Herr der Finsternis
wiedersehen wirst, Andubatil.«
»Was?«
Er lächelte und lehnte sich zurück. »Ich habe heute mit dem Imbe-Jaqqa gesprochen, und er hat mir seine Pläne unterbreitet. Wir stehen kurz davor, unseren Krieg gegen die Portugiesen zu richten.«
Diese Neuigkeit ließ mein Herz heftig in der Brust hämmern, und ein Frösteln legte sich auf meine Haut.
»Was«, sagte ich. »ihr wollt São Paulo de Luanda angreifen, wo ihr gezögert habt, die Stadt Dongo zu überfallen?«
»Das ist nicht das gleiche. Dongo ist gut abgeschottet und nicht einfach zu erreichen; und König Ngola weiß, wie wir kämpfen und wie man sich dagegen verteidigt. Aye, wir werden uns mit Dongo befassen, aber zu einer anderen Zeit. Die Portugiesen werden nicht so schwierig sein. Imbe Calandola ist zur Meinung gelangt, daß wir sie jetzt vernichten müssen, bevor sie unserer Mutter noch größeren Schaden zufügen können und bevor sie so zahlreich geworden sind, daß wir sie nur noch schwer besiegen können. Sie sind der wahre Feind: Dieser Ansicht sind wir seit den letzten zehn Jahren. Und nun ist ihre Zeit gekommen.«
Diese Worte ließen mich lange nachdenken. Ja, ich verabscheute die Portugiesen für das, was sie waren und mir angetan hatten; es hatte durchaus Augenblicke gegeben, da ich ihre völlige Vernichtung so fieberhaft ersehnte wie Calandola selbst. Und doch, würde ich wirklich an diesem Krieg gegen São Paulo de Luanda teilnehmen? War ich so sehr zum Jaqqa geworden? Daß ich dieses Volk abschlachten und verzehren und die Fackel an ihre Stadt halten würde?
Der Christ in mir rief: »Nay, es ist ungeheuerlich, du darfst es nicht!« Doch der Engländer in mir rief hocherfreut: »Aye, nimm deine volle Rache an diesen öligen Bastarden, Andy-Boy!« Und dann war auch der Jaqqa in mir, der dunkel und heiß in meinen Adern floß und mir eindringlich und versuchend zuflüsterte: »Schlage zu, schlage hart zu, denn die Mutter muß von solchem Abschaum befreit werden!«
»Du wirkst tief bekümmert, Andubatil«, sagte Kinguri.
»Ein kleiner Krampf im Magen«, sagte ich achselzuckend. »Ich glaube, diese kleinen gelben Früchte, die wir gestern gepflückt haben, waren noch nicht reif.«
»Ah, dann wünsche ich dir ein gesundes Aufstoßen des Magens, Bruder.« Er lachte. »Es gibt ein Blatt, das ich dir geben könnte, und innerhalb einer Stunde hättest du das, was dich quält, ausgewürgt.«
»Gäbe es doch nur so etwas«, sagte ich.
»Komm, ich zeige es dir, mein guter Bruder!«
Doch ich lehnte seine Hilfe mit einer Handbewegung ab und sagte: »Es wird vorübergehen, Kinguri. Die Last wird sich von mir heben. Ich fühle schon, wie die Beschwerden geringer werden.«
Was nicht der Wahrheit entsprach. Doch ich war nun imstande, die Sache etwas aus meinen Gedanken zu verdrängen, denn es wurde ersichtlich, daß Calandolas Kriegsvorbereitungen nicht reifer waren als die eingebildeten Früchte, denen ich mein Leid zugeschrieben hatte. Der Imbe-Jaqqa, sagte Kinguri, habe nicht vor, die Portugiesen anzugreifen, bis er sich mit der Streitmacht des Kafuche Kambara befaßt habe. Dieser große Schwarzmohr-Häuptling, dessen Zorn ich selbst erlebt hatte, war ein großer Rivale Calandolas; er war genauso mächtig und klug im Kopf, wenngleich auch kein Menschenfresser. Der Imbe-Jaqqa beabsichtigte nun, Kafuche Kambara zu erschlagen, dessen starke Streitmacht dann in seine eigene zu zwingen und mit vereinten Kräften nach São Paulo de Luanda zu marschieren, um die Portugiesen zu vernichten.
So betraten wir die Provinz Kisama, an die ich mich aufgrund meiner dortigen Erlebnisse vor langer Zeit gut, aber nicht gern erinnerte, und in dieser schrecklichen Einöde zeigten wir uns einem der Fürsten des Landes, der Langere hieß. Dieser schwarze Fürst wollte keinen Krieg mit Calandola, sondern kam überaus schnell aus seiner Stadt und huldigte dem Imbe-Jaqqa, indem er sich tief verbeugte und ihm zu essen und zu trinken anbot. Kinguri stand auf der einen Seite Calandolas und ich auf der anderen, und ich hielt meine Muskete wie einen Amtsknüttel, und Langere erniedrigte sich und bat um die Liebe Calandolas, bis der Imbe-Jaqqa ein wenig angewidert sagte: »Erhebe dich, Langere, wir wollen dich nicht essen.«
Der Häuptling erhob sich zitternd und fragte, was der Imbe-Jaqqa von ihm verlange, und Calandola sagte, er wolle Langeres Krieger, um sie in einem Krieg gegen Kafuche Kambara einzusetzen. Daraufhin erbleichte Langere. Wenn man überhaupt davon sprechen
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