Herr der Finsternis
Ntadi oder Nkondi oder Mavena und dergleichen ihre Opfer. Mich dünkt, daß sich dies nicht gewaltig von der Art der Papisten unterscheidet, einen hohen Gott zu haben, der weit über allem herrscht, und die Gebete an die Heilige Maria oder den Heiligen Antonius und dergleichen zu richten, die es eigentlich sind, die die Menschen begünstigen. Und womöglich nehmen diese Heiden deshalb so bereitwillig den katholischen Glauben an, den die Jesuiten ihnen bringen. Ich glaube, den Jesuiten würde es nicht sehr gefallen, wenn sie wüßten, daß ihre Heiligen von den Afrikanern nur als neue Mokissos angesehen werden.
Ich erfuhr alles, was ich über den Glauben dieses Volkes lernte, von einem gewissen Zauberer aus Mofarigosats Stamm, dessen Name Mboma lautete. In der Sprache dieser Landesteile ist Mboma die schwarze Pythonschlange, und Borna ist das Wort für »Furcht«, so daß dieser Zauberer Mboma von großer Macht war und sein Name in etwa Herr der Furcht bedeutete. Doch er war überhaupt nicht schwarz: er entstammte vielmehr der Ndundu -Rasse , die die Portugiesen Albinos nennen, mit einer so weißen Haut, daß sie weißer als die einer englischen Maid war, einer Haut, die eher die Farbe von Papier denn die von Haut hatte, und auch mit Haar von heller Farbe, obwohl es in keiner Hinsicht dem meinen glich, sondern eher weiß denn golden war, und mit Augen, die rosa waren, wie die eines Negers braun und die meinen blau waren.
Dieser Hexer Mboma war ein kleiner, zerbrechlich wirkender Mann, der einen Sonnenschirm aus Palmfasern trug, um sich vor der sengenden Sonne zu schützen. Und das Volk schien Angst vor ihm zu haben und hielt sich von ihm fern.
Ich erinnerte mich daran, daß ich, als ich am Anfang meiner Tage in Afrika in Loango gewesen war, einen dieser Ndundus gesehen hatte, der mir höchst furchterregend erschienen war, einen wahrhaftigen Höllen-Dämon, und mich seine Blicke und drohenden Gesten sehr bestürzt hatten; doch dieser Mboma erschreckte mich trotz seines fürchterlichen Namens überhaupt nicht. Er kam zu mir, berührte mich am Arm und am Bart und bedeutete mir, ich möge mich bücken, damit er mein Haar berühren könne, das außerhalb seiner Reichweite war. Und er sagte zu mir: »Mokisso, Mokisso«, womit er mir wohl sagen wollte: »Ihr werdet von den Göttern beschützt«, oder vielleicht auch: »Ihr seid ein Heiliger«; was genau, bin ich mir nicht sicher.
Ich ging mit diesem Mann in der Stadt herum, und er zeigte mir die Schreine der Mokissos und ließ mich ihre Zeremonien beobachten und erklärte mir einige Bedeutungen der Riten, die ich sah. Er behandelte mich so aus Respekt vor meiner weißen Haut und meinem goldenen Haar, welches mir während meiner gesamten Zeit in Afrika unweigerlich besondere Aufmerksamkeit bescherte.
Dieser Ndundu, der ein Nganga oder Priester oder Hexer oder Medizinmann war, wie ich schon sagte, kam jeden Tag zu mir, zerrte an meinem Arm und führte mich zu einer neuen Festlichkeit. Eine davon war der Beschneidungsritus, denn alle diese Schwarzmohren bis auf die christlichen der Küstengebiete, die ihr abgeschworen haben, praktizieren die Beschneidung. Ich vermute, sie tun dies nicht aus religiösen Gründen, wie es bei den Juden und den Muselmanen der Fall ist, sondern um ihre Männlichkeit zu beweisen: Eine Frau würde es nicht als geziemend erachten, einen Mann zu heiraten, der noch seine Vorhaut hat. In der Tat ist die Vorhaut für sie überaus seltsam, und wenn ich mit Eingeborenenfrauen der heidnischen Stämme kopulierte, haben sie oftmals mit meiner gespielt, sie wie ein Spielzeug vor und zurück geschoben, bis ich sie nachdrücklich daran erinnern mußte, welcher Sache wir miteinander nachgehen wollten.
Es bereitete mir kein großes Vergnügen, Zeuge der Beschneidung zu werden. Dies geschah bei Knaben von zwölf Jahren, die mit weißer Erde beschmiert wurden und lange miteinander tanzten, wobei sie überaus freudig und aufgeregt wirkten, wenngleich man annehmen sollte, sie hätten eher verängstigt dreingeschaut. Dann gingen sie in ein dunkles Haus, in dem sie bei sehr karger Nahrung mehrere Tage blieben; und als sie herauskamen, wurden sie mit roter Erde eingerieben, und Tiere wurden geopfert, und die Knaben tanzten erneut. Dann sprach der Ndundu Gebete, und der Beschneider, der auch der Schmied des Ortes war, trat mit einer eisernen Sichel in der Hand vor. Die Knaben setzten sich mit gespreizten Beinen auf den Boden, und Helfer des Beschneiders traten hinter
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