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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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zurückzukehren.
    Das einzige wirkliche Übel, das ich in Afrika finden konnte, abgesehen von solchen wie die Hitze und die Insekten, die überall herumschwirrten, war, daß es nicht England war; deshalb verließ ich es. Doch nichtsdestotrotz hatte ich gewaltige Abenteuer erlebt; ich hatte eine Pinasse befohlen und Hand in Hand mit Wilden gekämpft und war mit Kannibalen gereist und hatte zwei Frauen geliebt, die denen Englands nur sehr wenig ähnelten. Ohne diese Erlebnisse wäre ich an Erfahrung viel ärmer.
    Bei meinen Verhandlungen mit den holländischen Händlern deutete ich die Abmachung, die ich mit Kapitän van Warwyck getroffen hatte, durch nichts an, weder durch ein verstohlenes Blinzeln noch durch ein Lächeln. Ganz geschäftsmäßig ging ich meiner Aufgabe nach, ihre Worte zu übersetzen, und verbarg meine Freude und Erwartung. Doch in mir war alles in Wallung, und ich zählte wie von Sinnen die Stunden und sagte mir, daß ich in achtundvierzig Stunden auf dem Weg nach England sein würde, in vierzig, in siebenunddreißig, und so weiter, und daß ich in soundsoviel Tagen hundert Meilen auf See sein würde, und so fort.
    Dann war es Donnerstag, und die Holländer hatten ihren Handel beendet und bereiteten sich auf den Aufbruch vor. Und dies tat ich auch. Ich glaube, mein Herz schlug an diesem gesamten Tag doppelt so schnell. Die Stunden krochen wie auf Schneckenfüßen, doch ich tanzte durch meine Aufgaben.
    Am späten Nachmittag ging ich zu meiner Hütte und nahm Matamba zu mir, und in meiner Kammer zog ich ihr die Kleider aus und betrachtete zum letzten Mal ihren jugendlichen, lebensvollen Körper, ihre hochstehenden, vollen Brüste, die kräftigen Schenkel und ihre glatte dunkle Haut, und die Stammesnarben auf ihrem Gesicht und das Brandzeichen der Portugiesen auf ihrem Schenkel und die Kratzer, die ihr Doña Teresa beigebracht hatte.
    Sie lächelte mir zu und sagte: »Du bist heute in einer seltsamen Stimmung, nicht wahr?«
    »Nay, ich bin überaus vergnügt.«
    Und oh!, es war nicht leicht, die Wahrheit vor ihr zurückzuhalten.
    Ich streichelte und liebkoste sie, und wir umarmten uns, und ich erbat einen Kuß von ihr, den sie mir schenkte, da sie, glaube ich, erkannte, daß irgend etwas Außergewöhnliches geschehen würde. Und dann öffnete sich mir ihr Körper, und ich drang in sie ein, und wir stießen und rangen und spielten das Spiel der Lust, woraufhin ich beinahe geweint hätte, denn ich wußte, daß ich aus ihrem Leben verschwinden würde, ohne ihr ein Wort der Erklärung zu bieten. Und doch sagte ich mir, daß ich ihr nichts schuldig sei. Ich hatte sie aus der Sklaverei gekauft und verhindert, daß sie in die Neue Welt gebracht wurde, was kein kleiner Dienst gewesen war, und obgleich ich nicht wußte, was mit ihr in São Paulo de Luanda geschehen würde, nachdem ich fort war, hielt sie sich immerhin in der Nähe ihres Heimatlandes auf und konnte dorthin zurückkehren. So stand mein Konto mit ihr zu meinen Gunsten. Und ich wollte ihre Klagen nicht hören noch ihre Bitten, ich möge bleiben, die sie, wie ich mir sicher war, höchst mitleidserregend äußern würde.
    Als wir uns nach dem Liebesspiel ankleideten, hätte ich ihr beinahe die Wahrheit gesagt: daß ich an diesem Abend an Bord des holländischen Schiffes gehen würde. Doch ich dachte an all die Tränen und das Leid und ließ davon ab. Auch dachte ich, es wäre gut, wenn sie nichts wußte, denn die Portugiesen würden sie wegen meines Verschwindens sicherlich befragen, und sie würden leicht erkennen, daß sie unwissend war; doch wenn sie versuchte, etwas zu verbergen, so würden sie vielleicht versuchen, es ihr unter der Folter zu entreißen, und so war es besser, daß ich ihr überhaupt nichts erzählte.
    Die Dunkelheit kam. Ich rief keine Träger herbei. Ich betrachtete ein letztes Mal São Paulo de Luanda und erreichte auf Umwegen und durch die Schatten kleiner Gassen den Weg zum Hafen, wo ich in der plötzlichen und vollständigen Schwärze der Nacht voller Freude die Lichter des holländischen Schiffes ausmachte, das dort vor Anker lag.
    Ich pfiff; dies war das Zeichen. Es klatschten Ruder im Wasser, und das Langboot kam mich holen, und bald war ich an Bord des Schiffes, und Warwyck umarmte mich und führte mich persönlich in den gewaltigen Laderaum des großen Schiffes, und um den Augenblick zu feiern, tranken wir noch einige Genever. Und dann kauerte ich mich zwischen den Fässern und Ballen der Ladung zusammen, all diesem

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