Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
Mofarigosat, die völlig heidnisch war, da die Verkünder Jesu nie so tief in dieses Land vorgedrungen sind, hatten sie heilige Häuser für ihre Mokissos oder Idole, die die Portugiesen Feitissos oder Fetische nennen. An ihren heiligen Tagen, von denen einer sehr kurz auf meine Verbannung an diesen Ort folgte, kleidete sich das Volk ganz in Weiß und beschmierte sich zum Zeichen der Reinheit mit weißer Erde. Ich sah, wie sie Hähne und Ziegen töteten, die sie ihren Mokissos anboten, doch sobald die Tiere tot waren, rissen sie sie mit bloßen Händen in Stücke, von denen der Besitzer den kleinsten Teil bekam, während seine Freunde und Verwandten darüber herfielen und jeder ein Stück ergriff. Diese kochten und aßen sie sehr gierig. Sie zerschnitten die Eingeweide in kleine Stücke, drückten den Kot mit den Fingern heraus und kochten sie mit anderen Organen, ein wenig Salz und dem Pfeffer, der den Portugiesen als Malagueta bekannt ist, und aßen sie, ohne das Blut abzuwaschen; für sie war dies ein überaus köstliches wie auch ein heiliges Gericht.
    Sie begangen ihren Feiertag auf einem großen, offenen Platz, auf dessen Mitte sie eine Art Tisch oder Altar von etwa vier Fuß Durchmesser errichteten, der von vier Tonbeinen gestützt wurde, die mit grünen Ranken und abgerissenen Blättern des Schilfgrases geschmückt wurden. Dieser Altar wurde am Fuß eines Baumes errichtet, der ihren Gottheiten geweiht war, und darauf legten sie, damit sich ihre Idole daran laben konnten, Guineaweizen, Hirse, Reiskörner, Palmwein, Wasser, Fleisch, Fisch, Beynonas und andere Früchte. Ich glaube, sie waren davon überzeugt, daß ihre Götter dieses Opfer aßen, obwohl sie tagtäglich sahen, wie sie von Vögeln verzehrt wurden.
    Ein Priester, der auf einem hölzernen Stuhl vor dem Altar saß, hielt in einer geheimen Sprache, die ich nicht verstand, eine viele Minuten währende Predigt, bei der er sich mitunter heftig ereiferte. Dies kann man wohl damit vergleichen, wie ein Papistenpriester vor dem Volk spricht, das nur Spanisch oder Deutsch oder dergleichen versteht. Die Gemeinde war sehr aufmerksam. Der Priester besprenkelte die Gesichter der Andächtigen mit Schnaps aus einem Topf, und dann fingen alle an zu singen, tanzten um den Baum und den Altar herum und spielten auf ihren Musikinstrumenten, bis sich der Priester erhob und den Altar mit dem geweihten Schnaps besprenkelte. Woraufhin sie alle riefen: Ei-jau, Ei-jau, was wohl so etwas wie »Amen« bedeutete, und dann nach Hause gingen.
    Ich gestehe, daß ich wegen dieser Zeremonien recht unentschlossen war; waren sie nun so von Übel wie die Verehrer des Goldenen Kalbes, gegen die Moses schimpfte, oder waren sie nur die andersartige Ausprägung einer Verehrung des wahren Gottes im Himmel? Denn sicher gibt es nur einen Gott, der die Papisten und Protestanten und Heiden alle gleich geschaffen hat, und Er weigert sich nicht, von jedem Seiner Geschöpfe Ehrungen zu empfangen, gleichgültig, in welche Phrasen sie ihre Hingabe kleiden.
    Ich weiß, daß dies Blasphemie ist, wegen der ich in jedem beliebigen Land Europas, einschließlich meines eigenen, lebendig verbrannt werden könnte. Und doch spreche ich dies hier frei aus, da ich alt bin und das Verbrennen nicht halb so sehr fürchte, wie ich es fürchte, die Wahrheit dessen, was ich gefühlt und empfunden habe, zu verbergen.
    Ich sah den Mokisso namens Nkondi, der wie ein Mann von der Größe eines Kindes war und vor Dieben schützt. Mavena, ein Hund mit geifernden Fängen, behütet vor Verführern. Ntadi, ein zwergenhaftes Ungetüm mit menschlichem Gesicht, spricht in Träumen, um vor Gefahren zu warnen. Und es gab noch andere, die Fruchtbarkeit oder Wohlstand oder Erfolg bei Kriegszügen oder Sicherheit gegen Hexer bescherten. Die Ernte und die Regenfälle standen unter dem Befehl Mbumbas, einer Schlange, die gleichzeitig ein Regenbogen war, und bittet mich nicht zu erklären, wie eine Schlange und ein Regenbogen ein und das gleiche sein können.
    All diese Geister waren jeder ein Teil von Nzambi Ampungo, der höchsten Macht, was bei uns Gott der Allmächtige ist. Sie beten Nzambi Ampungu nicht direkt an, da sie der Meinung sind, er sei von den menschlichen Belangen zu weit entfernt, sei unsichtbar und unzugänglich und könne nicht in der Gestalt eines Idols dargestellt werden, das man anbeten könne. So beschränken sie sich darauf, Nzambi Ampungu in ihren Herzen zu verehren, sprechen jedoch eigene Gebete und entbieten

Weitere Kostenlose Bücher