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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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herausgefordert hätte. Doch dann kehrte der Sklave zurück, und bei ihm war ein Würdenträger von Mofarigosats Hof, ein breitnackiger Schwarzer mit einer großen, scharlachroten Amtsschärpe auf seiner Brust, der sich tief vor uns verbeugte, als seien wir Dämonenfürsten aus der Hölle, und überaus unterwürfig sagte: »Mein Herr bittet mich, Euch zu sagen, daß Ihr hier willkommen seid.«
    Mofarigosat selbst war weniger bescheiden. Dieser Häuptling, der uns einen Tag später in seiner Hauptstadt empfing, stand aufrecht vor uns, und seine Augen blitzten, und es lag kein Lächeln auf seinen Lippen, als er uns in sein Heim bat: »Tausendmal willkommen«, sagte er, doch seine Stimme war kühl, und er täuschte dieses Willkommen nur vor. Es bedurfte nicht viel an Verstand, daß er uns lediglich aus Furcht vor Imbe Calandola willkommen hieß.
    Mofarigosat war ein Mann von beinahe sechzig Jahren, mit weißem Haar und ebensolchem Bart, aber von großer Kraft und Vitalität. Sein Körper war schlank und stark und sah aus wie der eines Kriegers, es war kein Fetzen Fett zuviel daran. Er trug lediglich einen blauen Lendenschurz und ein Halsband aus kleinen goldenen Plättchen. Das Gold überraschte uns, denn dieses Metall war unter dem afrikanischen Volk, das hier lebte, nicht sehr begehrt.
    Mofarigosat begrüßte uns vor seiner Ratskammer, schritt von einem zum anderen und musterte uns genau, unsere Haut, unsere Gewehre, unsere Rüstungen, denn diesen Landesteil hatte zuvor noch kein Weißer betreten. Schließlich sagte er in der Kikongo-Zunge, aber mit einem fließenderen südlichen Akzent: »Dient Ihr dem großen Imbe-Jaqqa, oder ist er Euer Vasall?«
    Pinto Dourado bedeutete mir, daß ich ihm antworten sollte, und nachdem ich mir schnell eine Erwiderung ausgedacht hatte, sagte ich: »Wir sind gleichberechtigte Verbündete, die zum allgemeinen Vorteil beider Seiten miteinander handeln.«
    »Ah«, sagte Mofarigosat. »Gleichberechtigte Verbündete.«
    »Was denn, du hättest ihm sagen sollen, daß der Jaqqa unser Diener ist!« wandte sich Pinto Dourado voller Schärfe an mich.
    »Ich glaube, diese Lüge wäre zu gewagt gewesen«, sagte ich. »Sie kennen den Jaqqa hier zu gut.«
    Mofarigosat befahl ein Fest für uns und bekundete keine Feindschaft für Calandola, obwohl dieser eines seiner Dörfer niedergebrannt und vernichtet hatte. Diesen Vorfall schien der Häuptling lediglich als eine Verpflichtung des Imbe-Jaqqa zu erachten. Während Calandola durch sein Gebiet marschierte, mußte man damit rechnen, daß er irgendwo innehalten würde, um zu speisen, und wenn er sich an einigen Untertanen des Mofarigosat ernährte, nun, dann war das eben so. Ich verstand nun, wieso dieser Fürst hier so lange hatte herrschen und unbelästigt ein so hohes Alter erreichen können; denn auch er kannte die Kunst, sich der Brise zu beugen, um nicht von einem Sturm umgeknickt und fortgeweht zu werden.
    Doch offensichtlich war er kein unbedeutender Häuptling, sondern eher ein überaus mächtiger Fürst, und auch kein Feigling, sondern ein kluger und kühner Mann. Mofarigosats Stadt war groß und gut bestellt, mit vielen Gebäuden und großen, hölzernen Palästen, die dick mit Stroh gedeckt waren und mit einer Palisade aus gespitzten Pfählen darum herum, die man nicht leicht durchbrechen konnte. Er hatte eine große Anzahl von Kriegern, die stark und fähig und mit Lanzen und großen Bögen bewaffnet waren, und achtete sorgsam darauf, sie uns auch vorzuführen.
    Ich glaube, hätte Imbe Calandola sich entschlossen, diesen Fürsten Mofarigosat anzugreifen, wäre es ihm nicht leicht gefallen, ihn zu unterwerfen. Am Ende hätten die Jaqqas wahrscheinlich triumphiert, denn ich glaube, daß Calandola so sehr von seiner Unbesiegbarkeit überzeugt ist, daß er alle anderen auch davon überzeugen könnte, selbst seine Feinde. Doch der Versuch wäre ihm teuer zu stehen gekommen. So hatte sich Calandola dieses Mal entschlossen, seine Kraft nicht in einem schweren Krieg mit Mofarigosat zu verschwenden, sondern in einem weiten Bogen um die Stadt und in den dichteren Urwald zu ziehen, der die wahre Heimat der Jaqqas ist.
    Und als ich die Größe von Mofarigosats Heer und das harte Wesen des Mofarigosat selbst sah, bekam ich wegen unserer eigenen Sicherheit an diesem Ort Bedenken, da wir nur fünfzig Mann waren und sie viele hundert. Ich wußte, daß die Spanier die gesamten Nationen von Mexiko und Peru mit Heeren erobert hatten, die kaum größer

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