Und so sagte ich nur: »Ich glaube nicht an die Kraft von Idolen, und wenn du eine Christin bist, solltest du es auch nicht. Es ist nur Tand. Schenke ihm keine Beachtung. Komm, laß uns baden und ankleiden und alle Hexerei aus unseren Gedanken verbannen.«
    Doch sie zitterte noch immer, genau wie ich. Ich stellte fest, daß mich das, was gerade geschehen war, in größere Furcht versetzte als der gesamte Angriff der Krieger Kafuche Kambaras. Denn nun war Doña Teresa mein geschworener Feind, und sie würde nicht der feige, prahlerische Gegner sein, als die sich die Gebrüder Caldeira de Rodrigues erwiesen hatten. Sie würde, so fürchtete ich, mir mehr Leid bereiten als diese beiden zusammen und noch dazu ein ganzes Regiment bemalter Wilder mit Lanzen, sobald sie sich mit ihrem scharfen Verstand erst an diese Aufgabe machte.

14
    Während meines gesamten Aufenthalts in Afrika hatte ich eine Flucht niemals ernsthaft in Erwägung gezogen. Sie war mir niemals möglich erschienen; auf Hunderte von Meilen näherte sich kein englisches Schiff dieser Küste, und das Landesinnere war wild und unbekannt. Es war besser, so dachte ich, abzuwarten und zu dienen und voller Vertrauen darauf zu warten, daß Don João sein Versprechen erfüllte, mich freizugeben, oder auch auf eine günstige Veränderung in den Beziehungen zwischen England und Portugal zu hoffen, die mir vielleicht die Freiheit bescheren würde.
    Doch dieser ernste Bruch mit Doña Teresa gefährdete mich sehr, und ich sah mich gezwungen, mich vor ihr zu schützen; und unter dieser Notwendigkeit erkannte ich plötzlich, daß Gottes Vorsehung mir eine Möglichkeit gegeben hatte, dieses Irrenhaus von Land zu verlassen. Wenn ich nun handelte, war dies vielleicht die Rettung für mich.
    Als ich mich also gewaschen und angekleidet und etwas geruht hatte, rief ich meine Träger herbei, ließ mich zum Hafen bringen und suchte den Holländer Cornelis van Warwyck auf, den ich als Bevollmächtigten meiner Erlösung auserkoren hatte.
    Er begrüßte mich freundlich mit einem kräftigen Klaps auf den Rücken und einem herzlichen Lachen; dann bot er mir Tabak an und den guten, starken holländischen Genever, den er in Fässern in seiner Kabine aufbewahrte. Ich lehnte die Pfeife ab, griff bei dem Schnaps aber gern zu, da ich dringend seiner Kraft bedurfte. Wir tranken auf die holländische Art, wobei wir das klare, scharfe Zeug mit einem heftigen Ruck unserer Handgelenke die Kehlen hinabstürzten, keuchten vor Befriedigung auf und füllten die Gläser erneut.
    »Euch bekümmert etwas, Battell?« sagte Warwyck dann.
    »Kann man dies so leicht erkennen?«
    »Vor zwei Stunden wirktet ihr zufrieden. Nun toben Stürme in Eurem Gesicht, und widrige Winde strömen um Euren Kopf herum.«
    »Aye«, sagte ich. »Ihr habt mich klug beurteilt. Ich habe Kummer.«
    »Mit den Portugiesen?«
    »Mit Frauen«, sagte ich.
    Woraufhin er lächelte und sehr erleichtert schien, denn ich glaube, er befürchtete, seine Gastgeber hätten sich untereinander überworfen, und seine Position in dieser Stadt war schwierig und leicht aus dem Gleichgewicht zu bringen.
    Er paffte an seiner Pfeife und betrachtete mich auf seine gemächliche Art, und ich musterte ihn genau und schätzte ihn ab, denn ich wollte eine schwerwiegende Bitte an ihn richten.
    »Habt Ihr Euch jemals gewundert, Kapitän«, sagte ich schließlich, »was ein Engländer unter diesen Portugiesen in Angola zu schaffen hat?«
    Er wirkte erheitert. Durch die dichten Wolken des Pfeifenqualms sah ich, wie seine Augen blinzelten.
    »Es ist mir in den Sinn gekommen, daß Ihr hier fehl am Platze wirkt«, sagte er sehr ruhig. »Ich dachte, es stünde mir jedoch nicht zu, Fragen zu stellen. Ich bin hier, um Handel zu treiben, und nicht, um mich in Dinge einzumischen, die mich nichts angehen.«
    »Natürlich.«
    »Doch ich habe es mich gefragt. Seid Ihr eine Art Renegado?«
    »Nay, Kapitän. Ein Gefangener.«
    Seine

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