Herr der Finsternis
wird seinen Posten nicht mehr lange halten. Doch im Augenblick herrscht er noch. Don Fernão macht sich für deinen Tod stark, wie auch Caldeira de Rodrigues. Doch ich widerspreche, und Don João ist nicht unwillig, und ich glaube, wir werden die Oberhand behalten.«
»Ah. Dein Gatte sucht immer noch Rache für die Vergewaltigung, die gar nicht stattgefunden hat!«
»Ich habe ihm gesagt, daß sie nicht stattgefunden hat.«
»Warum will er mich dann hängen lassen? Glaubt er dir nicht?«
»Er glaubt mir. Er hegt keinen privaten Groll gegen dich. Um seiner Position willen muß er in der Öffentlichkeit Feindschaft gegen dich zeigen, weil du seine Frau entehrt hast.«
»Um seiner Position willen?« fragte ich. »Und was für eine Position ist das?«
»Er ist zweiter Vizekönig { * } unter Don João, und er wird, glaube ich, ihm in seinem Amt folgen.«
Darüber lächelte ich. »Also hast du deinen Plan fast schon bewerkstelligt. Bald wirst du die Frau des Gouverneurs sein, und weil er ein schwacher und dummer Mann ist, wirst du in Wirklichkeit der Gouverneur sein, obwohl er die Amtskette trägt. Ich applaudiere dir, Doña Teresa! Ich beglückwünsche dich in größter Bewunderung!«
»Andres…«
»Warum die sanften Worte? Warum die ausgestreckte Hand? Doña Teresa, du hast mich auf sechs Jahre in eine schreckliche Verbannung geschickt.«
»Und dich vor dem Hängen gerettet, und ich werde dich wieder retten, und ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, um den Schaden, den ich dir zugefügt habe, wieder gutzumachen. Ich bitte dich, daß du deinen Haß auf mich fallen läßt. Ich bitte dich, daß du dich an unsere Liebe erinnerst, die so hell gebrannt hat.«
Ich schloß die Augen und wandte den Kopf ab.
»Du wirst mich nicht noch einmal zurückweisen!« rief sie, und alle Zärtlichkeit, die in ihre Stimme gekrochen war, war daraus verschwunden.
»Ah, du befiehlst mir also, dich zu lieben?«
»Ich befehle gar nichts!«
»Was wollt Ihr dann von mir, meine Dame?«
»Nichts, was wir nicht schon zuvor hatten.«
»Wir sind nicht mehr die, die wir einmal waren«, entgegnete ich.
»Ich sage dir, nichts hat sich geändert.«
»Aye, aye, du hast recht«, sagte ich mit einem Nicken. »Nichts hat sich geändert. Nur, daß ich deinetwegen sechs Jahre in der Verbannung zugebracht habe, während du dich in Seide und Perlen gekleidet und in großer Pracht am Meer gelebt hast. Du hast an guten Weinen genippt, und ich habe Galle getrunken. Du hast seltenes Geflügel gegessen, und ich habe den Gestank von Coccodrillos gerochen. Doch nichts hat sich geändert.«
»Andres…«
»Oh, ich glaube, ich habe geweint, als ich Euch für tot hielt, meine Dame!«
»Andres«, sagte sie erneut, und wieder machte ihre Stimme die Reise vom Stahl zum Samt. »Hör mir zu und lege deinen Zorn für den Augenblick ab. Von dem Moment an, da ich dich zum ersten Mal sah, habe ich dich geliebt. Du warst wie die Sonne, dachte ich, du mit deinem goldenen Haar und deinen blauen Augen – allein wenn ich dich anschaute, verspürte ich eine Wärme, ja sogar eine starke Hitze. Und seit diesem Augenblick habe ich dich immer höher geschätzt als alle anderen Männer. Wenn ich dich betrogen habe – und ich habe dich höchst schändlich betrogen –, dann geschah es aus einem Übermaß an Liebe, aus einem Zuviel an Leidenschaft. Doch wenn du dich mir wieder zuwendest, werde ich dich voll entschädigen, das schwöre ich dir!«
»Was genau willst du von mir, Doña Teresa?«
»Ich dachte, ich hätte es gesagt.«
»Du hast von sehr verschwommenen Dingen gesprochen. Benenne den Dienst, den ich dir erbringen soll.«
Über das Funkeln ihrer Augen senkte sich ein verhüllender Schleier aus neuerlichem Zorn.
»Andres, bitte…«
»Benenne ihn!«
»Nein«, sagte sie und wandte sich von mir ab. »Dies hat keinen Nutzen. Zuviel Zeit ist zwischen uns getreten.«
»Zeit und auch andere Dinge.«
»Fürwahr. Geh, Andres.«
»Und ich bin dein Feind?«
»Niemals wieder«, sagte sie. »Doch geh! Schnell!«
Ich konnte die heißen Wellen des Verlangens, die von ihr ausströmten, deutlich fühlen, und ich wußte, daß ich selbst jetzt nur zu ihr treten, mit meinen Fingerspitzen ihre nackte Schulter berühren mußte, und sie würde mir in einem Augenblick gehören. Ich zögerte. In meinem Geist blitzte das Bild von Doña Teresa auf, wie sie eine geheimnisvolle Schnalle öffnete und ihr Gewand fallen ließ, so daß sie bis auf ihre Perlen und die
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