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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Bösen könne von dem großen Jaqqa über mich auf sie übergehen; doch ich beruhigte sie, und sie stellte mir viele Fragen und sagte mir, daß der langbeinige Kinguri ein Bruder des Calandola sei und selbst ein berühmter Mann, was ich nicht gewußt hatte.
    Wir unternahmen eine zweite Reise nach Benguela und nahmen gewisse Beile und Messer und andere allgemeine Dinge mit, die die Jaqqas brauchten, und bekamen dafür weitere Sklaven: Denn es war den Jaqqas ein leichtes, die Dorfbewohner zusammenzutreiben und uns zu einem geringen Preis zu überlassen. So wurde ich, der ich noch vor kurzem ein elender Gefangener und ein Verbannter gewesen war, noch reicher.
    Es gab nun ein Kontor in São Paulo de Luanda, das von einem Spanier mit Verbindungen zum Hause Fugger, das in Europa beträchtliche Banken besitzt, betrieben wurde, und ich brachte mein Geld dorthin, um es zu vermehren. Dies war ein edles Gemäuer mit weißen Wänden und schwarzen Holztäfelungen und einer großen Treppe aus irgendeinem feinen schwarzen Holz, die sich zum Raum in der ersten Etage erhob, wo die geheimen Bankgeschäfte vorgenommen wurden; die Spanier waren überaus höflich und zuvorkommend und scharwenzelten herum wie kleine Hündchen, katzbuckelten und sagten mit großem Eifer »Si, Se ñ or Battell«, als sei ich ein großer Herr mit eingeöltem und gewachstem Haar und einem Espaniardo-Schnurrbart, und gaben mir eine Empfangsbestätigung für meine Reis auf feinem Pergament, die überaus heroisch mit Schnörkeln und Vignetten verziert war, wie man vielleicht eine Landkarte zum Paradies schmücken würde.
    Und ich wußte, daß ich in der Entwicklung meiner Seele eine weitere unsichtbare Linie in ein neues Territorium überschritten hatte, denn nun war ich ein Sklavenhändler und konnte diese Wahrheit nicht verbergen: Denn wie sonst soll man einen Menschen nennen, der Männer und Frauen von Kannibalen kauft und sie an die Portugiesen weiterverkauft? Ich, der ich kaum ein oder zwei Pfund besessen hatte, hatte auf meinem Konto der Fugger in Augsburg nun viele tausend Reis liegen; das heißt, ich war ein wohlhabender und bedeutender Mann, der seinen gesamten Reichtum aus dem Handel mit Seelen und dem Umgang mit Menschenfressern gewonnen hatte. Das war Gottes kleiner Scherz mit mir, der ich ein ehrbares Leben geführt hatte.
    In diesen fünf Monaten unternahmen wir noch eine dritte Reise zu den Jaqqas im Süden und brachten noch mehr Sklaven zurück. Doch als wir zur vierten Reise aufgebrochen waren, fanden wir sie nicht mehr. Ich wußte mittlerweile genug von den Jaqqas, daß mir klar war, daß Imbe Calandola sich nicht lange an einem Ort aufhalten würde; und er und seine Gefolgsleute waren des Benguelalandes überdrüssig geworden, denn sie hatten all ihren Wein verbraucht, und in diesen Landesteilen gibt es keine Palmbäume, aus denen man Wein machen kann, obwohl andere Nahrungsmittel dort im Überfluß verfügbar sind. So waren sie zur Provinz Bambala weitergezogen, zu einem großen Fürsten namens Calicansamba, dessen Gebiet fünf Tagesmärsche im Landesinneren liegt.
    Da wir nicht ohne Handelsgüter zurückkehren wollten, faßten wir den Entschluß, ihnen ins Landesinnere zu folgen. So gingen fünfzig von uns an Land, darunter Kapitän Diogo Pinto Dourado und sein Bootsmann, und ließen das Schiff unter Bewachung in der Bucht von Benguela zurück. Und wir marschierten zwei Tage lang ins Landesinnere, wo alles grün war, der Erdboden lohfarben und die Luft voller kleiner leuchtender Vögel mit Augen wie Saphiren und Schnäbeln aus Feuer, und betraten schließlich das Herrschaftsgebiet eines großen Fürsten namens Mofarigosat. Und als wir in seine Hauptstadt kamen, stellten wir fest, daß sie völlig niedergebrannt und zerstört worden war, wobei hier und da blutige, geschundene und schrecklich verkrümmte Leichen lagen, was mir von einem anderen traurigen Gemetzel vor langer Zeit vertraut war.
    »Die Jaqqas waren hier und sind weitergezogen«, sagte Pinto Dourado.
    Er schickte nach einem Negersklaven, den er von den Jaqqas gekauft hatte und der bei uns weilte, und befahl ihm, dem Fürsten Mofarigosat eine Nachricht zu überbringen. Der Sklave sagte Mofarigosat, wir seien weiße Männer, die mit den Jaqqas verbündet seien, und verlangten daher Zutritt und freies Geleit durch sein Gebiet.
    Zwei Tage verstrichen, und wir glaubten schon, unser Botengänger sei erschlagen worden, was eine große Beleidigung gewesen wäre und uns zu einem Krieg

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