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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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die lebenswichtigen Stellen zu suchen, so daß ich bei keinem ein zweites Mal zustoßen mußte. Ich stellte meine Arbeit auch nicht in Frage. Es war meine Aufgabe, dieses Wegschneiden, dieses Entwurzeln. Ich tat es gut. Ich stand in den Diensten des Imbe-Jaqqa.
    »Es ist genug«, sagte Calandola schließlich. »Wir haben sie alle erschlagen.«
    Draufhin gingen er, Kinguri und ich zum Fluß, entkleideten uns dort im Regen, gingen in den verschlammten, angeschwollenen, von Coccodrillos verseuchten Strom und wuschen uns, als wollten wir alle Pest, die wir uns bei diesem tödlichen Botengang vielleicht zugezogen hatten, von uns abwaschen. Woraufhin wir zu den Gemächern des Imbe-Jaqqa zurückkehrten, wo seine Diener unsere Körperbemalung erneuerten, die wir ebenfalls abgewaschen hatten; und ich übergab das Schwert, das heilig war, dem Medizinmann, der es aufbewahrte.
    In dieser Nacht fand der Regen ein Ende. Als am Morgen die Sonne aufging und sich dampfende gelbe Nebelbänke von der allmählich trocknenden Erde erhoben, begann eine große Begräbniszeremonie. Und von diesem Tage an fiel die Pestilenz von uns ab, und das Leben kehrte im Lager der Jaqqas wieder zu seinen üblichen Normen zurück.
7
    Als die Toten begraben waren, die Kranken sich erholt hatten und die Elephanto-Schwänze den erschlagenen Fürsten gewidmet und in ihre Schreine gelegt worden waren, marschierten wir am südlichen Ufer des Flusses Kwanza gen Westen. Dies führte uns direkt zu den Bergen von Kambambe, die die Portugiesen die Serras da Prata oder die Silberberge nennen. Nun befanden wir uns nicht weit östlich von Masanganu, so daß ich schließlich doch in eine Gegend zurückkehrte, wo sich die Portugiesen niedergelassen hatten. Und ich betete, daß ich keinem begegnen würde. Denn sie waren mir verhaßt geworden, diese Männer mit ihren Wämsen und Schnallen und Beinkleidern und Aufschlägen, mit ihren steinernen Häusern und lauten Tavernen, mit ihrem Knoblauch und Safran und Zucker. Sie hatten den Geruch der verderbten Zivilisation an sich, und ich wollte keinen Luftzug davon abbekommen. Das Leben im Urwald hatte mich von allem Schleim und Gestank des Christentums gereinigt.
    Ich war noch nie in Kambambe gewesen, obwohl ich mich Jahre zuvor nur ein paar Meilen davon entfernt befunden hatte. Hier wurde der Fluß zu einem großen Wasserfall, der sehr tief hinabstürzte und ein mächtiges Geräusch machte, das man noch dreißig Meilen weit hören konnte, ein Geräusch, das alle anderen Geräusche wie ein großer, gieriger Schlund verschluckte. Wir besuchten diesen Wasserfall, Kinguri und ich. Der Ort ist den Jaqqas heilig, wohl, weil die Strömung des stürzenden Wassers, das heftig diesen gewaltigen Abgrund hinabfällt, in ihrer Vorstellung ein Bild ihrer Mutter Erde erzeugt. Als wir wieder aufbrachen, verblieb das betäubende Tosen noch stundenlang in meinem Kopf, und ich kam mir vor, als hätte man mir eine dicke Schicht Wolle über Gesicht und Ohren gestülpt.
    Kinguri fragte mich, warum die Portugiesen so oft zu diesem Ort kämen, und fragte sich, ob er vielleicht auch ihnen heilig sei. »Nay«, sagte ich, »nicht heilig auf eine Art und Weise, wie du sie verstehen würdest, denn der Gott, den sie anbeten, trägt den Namen Mammon, und du kennst ihn nicht. In Kambambe suchen sie ein weißes Metall, das es dort geben soll.«
    »Dort gibt es keine weißen Metalle«, sagte Kinguri.
    »Es gibt eins, das wir Silber nennen und das den Portugiesen und den anderen Christen sehr wertvoll ist. Und es liegt hier in der Erde.«
    Er zuckte die Achseln und sagte erneut, es gäbe keine weißen Metalle, und ganz bestimmt keine in Kambambe. Doch dies führte uns zu einem Gespräch mit einigen anderen Jaqqas, und keiner wußte von den Silberminen. Doch der Fürst Kilombo, der auf vielen Feldzügen in der Provinz Matamba gekämpft hatte, erzählte uns, dort käme ein weißes Metall häufig vor und würde zu Armbändern geschmiedet.
    Dieses Gerede von der Provinz Matamba berührte mich tief im Herzen, denn es erinnerte mich an einen geschätzten Menschen, den ich lange aus dem Herzen und der Seele verdrängt hatte.
    »Als ich unter den Portugiesen lebte, kannte ich eine Frau aus Matamba«, sagte ich.
    »Sie hat niemals von solch einem Metall gesprochen. Doch sollte ich sie jemals wiedersehen, werde ich sie danach fragen.«
    »Wo ist diese Frau?« fragte Kinguri.
    »In São Paulo de Luanda, wenn sie noch lebt.«
    »Dann glaube ich, daß du sie bald

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