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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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gewesen waren als unser kleiner Trupp, doch diese Stämme waren Indianer und keine Neger gewesen und hatten sich vielleicht leichter von Musketen und weißer Haut entmutigen lassen, da Indianer zerbrechlichere und furchtsamere Menschen als Neger waren. Mir war nicht aufgefallen, daß sich die Truppe des Kafuche Kambara, als sie die Portugiesen in der Wüste überfallen hatten, von solchen Dingen entmutigen ließ. Und ich war auch nicht der Meinung, daß sich Mofarigosat davon entmutigen lassen würde.
    Zuerst war alles ein Fest und eine Feier. Der Palmwein floß wie Wasser, und Mofarigosat ließ das beste Vieh herbeibringen und zu unserem Vergnügen schlachten, und wir aßen und tranken, bis wir ganz lethargisch davon waren.
    Pinto Dourado ist zugute zu halten, daß diese höfliche Behandlung schon früh seinen Argwohn erregte; er hielt sie für das Vorspiel eines Massakers, das erfolgen würde, wenn wir alle völlig betrunken waren. So gab er den Befehl, daß immer fünf unserer fünfzig Mann überhaupt nichts trinken durften und daß wir alle auch während des Festes die Musketen in unserer Reichweite halten mußten.
    Die Freundlichkeit, die Mofarigosat uns entgegenbrachte, hielt noch einige Tage an. Immer wenn sich der orangene Ball der Sonne schnell dem fernen blauen Schild des Meeres näherte, versammelten wir uns und feierten mit Mofarigosat und seinem Volk, und oftmals saß der Fürst den Festlichkeiten vor. Es wurde getanzt, wobei sich Männer und Frauen mit dem Gesicht zueinander in zwei Reihen aufstellten, mit den Füßen stampften und dann aufeinander zuliefen, um mit Hüftstößen den Geschlechtsakt nachzuahmen. Doch dieser Tanz war weit weniger unzüchtig als der ähnliche, den die Jaqqafrauen aufgeführt hatten, denn diese Jaqqas hatten ihre schlüpfrigen Körper in heißer Leidenschaft aneinandergerieben, und diese hier stellten den Akt beinahe auf keusche Art dar, wobei sie sich nicht berührten. Doch es war kein Tanz, wie man ihn in England oder Portugal zu sehen bekommt, und er erzeugte einige Lust in uns.
    Um diese Lust zu stillen, bekamen wir Frauen: nicht die von Mofarigosats Stamm, keineswegs, sondern Sklavinnen aus einigen anderen Stämmen. Andere Frauen dieses Landes schärften der Schönheit willen ihre Zähne, doch diese hier hatten diese Mode bis zum Äußersten getrieben. Ihre zugespitzten, nadelscharfen Zähne waren für mich alles andere als schön. Auch war ihre Haut reich verziert, und zwar nicht einfach mit den üblichen Schnitten und Narben, sondern mit gefärbten Mustern, die mit scharfen Klingen in die Haut geritzt werden, auf Stirn, Brüsten, Schultern und Hinterbacken, wodurch diese Mädchen buntgefleckt und fremdartig wirkten.
    Ich wurde Zeuge, wie man einem Mädchen diese Hautfärbung einritzte; es mußte sich auf den Boden legen, während ein Künstler dieses Gewerbes eine Blume in ihren Bauch meißelte. Es hieß, daß Mädchen, die diese Marter ohne Schreie ertrugen, problemlos Kinder bekommen würden; doch wenn sie die Schmerzen nicht ertrugen, würden sie niemals heiraten dürfen und in die Sklaverei verkauft werden. So wählen Männer, die auf Brautschau sind, zuerst jene Frauen aus, die die schönsten Verzierungen auf den Bäuchen haben.
    Nun, in der Dunkelheit bemerkt man solche Verzierungen nicht, noch stört man sich an Zähnen, die spitz zugeschliffen sind. So nahmen wir an den Geschenken des Mofarigosat bereitwillig unser Vergnügen. Für mich war es eine besondere, geheime Freude, mein Mädchen in die Arme zu nehmen und vorzugeben, es sei Matamba, denn die Art und Weise, wie sich ihre Haut anfühlte, wie ihre Schmucknarben angebracht waren und wie ihr Körper süß roch, erinnerte mich in der Tat an Matamba. Doch sie kam Matamba in den Künsten der Bettkammer nicht einmal entfernt gleich, woraufhin ich mich wieder danach sehnte, zurück in São Paulo de Luanda und in Matambas Umarmung zu sein.
    Doch als wir mit Mofarigosat darüber sprachen, ihn zu verlassen, und ob wir vielleicht einen Führer von ihm bekommen könnten, der uns zur Stadt des Calicansamba bringen würde, lachte er nur, schlug uns erheitert auf die Schultern und rief: »Bleibt bei uns! Teilt unser Fleisch mit uns! Warum wollt Ihr so eilig aufbrechen?«
    Woraufhin wir nur noch argwöhnischer wurden. Ich sprach mit Pinto Dourado und sagte ihm, was ich für den wirklichen Grund von Mofarigosats Freundschaft hielte, nämlich, daß er fürchtete, wir könnten uns mit Calandolas Jaqqas zusammentun, und

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