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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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oder den anderen Kolonien hierher gekommen. Ich schätze, sie sahen wie eine Art Phantom auf mich herab und fanden mich furchterregend: ein hagerer, großer Engländer mit wilden Augen, von dem es hieß, er habe schreckliche Verbrechen begangen und lange Jahre der Zwangsarbeit im Landesinneren überstanden, an einem Ort, den sie verabscheuten.
    Sie begriffen nicht, wieso ich überhaupt in Angola war, noch konnten sie mich als Gefährten akzeptieren, da ich mich von ihrem Wesen so völlig unterschied. Es gab Zeiten, da hätte ich beinahe gesagt: »Nay, ich bin nur der gutmütige Andy Battell, der euch nichts Übles will«, doch ich sagte es nicht.
    Denn allmählich sah ich ein, daß dieser gutmütige Andy Battell, dieser liebenswürdige junge Mann, der England verlassen hatte, um ein wenig Gold zu gewinnen, mit dem er seine Liebste heiraten konnte, schon seit langem tot war, begraben in der Hülle des Mannes, der den gleichen Namen trug.
    Ich war unschuldig und fröhlich gewesen, sogar etwas unbedarft; und wegen dieses unbedarften Wesens hatte Gott es als geziemend erachtet, mich von einer Gefangenschaft in die andere zu schicken, von einer Qual in die anderen, und dies hatte mich sehr gewandelt, denn es war nur sehr wenig übrig geblieben von dem ursprünglichen Andy Battell, bis auf eine gewisse starrköpfige Beharrlichkeit und, so hoffe ich, ein gewisses Maß an Ehre.
    Während meiner Abwesenheit hatten sich in diesem Land auch andere Änderungen vollzogen. Die offensichtlichste lag darin, wie sehr São Paulo de Luanda gewachsen war, ein Ort, der nur aus schlammigen Straßen und Gebäuden mit Strohdächern bestanden hatte, als Thomas Tomer und ich im Juni des Jahres 1590 hierher verschleppt worden waren; und nun, zehn und noch ein paar Jahre darauf, war eine wirkliche Stadt daraus geworden, mit schönen Palästen und Kirchen und Regierungsgebäuden überall. Dies verriet mir, daß die Portugiesen große Gewinne aus diesem Ort ziehen mußten und daß sie ihn zu ihrem wichtigsten Stützpunkt auf der dem Atlantik zugewandten Seite Afrikas gemacht hatten, wobei sie sich fast völlig aus ihrem früheren Herrschaftsbereich im Inneren des Königreichs Kongo zurückgezogen hatten.
    Es hatte auch unter den Bewohnern der Stadt Veränderungen gegeben. Ich habe schon davon gesprochen, wie sich Doña Teresa von einem stattlichen Mädchen in eine mächtige und erstaunliche Frau verwandelt hatte, praktisch die Königin der Stadt. Ein paar andere, die ich früher gekannt hatte, fielen mir noch auf; sie waren in ihren Positionen jedoch zumeist sehr aufgestiegen. Pedro Faleiro, mein Schiffsgefährte auf den Küstenfahrten, war nun der Admiral, während mein anderer Segelgefährte Pinto Cabral als sein Stellvertreter diente. Mendes Oliveira war tot; Manoel de Andrade war im Süden; ihm unterstand der Hafen von Benguela; Manoel Fonseca, der in Masanganu die Befehlsgewalt gehabt hatte, als ich nach dem Massaker, das Kafuche Kambara angerichtet hatte, dorthin gebracht worden war, war nun der Hauptmann des Presidios von São Paulo de Luanda. Seinen Vorgänger in diesem Amt, Fernão de Souza, sah ich gelegentlich, wie er von Eingeborenensklaven, die in die farbenprächtigsten, pompösesten Gewänder gekleidet waren, in einer Sänfte getragen wurde. Souza selbst neigte noch immer dazu, schmucke Kleidung und wundersame Farben zu tragen, wirkte jedoch weicher, nicht mehr so stattlich, denn er glitt nun allmählich in jene Art von Lebensmitte, die einige dieser ungestümen Portugiesen überkommt, wenn sie zu hoch aufsteigen und zu viel Wein und Trägheit genossen haben. Ich hatte kein Zusammentreffen mit Souza und wünschte mir auch keins. Was meinen anderen alten Feind betraf, Gaspar Caldeira de Rodrigues, so war er kürzlich zu meiner großen Erleichterung zu den portugiesischen Ländereien in Indien aufgebrochen.
    Ein anderer, den ich nur aus der Ferne sah, war Don João de Mendoça, und sein Anblick betrübte mich zutiefst. Er war kurzatmig und leberleidend geworden; sein Gesicht hatte einen beinahe grünen Farbton angenommen und war sehr aufgedunsen, und seine Augen, die unter Falten kränklichen Fleisches lagen, waren kaum noch zu sehen. Er ging langsam und mit einem schmerzhaften Humpeln, und es war offensichtlich, daß sich die Hand des Todes langsam, aber unausweichlich um ihn schloß. Ich hatte nicht direkt mit Don João zu tun. Längst waren die Tage vergangen, da er mich zu einem Festmahl mit vielen Fleischsorten und Wein in

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