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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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kann, daß ein Schwarzmohr erbleicht, sah er von Entsetzen tatsächlich bleich oder eher gelblich aus. Zwischen dem einen Unheil und dem anderen gefangen, wählte Langere das entferntere: die Jaqqas standen schon vor seiner Stadt und würden ihn grausam bestrafen, wenn er sich nicht ihrem Willen unterwarf. Also gehorchte Langere und unterstellte sein Heer dem Imbe-Jaqqa, und wir alle marschierten zur Stadt des Kafuche Kambara.
    Bevor wir dort eintrafen, zog Calandola mich zur Seite, bedachte mich mit einem überaus freundlichen Lächeln und sagte: »Das wird die größte Schlacht werden, an der du teilgenommen hast, seit du zu uns gekommen bist.«
    »Aye, das weiß ich, denn ich habe die Truppen des Kafuche Kambara bei der Arbeit beobachtet, und sie zeigen keine Gnade.«
    »Wir müssen ihren Fürsten vernichten, doch nicht die Krieger, denn die werden wir auf unserem Feldzug gegen die Portugiesen brauchen. Nimm also deine Muskete, Andubatil, und ziele auf die hohen Herren der Stadt, und wenn für uns alles gut verläuft, werden sie sich ergeben, wenn ihre Häuptlinge alle gefallen sind.«
    »Ich werde so gut zielen, wie es mir möglich ist«, sagte ich.
    »Du bist mir ein großer Reichtum«, sagte Calandola. Er war von Kopf bis Fuß mit der Schmiere von Menschenfett eingerieben, und sein Körper schimmerte wie ein schrecklicher Götze, und selbst sitzend war er ein Riese, so daß ich die Wellen der Macht fühlte, die von ihm ausgingen und unentwegt auf meine Seele einschlugen wie eine schwere Brandung. Und er sagte: »In allem bis auf deine Haut bist du ein wahrer Jaqqa, und an der können wir nichts ändern. Doch vor dieser Schlacht müssen wir dich in unsere höchsten Mysterien einweihen, damit du mit der größten Loyalität kämpfen wirst.«
    »Meine Loyalität könnte nicht größer sein.«
    »Ah, das weiß ich. Denn bist du nicht ein Blutsbruder des weisen Kinguri? Aber dennoch, dennoch… es gibt da einen Ritus, ein tieferes Verständnis…«
    Ich wußte nicht, was er meinte.
    Er machte mir mit diesem Gerede etwas angst, denn er sprach sehr ruhig, und mittlerweile war ich mir bewußt, daß es größtenteils des Schauspiels willen geschah, um die Törichten einzuschüchtern und zu erniedrigen, wenn Imbe Calandola tobte, mit den Füßen trampelte und die Fäuste zusammenschlug; doch wenn er leise sprach, dann, weil er eine dunkle und teuflische, überaus einfallsreiche und gefährliche Absicht hatte. Und dieses Gerede, daß ich Kinguris Blutsbruder sei – nun, ich wußte, daß diese Blutsbrüderschaft ihm Verdruß bereitete, daß sie in den dunklen, fiebrigen Tiefen seiner teuflischen Seele schwärte und ihm eine Quelle der Eifersucht und des Kummers war. Er sprach niemals offen davon, und wenn, dann so ruhig wie jetzt.
    »Diese Riten hat noch kein Christ jemals gesehen«, sagte er zu mir. »Wir behüten sie selbst vor den Sklaven aus anderen Stämmen. Doch ich habe mit meinen Medizinmännern gesprochen, und sie stimmen mir zu, daß du bereit bist, unsere Geheimnisse zu teilen.«
    Imbe Calandola hielt seinen Kopf nahe vor meinem, und seine Augen starrten in die meinen, daß ich mich nicht von ihnen lösen konnte, und seine Stimme war leise, tief und drängend, als er sagte: »Nun, willst du einer von uns sein, Andubatil?«
    »Aye«, sagte ich, »das will ich, und zwar gern.«
    Und dies war die Wahrheit, und ich unterzog mich monströsen Riten, und ich glaube, Ihr werdet mich dafür verdammen. Nichtsdestotrotz werde ich alles berichten. Ich sage Euch nur, daß Ihr nicht dort wart, und ich doch; daß Ihr nicht die lange Reise gemacht habt, die ich gemacht habe; daß Ihr Ihr seid und dieses Buch in Sicherheit im sicheren England umblättert, und ich der war, der ich war, die Summe und Essenz all meiner gefährlichen und mühsamen Abenteuer. Und so war ich in diesem Augenblick bereit, an allem teilzunehmen, was der Imbe-Jaqqa mir anbieten wollte.
    Ich werde alles berichten.
    Sobald offen beschlossen war, daß ich den Ritus empfangen würde, verbreitete sich die Nachricht allgemein im Jaqqa-Lager, und von diesem Augenblick an wurde ich behandelt wie einer, der eine hohe Gunst erhalten hatte. Sklaven begannen sofort damit, abseits vom Hauptlager am Flußufer ein Zeremonienhaus zu errichten, das von einer eng geflochtenen Mauer aus Palmfasern vor neugierigen Blicken geschützt wurde. Ich beobachtete sie, als sie es bauten, bis ich bemerkte, daß sie mich voller Furcht betrachteten und nicht gut arbeiten konnten. In

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