Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
smaragdbesetzten Ohrringe nackt vor mir stand, mit den dunklen Türmchen, die sich hart von ihren hochstehenden, runden Brüsten hoben, und dem Moschusgeruch der Lust, der ihre Lenden tränkte, und dann würde ich vor ihr niederknien, und sie würde mein dichtes, verfilztes Haar streicheln und meine Wangen gegen ihre glatten Schenkel drücken, und ich würde mein Gesicht in das Flußbett ihrer Weiblichkeit drücken, und meine Zunge würde den kleinen rosa Knopf suchen, der darin verborgen war, und dann – und dann, und dann, und dann…
    Oh! Wie leicht würde ich mich in den Schlingen ihres zarten Fleisches verfangen!
    Doch ich trat nicht vor. Bei Gott, wie ich es Euch bislang sicher verdeutlicht habe, bin ich in diesen Dingen der Lust kein Mann von eiserner Selbstdisziplin. Doch selbst dann gibt es eine Zeit, da es unangemessen wird, mit einer bestimmten Frau zu kopulieren, und diese Zeit war für Doña Teresa und mich schon längst gekommen.
    Sie war Dalila. Sie war Circe. Sie hatte mich in ihrem Bann, und sie hatte mich als ihr Spielzeug benutzt, und sie hatte mich fallen lassen, als ich ihre Bedürfnisse nicht mehr erfüllen wollte. Und indem sie mich fallengelassen hatte, hatte sie mir die Kraft gegeben, mich von ihr zu trennen. Wenn ich mich nun wieder in ihre Hände begab, würde ich vielleicht nie wieder daraus entkommen.
    Ah, sie war wunderschön, und sie war niemals schöner gewesen als jetzt, in der vollen Reife ihrer Fraulichkeit. Doch ich kannte sie so gut! Sie war gefährlich, ein Frauendämon, eine Lilith, ein Instrument der Verführung und Beherrschung, die sich wie ein Mädchen oder sogar wie ein Kätzchen geben konnte, wenn es zu ihrem Vorteil war.
    Ich zitterte, als ich daran dachte, wie einfach es sein würde, sie in die Arme zu nehmen, und welch großen Fehler ich damit begehen würde. Ich verstand alles, was sie behauptet hatte: daß sie mich einfach aus Zorn und Eifersucht verraten hatte. Und solche Motive waren auch nicht unbekannt in der Welt vor ihrer Zeit, nicht, seit Jupiters Königin Juno in schändlicher Weise viele ihrer Rivalinnen verhext und ihre unglücklichen Geliebten verzaubert hatte; und ich schätze, viele geringere Frauen haben ebenso gehandelt.
    Doch ich würde mich nicht noch einmal täuschen lassen. Eher würde ich aufs Geratewohl mit irgendwelchen Huren von den Straßen kopulieren, als mich in den Bann dieser Teufelin zu begeben, die ich fälschlicherweise für eine wahre Frau gehalten hatte. Ich mußte mich von Doña Teresa fernhalten, der Weisheit und der Ehre und der Sicherheit willen. So ging ich nicht zu ihr, was mir so leicht gefallen wäre.
    Statt dessen sagte ich, mit einer großen Ferne in der Stimme und einer leichten Kühle: »Nun, also werden wir keine Feinde sein. Ich wünsche dir allen Trost und Segen, Doña Teresa.«
4
    Obwohl ich mich ihr nicht unterwerfen wollte, wurde ich durch Doña Teresas gute Dienste wieder zum freien Mann. Doch es war eine eingeschränkte Art der Freiheit, die keineswegs der entsprach, die ich in den alten Zeiten genossen hatte, als ich der Lotse der Pinasse des Gouverneurs gewesen war. Es lag noch immer die doppelte Anklage auf Verrat und Vergewaltigung über mir, wegen der ich nach Masanganu verbannt worden war, und darüber hinaus die wegen des Verbrechens, aus diesem Fort geflohen zu sein; und man gab mir zu verstehen, daß mich für diese Vergehen noch eine gewisse Bestrafung erwarten würde. Doch ich mußte meine Zeit nicht mehr in dem Kerker hier verbringen, noch würde man mich nach Masanganu zurückschicken. So hatten sich meine Lebensumstände etwas gebessert.
    Ich durfte meine ehemalige Hütte am Meeresufer nicht mehr beziehen. Statt dessen bekam ich ein viel bescheideneres Heim, einen Raum im Erdgeschoß der Kasernen, in denen die gewöhnlichen portugiesischen Soldaten wohnten, und ich bekam diesmal auch keine Diener. Doch ich hätte kaum etwas besseres als dies erwarten können, und selbst die Kasernen waren ein guter Schritt aufwärts von der Fäule des Kerkers oder der üblen Feuchtigkeit von Masanganu. So zog ich ohne Murren dort ein und nahm meine Mahlzeiten mit den Soldaten ein, aß wie sie bescheidene Mehlsuppen oder Haferschleim und das sehnige, gekochte Fleisch unbekannter Tiere und spülte alles wie sie mit dem schalen Bier oder dem leichten Palmwein hinab, den sie bekamen.
    Unter diesen Soldaten suchte ich keine Freundschaften, denn sie waren alle halb so alt wie ich und erst in den letzten Jahren aus Portugal

Weitere Kostenlose Bücher